Monster Vault (v.4.0 Essentials)

Monster, Scheusale, Ungeheuer – was wäre der Spielleiter einer Fantasy-Rollenspielrunde ohne sie? Vor allem der Dauerbrenner „Dungeons & Dragons“ sieht sich dem fröhlichen Monstergekloppe verpflichtet. Seit der vierten Edition gibt es kein Abenteuer, das nicht im Wesentlichen aus Begegnungen mit immer stärker werdenden Monstern besteht. Kein Wunder also, dass es auch für die Einsteigervariante „Dungeons & Dragons Essentials“ eine dicke Pappbox voller Abscheulichkeiten gibt. Der passende Titel: „Monster Vault“.

von Frank Stein

Spielboxen waren eine Weile lang gar nicht „in“ bei „Dungeons & Dragons“. Stattdessen gab es Hardcoverbücher, die alles, was man zum Spielen brauchte, zwischen ihren Deckeln bewahrten. Für die „Dungeons & Dragons Essentials“-Reihe, die sich vor allem an Neueinsteiger richtet, wird die in den „Monster Manuals“ doch eher dröge Spielwerteorgie durch einiges Bonusmaterial wie Spielmarken, Spielpläne und ein Abenteuer aufgepeppt.

So besteht die gewichtige „Monster Vault“-Box nicht nur aus einem 320 Seiten umfassenden Buch der Monster, sondern auch begleitend hierzu aus dem 32-Seiten-Abenteuer „Cairn of the Winter King“, einem doppelseitig bedruckten, großformatigen Spielplan und zehn doppelseitig bedruckten Pappbögen mit Monster Tokens. Der Spielplan – um das rasch vorweg zu nehmen – zeigt auf der einen Seite einige Hütten um einen Dorfplatz in einer Winterlandschaft und auf der anderen eine Art Mehrzweck-Dungeon, das architektonisch relativ willkürlich einige Gänge und Räume (wie eine Bibliothek, ein Lager, eine Küche, einen Wohntrakt und den Thronsaal eines Riesen) anbietet. Beide Seiten werden, kaum überraschend, für das beigelegte Abenteuer benötigt.

Die Monster Tokens sind auf Hochglanzpappe gedruckte Marker, die eine großartige Vielfalt an Ungeheuern in Medium-Size (1 Feld), Large-Size (2x2 Felder) und Huge-Size (3x3 Felder) anbieten. Ich habe jetzt nicht alle Einträge des Monsterbuchs abgeglichen, aber es scheint, als gäbe es für jedes dort vorgestellte Wesen mindestens einen Marker, in manchen Fällen (etwa Skeletten, Kobolden, Zombies etc.) sogar bis zu acht. Auf der Rückseite ist das jeweilige Monster noch einmal mit einem blutroten Rand abgedruckt. Monster, die „bloodied“ sind, können so dargestellt werden. Die Illustrationen sind sehr hübsch und die Marker insgesamt eine schöne (und vor allem billige Variante) zu den Plastik-Miniaturen, die früher zum Spielen von „D&D“ beinahe Pflicht waren. (Anmerkung: Kurioserweise fehlte in meiner Box ein Troll-Marker. Das runde Feld war einfach leer, als wäre der Marker beim Verpacken herausgefallen. In der Box selbst fand er sich nicht.)

Das Monsterbuch ist eine Abwandlung der bekannten „Monster Manuals“. Enthalten sind die gängigsten Wesen, die man bei Abenteuern so trifft: Engel, Basilisken, Beholder, Drachen, Zwerge, Elfen, Ghoule, Skelette, Kobolde, Orks, Oger, Zombies und einiges mehr. Insgesamt sind 63 Monsterarten versammelt, die meisten weisen zwei bis drei Untergattungen auf. Zum Einstieg bietet das Buch den typischen Überblick, der die Monstereinträge erklärt und auch die Spielwertblöcke näher beschreibt. Dann folgt das „Monster A-Z“. Die reinen Spielwerte sind zum Teil identisch zu denen der „Monster Manuals“, zum Teil wurden sie aber auch überarbeitet. Die regelaktuellste Inkarnation eines Monsters findet sich nun jedenfalls hier. Die Kurzeinträge „Monster Tactics“ und „Monster Lore“ fehlen hier, dafür ist der beschreibende Text der Wesen deutlich länger. Man spürt, dass „Dungeons & Dragons Essentials“ etwas vom reinen Monstergekloppe weg und den rollenspielerischen Aspekt wieder betonen will. Am Ende des Buches befindet sich ein umfangreicher Glossar und eine Tabelle, welche die Monster nach Leveln auflistet.

Das Abenteuer „Cairn of the Winter King“, eine Queste für Level-4-Helden, ist ein ziemlich klassischer Dungeon Crawl. Die Charaktere kommen in die Kleinstadt Fallcrest, die seit einiger Zeit unter einem grausamen Kälteeinbruch zu leiden hat, obwohl eigentlich gar nicht Winter ist. Während einer Versammlung im Hüttenlager einer durchreisenden Halblinghändlergruppe taucht ein fliegendes Schiff auf, das einen „Gruß“ vom Winterkönig bringt: Skelette und Zombies, die Chaos unter den Städtern anrichten. Es stellt sich heraus, dass jemand dem Winterkönig sein Szepter gestohlen hat – daher rührt der unnatürliche Kälteeinbruch. Es ist möglich, dass die Helden das Szepter gleich in Fallcrest finden, doch selbst wenn nicht, bittet sie der Bürgermeister, die Sache mit dem Winterkönig zu klären. Also machen sich die Recken an Bord des Schiffs auf zum Hort des Winterkönigs.

Das Abenteuer beginnt mit netten Rollenspielmomenten. Auf den ersten 17 Seiten finden sich nur zwei Encounter, die natürlich einen Kampf erfordern. Stattdessen ist Interaktion mit den Städtern gefragt, und es gilt, die Flugreise zum Hort des Winterkönigs zu überstehen. Das Dungeon ist mit einer Karte komplett aufgeführt, und zu jedem Raum gibt es auch Beschreibungen. Leider lässt es sich nicht komplett mit dem beilegten Spielplan darstellen. Etwa die Hälfte muss mit zusätzlichen Dungeon Tiles oder einer BattleMap erstellt werden. An verschiedenen Orten des Dungeons warten dann bis zu acht weitere Encounter auf die Helden. Allerdings müssen nicht alle bewältigt werden, um das Abenteuer, das selbst sogar auf mehreren Wegen zu schaffen ist, zu beenden.

Fazit: Die Box „Monster Vault“ ist eine großartige Erweiterung. Für „Dungeons & Dragons Essentials“-Runden ist sie im Grunde unverzichtbar, denn sie ersetzt die „Monster Manuals“ der normalen „D&D“-Regeln. Doch auch „D&D“-Veteranen sollten einen Blick riskieren. Allein die ganzen Monster Tokens machen die Box zur attraktiven Spielhilfe. Und wer die regelaktuellste Version vieler klassischer Monster haben möchte, wird auch hier fündig – wenngleich die Monsterrassen selbst natürlich Dopplungen zu den „Monster Manuals“ darstellen. Wirklich Neues wird hier, so weit ich das überblicken konnte, nicht geboten. Das Abenteuer ist nett, aber natürlich nur was für Einsteiger. Unterm Strich sage ich: Hätte ich die Qual der Wahl, würde ich eher zu „Monster Vault“, als zu einem „Monster Manual“ greifen.


Monster Vault
Quellenbox
Rodney Thompson, Logan Bonner, Matthew Sernett
Wizards of the Coast 2010
ISBN: 978-0-7869-5631-9
Sprache: Englisch
Preis: $ 29,99

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