MWDA 08: Festung der Lügen

Die Republik der Sphäre ist im Niedergang begriffen. Nicht nur entwickeln verschiedene Gruppierungen innerhalb dieser Kernwelten der Inneren Sphäre Machtgelüste und versuchen, ihren Teil aus dem Kuchen des sterbenden Staatengebildes herauszuschneiden, im Herbst 3134 streckt zudem Haus Liao seine gierige Klaue nach den einst abgetretenen Welten aus. Duke Aaron Sandoval vom Schwertschwur plant, diese Krise für seine Pläne auszunutzen.

von Jakob Schwarz

 

Duke Aaron Sandoval, den Lordgouverneur von Präfektur IV der Republik der Sphäre, treiben vor allem zwei Dinge an: Auf der einen Seite will er der Bedrohung durch die Konföderation Capella Einhalt gebieten, auf der anderen Seite den Einfluss Haus Davions und der Vereinigten Sonnen mehren, denen er sich mit seiner Privatarmee, dem Schwertschwur, verpflichtet fühlt. Zu diesem Zweck sucht er eine Allianz mit zahlreichen Planeten der umkämpften Präfektur V. Offensichtlich soll es ein Schutzbündnis sein, denn die Republik kann nicht zu Hilfe eilen und die planetaren Streitkräfte für sich genommen sind natürlich nicht imstande, Liao aufzuhalten. Tatsächlich will Sandoval jedoch so viele Welten wie möglich an sich persönlich binden, um sich dann mit ihnen irgendwann von der Republik loszusagen und zu Haus Davion überzulaufen. Doch auch andere haben schon geheime Bündnisse geschlossen und so vermag der Lordgouverneur auf New Canton nur knapp einem Mordanschlag zu entgehen. Sein Traum einer Koalition scheint gescheitert, doch Sandoval ist bereit, für seine Pläne jedes nur denkbare Mittel anzuwenden, so fragwürdig es auch ist.

Der Duke wird als der große Planer präsentiert, ein Stratege und Politiker gleichermaßen, und ebenso intrigant wie arrogant obendrein. Der Schwertschwur wurde bislang als fragwürdige Fraktion innerhalb der Republik gehandelt – wenn auch nicht so offen feindselig wie die Clangruppierung der Stahlwölfe – und dieses Bild ändert sich auch im vorliegenden Band dank der Aktionen Sandovals nicht wirklich. Auch seine Nähe zu Haus Davion, in Classic BattleTech meist als das rechtschaffenste aller Häuser dargestellt, hilft da nicht weiter.

Eine seiner Marionetten im Kampf um die Macht ist Erik Sandoval-Gröll, eigentlich sein Cousin, der aber unter seiner Obhut aufgewachsen ist und ihn als Onkel ansieht. Sandoval-Gröll, der hier als Protagonist und vielleicht Identifikationsfigur dient, hatte bereits frühere Auftritte in anderen Romanen (etwa „Mechwarrior Dark Age 2: Der Kampf beginnt“), die allerdings nicht unbedingt rühmlich waren. Hier versucht er, in einem klassischen Vater-Sohn-Beziehungsgeflecht gefangen, zunächst ständig, seinem Onkel zu gefallen, der ihn im Gegenzug herablassend behandelt und keine besonders hohe Meinung von seinem Neffen zu haben scheint. Im Laufe der Handlung gewinnt er allerdings, bestärkt durch seine Soldaten, an Selbstvertrauen und beginnt, als er die wahren Motive seines Onkel durchschaut, seinen eigenen Weg zu gehen, seine eigene Agenda zu entwickeln.

Die Stärke von Yorks Geschichte sind eindeutig ihre Figuren. Deren Charaktere sind zwar nicht ganz neu – man fühlt sich mitunter durchaus an Stackpole’sche Haudegen und Soldatensöhne der klassischen BattleTech-Zeit erinnert –, aber das macht nichts, denn in ihrer guten Mischung aus vielschichtigen Motivationen und stereotypem Gehabe ziehen sie den Leser durch die Handlung, ohne dass man sich an ihnen stört oder sie im Gegenzug zu langweilig findet. Interessant vor allem gestaltet sich die Figur der Erik Sandoval-Gröll, der uns auf der einen Seite als ‚Held‘ der Geschichte nahe gebracht wird, auf der anderen durchaus Charakterschwächen aufweist und von fragwürdigen Ambitionen getrieben wird. Man schwankt, ob man ihn, denn wen sonst in diesem Buch, mögen soll oder nicht.

Dementgegen mangelt es ein wenig an mitreißenden Mechgefechten. Es gibt sie zwar, aber sie werden aus einer seltsamen Distanz heraus beschrieben, sind eher Plotwerkzeuge oder obligatorisches Endpektakel, eher Mittel als Zweck in der Geschichte. Das stört nicht wirklich, denn die politischen Intrigen sind das eigentliche Spannungselement von „Festung der Lügen“; außerdem spürt man die Bewegung, die in den galaktischen Handlungsbogen um die Republik der Sphäre kommt, und das macht den Roman natürlich noch interessanter. Dennoch frage ich mich manchmal, wann ich bloß das letzte Mal einen wirklich dramatischen Schlagabtausch zwischen den Kampfkolossen, denen das Universum im Kern seine Langlebigkeit verdankt, erlebt habe. Dann beschleicht einen manchmal die Sehnsucht nach dem „Thunder Rift“, an dem die angeschlagenen Söldner von Grayson „Death“ Carlyle damals vor vielen Jahren, als „BattleTech“ noch jung war, um buchstäblich jede Tonne Panzerung bangen mussten.

Fazit: „Festung der Lügen“ von J. Steven York setzt auf spannende Art und Weise die in „Gezeiten des Krieges“ durch den Angriff der Konföderation Capella auf die Republik der Sphäre losgetretenen Ereignisse fort. Politisches Doppelspiel und interessante Charaktere ziehen den Leser in die Handlung hinein, die zahlreichen Rückverweise auf vorherige Romane stärken die Geschlossenheit des Serienuniversums. Einzig die Mechkämpfe hätten etwas mitreißender geschildert werden können; man nimmt eher aus der Sicht des Strategen, denn aus der des MechKriegers teil.


Festung der Lügen (MechWarrior Dark Age - Bd. 8)
Rollenspiel-Roman
J. Steven York
Heyne 2005
ISBN: 3-453-52107-2
349 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 7,95

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