MWDA 14: Gefährliche Ziele

Wer „BattleTech“ kennt, dem ist auch ComStar ein Begriff: Der mächtige Geheimbund, der seit dem Zusammenbruch des Sternenbundes die Kontrolle über die gesamte interstellare Kommunikation ausübt, gehört zu den ganz großen Spielern im politischen Universum der Inneren Sphäre des 4. Jahrtausends. Wann immer ComStar ins Spiel kommt, kann man als Leser davon ausgehen, dass die Spielwelt im Wandel begriffen ist – das Eingreifen der ComGuards in den Kampf gegen die Clans legt davon beredt Zeugnis ab. Jetzt gibt es endlich den ersten „MWDA“-Roman, der Einblicke in das Wirken ComStars nach dem vernichtenden Kollaps des interstellaren Kommunikationsnetzwerks gewährt.

von Jakob Schwarz

 

Die letzten Jahrzehnte waren für ComStar keine gute Zeit. Durch den Heiligen Krieg der radikalen Splittergruppe „Blakes Wort“ in den 3070ern hatte das Ansehen des hoch geachteten Ordens bereits großen Schaden genommen, mit dem ebenso plötzlichen wie vollständigen Zusammenbruch des interstellaren Kommunikationsnetzwerks lagen Ruf und Wirtschaftskraft des heute konzernartig geführten Unternehmens dann völlig in Trümmern. Wer 3135 als Adept oder Präzentor in den Diensten ComStars steht, braucht ein dickes Fell, denn die Bevölkerung sieht die „Kapuzenträger“ nicht gerne.

Dass muss auch Tucker Harwell, mit Bestnoten frisch graduierter Adept des ComStar-Ausbildungsprogramms, erfahren, als er von Präzentor Buhl, dem Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung zu dem Hinterwäldlerplaneten Wyatt geschickt wird. Dort soll er versuchen, einen Hyperpulsgenerator wieder in Betrieb zu nehmen, und ComStar so helfen, Welt für Welt sein zerschossenes System wieder aufzubauen. Dabei hat er nicht nur mit der Schikane durch Demi-Präzentor Faulk zu kämpfen, der durch den Wunderknaben von der Erde seine Position bedroht sieht, obendrein schaut ihm auch noch die Fahrende Republik-Ritterin Alexi Holt über die Schulter, die geschickt wurde, ComStars Bemühungen zu beschleunigen.

Doch die Hölle bricht erst richtig los, als es Tucker gelingt, den HPG zu starten und dies auch noch mithilfe einer Routine, die so noch nie ausprobiert wurde und zahllosen weiteren Welten zu Neustarts ins Hyperfunk-Kommunikationszeitalter verhelfen könnte. Auf einmal wird Wyatt zum Brennpunkt der Präfektur VIII und diverse Machtblöcke melden gewaltsam Interesse an dem Wissen Tuckers an. Unter dem Schutz von Ritterin Holt und der planetaren Miliz versucht Tucker fortan nur noch zu überleben...

Lange Zeit hat man sich als Leser der „MWDA“-Reihe gefragt, wann der Zusammenbruch des HPG-Netzes endlich ernsthaft zum Thema der Geschichte werden würde. Romane über planetare Konflikte und neu auftauchende militärische Bedrohungen, die in der Nachfolge des HPG-Kollapses die Republik der Sphäre heimsuchen – Bannsons Raiders, der Sturmhammer, Des Drachen Zorn, die Stahlwölfe, Clan Jadefalke usw. – waren zwar schön und gut, aber den galaktischen Handlungsbogen trieben sie nur bedingt weiter. Mit der Wahl des neuen Exarchen in „Der Stachel des Skorpions“ wurden zuletzt die Weichen gestellt, jetzt endlich blicken wir tief ins Herz von ComStar und erfahren von den Bemühungen der Republik und des Konzerns, dem HPG-Kollaps Herr zu werden.

Okay, auch dies wird mit dem Planeten Wyatt wieder an einer einzelnen und zudem unbedeutenden Welt exempliziert, trotzdem weckt Tuckers geniale Routine zur Wiederinbetriebnahme der Hyperpulsgeneratoren Hoffnung auf eine neue Entwicklung im „MWDA“-Universum. Darüber hinaus endet der Roman mit dem Versprechen, dass ComStar sich seiner Vergangenheit keineswegs geschlagen gibt. Ich will nicht in Details gehen, aber das letzte Kapitel lässt einem erwartungsvoll das Wasser im Mund zusammenlaufen und jeder Fan wird inständig zum alten Blake beten, dass dieser Handlungsbogen nicht wieder nur eine Eintagsfliege war, ein Plot, der zwar angedeutet, in späteren Romanen aber nicht aufgegriffen wird.

Neben der ComStar-Handlung weiß Blaine Lee Pardoe in „Gefährliche Ziele“ auch durch reichlich Action zu begeistern. Hat man in manchem Vorgängerroman das Cockpit eines BattleMechs nur in Simulationen oder einem Trainingsduell von innen gesehen, geht es hier bis zum endgültigen Materialverschleiß richtig zur Sache. Fast ist es ein bisschen zu viel des Guten, gerade wenn am Ende fünf Fraktionen gleichzeitig einander die Hölle heiß machen. Nichtsdestoweniger gehören PPK-Blitze und Raketeneinschläge für mich irgendwie zur Reihe dazu (eine Ansicht, die übrigens auch HEYNE zu teilen scheint, ersetzt der Verlag doch die oft weitaus unspektakuläreren US-Cover durchgehend durch neue, martialische Umschlagzeichnungen kämpfender Mechs) und da bekomme ich lieber ein bisschen zu viel Laserfeuer ab als gar keins.

Zum Schluss würde ich mir nur noch eines wünschen: Dass im Anhang wieder die Abbildungen der wichtigsten Kampfmaschinen aufgeführt werden, wie dies einst in den „BattleTech“-Romanen der Fall war. Einen Atlas oder Panther kennt man ja noch aus alten Tagen, aber wie ein Schwarzfalke, ein Geist oder eine Sonnenkobra aussieht – ganz zu schweigen von Mars-Sturmpanzern oder Fuchs-Scoutschwebern – dürfte vielen Fans schlicht unbekannt sein. Eine kleine Auswahl am Ende jedes Romans wäre hier großartig!

Fazit: Es gibt einige Romane der „MWDA“-Reihe, die man nicht unbedingt gelesen haben muss. „Gefährliche Ziele“ von Blaine Lee Pardoe gehört definitiv nicht dazu! Der 14. Roman der Reihe hat alles, was eine gute Geschichte ausmacht: einen sympathischen „Helden“, interessante Nebenfiguren, zünftiges Kampfgeschehen und mit den Entwicklungen innerhalb ComStars vor allem einen Handlungshintergrund, der deutlich in den übergeordneten Erzählbogen der „MWDA“-Reihe eingreift. Genau so darf die Reihe weitergehen!


Gefährliche Ziele (Mechwarrior Dark Age – Bd. 14)
Rollenspiel-Roman
Blaine Lee Pardoe
Heyne 2007
ISBN: 3453522354
364 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 7,95

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