MWDA 06: Den Toten dienen

Zweimal schon rasselten die Northwind Highlanders unter der Führung ihrer Countess Tara Campbell mit der ehrgeizigen Anastasia Kerensky und deren Stahlwölfen aneinander. Zweimal konnten die Clanner von Northwind wieder vertrieben werden, wenn auch nur unter erheblichen Verlusten. Nun haben die ClanKrieger Terra im Visier und Tara Campbell muss erneut ihre Truppen in Marsch setzen – diesmal, um die Wiege der Menschheit zu verteidigen.

von Jakob Schwarz

 

Der dritte Roman von Martin Delrios „Northwind Highlanders“-Trilogie – nach „Der Himmel schweigt“ und „Schatten der Wahrheit“ – spielt zwischen Februar und Mai 3134 und schließt damit praktisch nahtlos an den zweiten Band an. Die Stahlwölfe haben sich von Northwind zurückgezogen, aber dabei die Hauptstadt Tara in Schutt und Asche gelegt. Ihr neues Ziel ist bekannt: die Erde. Und so lässt die Countess of Northwind und Kommandeurin der Highlanders ihren Männern kaum die Zeit, ihren Lieben „Auf bald“ zuzurufen, bevor die Armee erneut hinaus ins All ausrückt, um mit der wahnsinnigen Kerensky-Erbin abzurechnen. Und noch eine Rechnung hat die Countess offen: Ezekiel Crow, der „Paladin der Sphäre“, hat sie und ihre Leute verraten und ist dann ebenfalls Richtung Terra geflohen. Ein Grund mehr, ins Herz der Republik der Sphäre zu fliegen. Dabei erhält Tara Hilfe von unerwarteter Seite: Paladin Jonah Levin, einem treuen Anhänger der Republik, und Einauge Jack Farrell, dem Söldner, der seine Kontrakte „buchstabengetreu“ ausführt und der dieses Mal unerwarteterweise auf ihrer Seite kämpft. Auf den schlammigen Ebenen von Belgorod auf Terra kommt es zum Showdown.

Die ersten beiden Romane der Trilogie hatten darunter gelitten, einen starken Spannungsaufbau zu haben, nur um dann regelrecht abrupt zu enden, so als habe jemand dem Autoren kurz vor knapp mitgeteilt, er dürfe nur noch 20 statt 50 Seiten schreiben, um seine Geschichte fertig zu erzählen. Dieses Manko hat „Den Toten dienen“ nicht. Das Setting ist zwar denkbar kurz – alles startet Richtung Terra, bewegt sich unter minimalen Plot-Schlenkern dorthin und dann kommt es bereits zum Endkampf –, doch der Erzählverlauf ist diesmal praktisch perfekt. Zwar kann Delrio einzelnen seiner vielen Charaktere leider nur sehr wenig Zeit widmen, beispielsweise dem im wahrsten Sinne des Wortes bodenständigen Infanterie-Trio Will, Jock und Lexa, doch gleichzeitig hat man das Gefühl, dass jede Szene, die man liest, bedeutsam ist und entweder die Story oder die Figuren voranbringt. Keine der 238 Romanseiten wirkt verschwendet! Eine schlanke, schnelle, knackige Geschichte, deren Gradlinigkeit nur abweicht, um Fäden zu spinnen, die politisch hochgradig interessant für das BattleTech-Universum werden könnten – etwa das Intrigieren Jacob Bannsons.

Wenn man dem Roman etwas vorwerfen will, dann, dass er für seinen geringen Umfang einfach zu gut ist. Es werden dermaßen viele coole Charaktere und Beziehungen aufgebaut, dass es einen regelrecht ärgert, wenn die Geschichte nach knapp 240 Seiten schon wieder vorbei ist, denn allzu gerne hätte man mehr über diese gewusst und mehr mit diesen erlebt. Wie ergeht es beispielsweise dem Arzt Ian Murchinson, der von Anastasia Kerensky als Leibeigener genommen wurde? Was treiben Jack Farrell und seine Söldner zukünftig und wie mag sich die Beziehung des Schurken zu der Adjutantin von Tara Campbell, Kapitänin Bishop, entwickeln? Wie geht es mit Johan Levin und Burton Horn weiter? Und wohin wird es den Mann verschlagen, der einst Ezekiel Crow war? Sei es Zufall oder sei es, weil er sich vom Meister hat inspirieren lassen, jedenfalls erinnert Delrios Händchen für Figuren an die besten BattleTech-Zeiten von Michael Stackpole, von dem man auch nicht genug lesen konnte, als die Helden noch Victor Steiner-Davion, Phelan Kell, Kai-Allard Liao und dergleichen hießen. Als „junger“ BattleTech-Autor kann man sich jedenfalls schlechtere Vorbilder suchen.

Kritik sei allerdings am Lektorat des Heyne-Verlags geübt. So fallen einige dumme Flüchtigkeitsfehler auf, die zwar an sich nicht den Roman schmälern, aber an Professionalität missen lassen: So liegt der Planet Saffel mitunter in der Präfektur III (statt II) und Tybalt in Präfektur II (statt IV). Aus Jonah Levin wird schon mal Jacob Levin, aus Jacob Bannson Jack Bannson und aus Damien Redburn Daniel Redburn. Das muss eigentlich nicht sein!

Fazit: „Den Toten dienen“ ist ein hervorragend gelungener Abschluss der „Northwind Highlanders“-Trilogie von Martin Delrio, der diesmal inhaltlich und auch von der Spannungsdramaturgie her völlig rund ist. Als Leser mag man dennoch unbefriedigt sein, denn mittlerweile wurden so viele coole Charaktere aufgebaut, dass man sie nur äußerst ungern bereits nach 240 Seiten ziehen lässt. Man kann nur hoffen, dass Delrio ins Mechwarrior-Universum zurückkehren darf, um weitere Abenteuer um seine Protagonisten zu spinnen. (Okay, er darf... in Band 13 wieder. :-) )


Den Toten dienen (Mechwarrior Dark Age - Bd. 6)
Rollenspiel-Roman
Martin Delrio
Heyne 2005
ISBN: 3-453-52015-7
268 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 7,95

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