MWDA 07: Gezeiten des Krieges

Auf dem Planeten Liao, der Teil der Republik der Sphäre ist, regt sich Widerstand. Die Konföderation Capella möchte den Planeten gerne wieder zurück haben und nutzt den Zusammenbruch des interstellaren Kommunikationsnetzwerkes, um einen neuen Versuch zu starten. Allen voran steht der „Freiheitskämpfer“ Evan Kurst an der Front, um dieses Ziel zu erreichen. Aber auch andere haben im Kampf um Liao ein Wörtchen mitzureden…

von Andreas Loos

 

Die Welt von „BattleTech“ ist im Umbruch. Nach gut 60 Jahren relativen Friedens und allseitiger Abrüstung bricht das interstellare Kommunikationsnetzwerk, eine der wichtigsten Lebensadern der noch relativ jungen Republik der Sphäre, aus unerklärlichen Gründen zusammen.  

Die Konföderation Capella sieht endlich die Chance gekommen, Welten zurück zu gewinnen, die bei Gründung der Republik abgetreten werden mussten. Die Konföderation Capella hat es besonders auf die Heimatwelt der Herrscherfamilie, den Planeten Liao, abgesehen. Der letzte Versuch 20 Jahre zuvor, den Planeten im Handstreich einzunehmen, endete in einem Fiasko und vor allem einem regelrechten Massaker unter der Zivilbevölkerung.  

Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb gibt es auf Liao eine Widerstandsbewegung um den Mechkriegeranwärter Evan Kurst, die unablässig und mit ständig eskalierenden Mitteln die Rückkehr zur Konföderation Capella erzwingen möchte. Dahosen Liao, der Kanzler der Konföderation, entsendet Mai Uhn Wah, den alten Lehrmeister und Mentor von Evan Kurst, um den nächsten Versuch vorzubereiten, was nicht ohne Reibereien vonstatten geht, denn Mai Uhn Wah hatte Kurst und dessen Netzwerk von „Freiheitskämpfern“ Jahre zuvor im Stich gelassen.  

Eine weitere Person kehrt unter dem Namen Ritter Michaelson ebenfalls nach Liao zurück: Daniel Peterson alias Paladin Ezekiel Crow, der andernorts die Republik verraten hat und nun damit leben muss, dass alles, was er in den letzten Jahren vollbracht hat, umsonst war. Obwohl dieser sich aus allen Geschehnissen heraushalten möchte, wird er ebenfalls in den Kampf um Liao hineingezogen. Denn Peterson ist nicht Herr über sein eigenes Schiksal, sondern hängt wie eine Marionette an den Fäden des Konzernmoguls Bannson, der mit dem Kanzler der Konföderation Capella Dahosen Liao gemeinsame Sache macht.  

Die Vertreter der Republik der Sphäre werden dagegen nur spärlich beleuchtet, denn das Augenmerk liegt weitgehend auf den Freiheitskämpfern, die nichts sehnlicher wünschen, als sich von der Unterdrückung ihrer einheimischen Kultur durch die Republik der Sphäre zu befreien (obwohl es den Leuten ansonsten nicht schlecht zu gehen scheint) und dann freiwillig einem bekannt totalitären Regime mit einer weithin gefürchteten Geheimpolizei anzuschließen.  

Über die Motivation von Kurst und Konsorten kann man diesbezüglich streiten, verstehen muss man sie nicht. Schließlich verschließen sich die Motivationen irdischer Extremistengruppen, etwa der RAF-Terroristen, größtenteils ebenfalls dem Verständnis des Normalbürgers.  

Loren Coleman präsentiert dem geneigten Leser einen durchaus gelungenen Mix aus Mechkämpfen und Ränkeschmieden, und auch solche Leser, die sich gerne von unerwarteten Wendungen überraschen lassen, kommen hier auf Ihre Kosten. Dabei beginnt die Handlung bereits mit einiger Spannung und  legt im Verlauf noch ordentlich an Rasanz und Brisanz zu.  

Die wenigen BattleMechs und umgebauten ArbeitsMechs, die während der Kämpfe zum Einsatz kommen, sind wieder die uneingeschränkten Könige des Schlachtfelds, deren bloßes Erscheinen bereits ein Gefecht entscheiden kann, während ansonsten mehr oder weniger konventionelle Kriegsmaschinerie das Geschehen dominiert (Panzer sind halt billiger als Mechs). Das ist eine einschneidende Änderung zu den Romanen aus der Zeit der Clankriege, in denen Mechs als Massenprodukt gleich zu Hunderten auf dem Schlachtfeld verheizt wurden.  

Die Personen und deren Persönlichkeiten sind im Großen und Ganzen gelungen, obwohl sich einige, besonders auf Seiten der Republik, dann doch nicht über das Niveau bloßer Stereotypen erheben.

Die Handlung um Evan Kurst und seinen „Freiheitskampf“ dient Coleman auch als Grundlage für eine Analogie über Verrat, Ehre und Loyalität. Coleman stellt Peterson und Kurst gegenüber. Peterson versucht seinen Verrat durch gute Taten auszulöschen, nur um festzustellen, dass all seine Anstrengungen umsonst waren. Dies bringt Peterson auch selbst auf den Punkt: „…Der Weg in die Hölle ist gepflastert mit guten Absichten…“

Evan Kurst hingegen schwankt zwischen der Loyalität zu seinen Freunden, seinem Netzwerk von Freiheitskämpfern, dem geheimnisvollen Kult um Sun Tzu Liao, den Vater von Dahosen Liao, der von dem Kult als gottgleich verehrt wird, und schließlich seinem Mentor Mai Uhn Wa hin und her. Er vollführt dabei einen moralischen Drahtseilakt, der ihn gleich mehrfach in Konflikt bringt. Besonders das Verhältnis zu Mai Uhn Wa ist dank dessen Verrat gestört. Trotzdem folgt Kurst seinem Lehrmeister, hilft zunächst unbewusst und später willentlich, dessen Agenda zu erfüllen.  

Wenn Peterson und Kurst moralische Bedenken plagen, so hegen die jeweiligen „Mentoren“ Mai Uhn Wa und der Tycoon Bannson keine Skrupel, Verrat als „legitimes Mittel zum Zweck“ einzusetzen. Mai Uhn Wa erhebt den Verrat sogar zu einem Mantra („Ich bin ein Verräter. Ich diene der Capellanischen Konföderation.“), das er immer wieder zum Besten gibt. Auch das Verhältnis zwischen den Bundesgenossen Dahosen Liao und Bannson birgt einigen Zündstoff.  

Wenn die Geschichte recht gut gelungen ist, muss es auch einige Wermutstropfen geben. Missglückt fand ich etwa das obligatorische Glossar von typischen BattleTech-Begriffen, das anscheinend aus einem anderen Buch unbesehen übernommen wurde. Manche der BattelMechs, die im Roman erscheinen, werden im Glossar nicht erwähnt.   Die Karte, die sich vorne im Buch befindet, ist, soweit ich weiß, dieselbe, die auch in den anderen „MWDA“-Büchern abgedruckt ist. Sie zeigt im Nahbereich die Präfekturen X, III und IV der Republik der Sphäre – dumm nur, dass sich der Roman fast ausschließlich in der Präfektur V abspielt, die man nur ansatzweise und ohne die Welten, auf denen die Handlung stattfindet, zu sehen bekommt. Die Karte hätte man so gesehen dann besser gleich ganz weggelassen.  

Fazit: Alles in allem hat Coleman einen temporeichen und aus meiner Sicht gelungenen Mix aus Intrigen und Mechkämpfen rund um die „Befreiung“ des Planeten Liao und dessen Rückkehr zur Konföderation Capella produziert. Das Glossar und vor allem die falsche Karte halte ich allerdings für eine große Nachlässigkeit; da sollte Heyne bei der nächsten Auflage nachbessern.


Gezeiten des Krieges (Mechwarrior Dark Age – Bd. 7)
Rollenspiel-Roman
Loren Coleman
Heyne 2005
413 S., Taschenbuch, deutsch
ISBN: 3453520912
Preis: EUR 7,95

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