MWDA 12: Zeit der Jäger

Seefuchsclaner sind Nomaden des Weltalls, Händlerkrieger, die an Bord ihrer Raumschiffe leben und Planeten nur besuchen, um dort Geschäfte zu machen oder zu kämpfen – was für einen Seefuchs häufig Hand in Hand geht. Gewinn ist das Maß, aus dem sich Ehre, Ruhm und Einfluss ableiten. Doch unter den einzelnen Fraktionen des Clans herrschen Rivalität und mitunter Missgunst und es gibt obKhane, deren Ehrgeiz Clan Seefuchs zerstören könnte.

von Jakob Schwarz

 

 

Ich schreibe das nicht gerne, aber Randall Bills hat als Autor zwei Schwächen: Er scheint Protagonisten zu lieben, die so von einer bestimmten Charakterschwäche beherrscht werden, dass man sie als Leser einfach nicht mögen kann, und die gleichzeitig so sehr neben den wirklich bedeutsamen Geschehnissen stehen, dass die Story seiner Romane fast schon konsequent an jenen vorbeiführt. In den ersten zwei Bänden der „Clangründer“-Trilogie, die bei FanPro erschienen sind, ist der Held Andrej Kerensky ein von Selbstzweifeln geplagtes Sensibelchen, unfähig, sich gegen seinen Bruder zu erheben, der indes besessen die Formung der neuen Gesellschaftsordnung der Clans betreibt. Im vorliegenden Roman folgen wir obKhan Petr Kalasa, der sich vor allem durch seinen Zorn und seine Hitzköpfigkeit definiert und sich dabei über weite Teile der Geschichte selbst im Weg steht, derweil sein Konkurrent obKhan Sha Clarke raffinierte Intrigen spinnt.

Zeitlich entwickelt sich die Handlung zwischen Mai und November 3134, also ziemlich parallel zu den zwei vorhergehenden, sehr guten Romanen um den Einfall der Jadefalken in die Republik der Sphäre und schlaglichtartig wird darauf auch ab und an Bezug genommen, ohne dass Bills allerdings wirklich spannende Verknüpfungspunkte näher ausgeführt hätte – wie gesagt, er liebt es scheinbar, seine Figuren neben den eigentlich bedeutsamen Ereignissen dahinleben zu lassen. Stattdessen richtet sich sein Augenmerk auf die Rivalität zwischen Aimag Delta und Beta des Spina-Khanats von Clan Seefuchs, deren obKhane Kalasa und Clarke einander hassen wie die Pest und alles tun würden, um den jeweils anderen bei einem Geschäft auszustechen.

Aktuelles Ziel ihres Wettstreits ist dabei ein vergleichsweise unbedeutender Rindermarkt auf dem Planeten Adhafera in Präfektur VII der Republik der Sphäre. (Wer übrigens diesen Planeten auf der das Buch begleitenden Karte suchen will, wird enttäuscht sein, festzustellen, dass die für die Story völlig unwichtigen Präfekturen VIII und IX darauf abgebildet sind – hier hat offenbar das Lektorat bei Heyne geschlafen.) Doch tatsächlich bietet jener nur den Schauplatz für eine ebenso ehrgeizige wie perfide Verschwörung Clarkes, die uns leider fast vollends vorenthalten wird, ebenso wie Petr, der sich, einen Rückschlag nach dem anderen erleidend, einfach nicht imstande sieht, Aimag Beta unter seinem Konkurrenten das Wasser zu reichen.

So mäandert die Geschichte etwas ziellos durch die 289 Textseiten (der Rest ist Glossar), deutet viele unerhörte Entwicklungen an, ohne sie allerdings vollends zu erklären, geschweige denn zu einem befriedigenden Schluss zu bringen. Man hat das Gefühl, als interessiere sich Bills nicht wirklich für galaktische Politik – oder aber als bleibe er absichtlich vage, weil er sich die große Bühne einfach nicht zutraut –, stattdessen geht es im Grunde die ganze Zeit nur um Clan Seefuchs und seine Lebensweise und, spezieller noch, um die verkorksten Beziehungen von Protagonist Petr Kalasa zu seinem Adjutanten Jesup, seinem Feind Clarke, dem saKhan des Spina-Khanats und einer geheimnisvollen Sphärerin namens Snow (allesamt bezeichnenderweise irgendwie unsympathisch).

Einzig positiv an dem Roman, der über alle genannten Schwächen hinaus nicht einmal durch mitreißende BattleMech-Gefechte zu punkten weiß (das Covermotiv bildet praktisch die einzige Szene ab, die überhaupt von einer dramatischen Begegnung der Stahlkolosse erzählt), ist die Hinwendung zu einem Clan, der bislang in anderen Romanen bestenfalls eine Nebenrolle gespielt hat. Über die Seefüchse, die einst Clan Diamanthai waren, wusste man bis jetzt nur wenig – und auch wenn Bills nicht bis in die Tiefe in die Geschichte und Bräuche des Clans eindringt, so vermittelt sein Roman doch einen guten Einblick in die nomadische Lebensweise und das von ihrem Clantier geprägte Selbstverständnis der durch das All „schwimmenden“ Händlerkrieger. Leser, die sich für die Seefüchse interessieren, nehmen also zumindest das aus dem Roman mit.

Fazit: Randall Bills hat die seltene Gabe, potenziell wirklich spannende Romanstoffe durch eine starke Fokussierung auf einen – meist in irgendeiner Weise „unfähigen“ – Protagonisten relativ wirkungslos verpuffen zu lassen. „Zeit der Jäger“ reißt gleich mehrere dramatische Geschehnisse an, die aber bei all der Selbstreflexion des Helden stark an den Rand gedrängt werden. Fans der Seefüchse dürfen sich zumindest über einige Einblicke in diesen fremdartigen Clan freuen. Alle anderen verpassen nichts, wenn sie sich das Buch sparen. Die allgemeine Geschichte der Inneren Sphäre wird nicht weiterentwickelt und die spezielle Geschichte dieses Romans lohnt sich auch kaum als Einzelwerk.


Zeit der Jäger (Mechwarrion Dark Age – Bd. 12)
Rollenspiel-Roman
Randall Bills
Heyne 2006
ISBN: 3-453-52196-X
316 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 7,95

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