Mage Knight Board Game

Einmal im Leben ein mächtiger Mage Knight sein, ein Ritter mit der Macht sogar die Götter herausfordern zu können. Wer träumt nicht davon? Nur dumm, dass diese Macht auch noch mit einer kleinen Aufgabe verbunden ist, wie etwa der, das „Atlantean Empire“ zu erobern. Keine leichte Aufgabe, denn neben den umherziehenden Orc Khans und den Draconium machen auch noch andere Mage Knights dem auserwählten Eroberer das Leben schwer.

von Dominik Cenia

Rückblick

„Mage Knight“ war von 2000 bis 2005 eines der erfolgreichsten Miniaturenspiele aus dem Hause WizKids und eines der ersten Spiele das sich der damals innovativen Mechanik der Clix-Scheibe bedient hatte. Ableger und Erweiterungen wie „Mage Knight Dungeons“, „Conquest“ oder „Heroic Quest“ erfreuten sich ebenfalls großer Beliebtheit. Und 2006, als die Zeiten des Miniaturenspiels bereits seit gut einem Jahr vorbei waren, erschient mit „Mage Knight Apocalypse“ sogar nochmal ein Computerspiel.

Mit dem „Mage Knight Board Game“ lässt WizKids/NECA nach über fünf Jahren die gleichnamige Marke, zumindest als Brettspiel, wieder aufleben. Wer nun aber auf eine Rückkehr zu alten Pfaden hofft, wird enttäuscht sein. Das Brettspiel hat, bis auf den Hintergrund und den Einsatz der Clix-Schreiben in einem einzigen speziellen Fall, nur wenig mit dem ursprünglichen Konzept zu tun.

Beim „Mage Knight Board Game“ übernehmen ein bis vier Spieler die Rolle eines sogenannten Mage Knights, der im Auftrag des Council of the Void die Länder des Atlantean Empire erkunden und erobern soll. Um dies zu bewerkstelligen, wandert der auserwählte Recke über den Spielplan, deckt neue Gebiete auf, besucht Siedlungen, erforscht Höhlen und Ruinen, bekämpft Monster und erbeutet natürlich magische Schätze und Zaubersprüche. All dies muss unser wackerer Held aber auch machen, denn nur so steigt er weitere Stufen auf, um neue Fähigkeiten zu erlernen oder um noch mehr Gefolgsleute anzuheuern und das Spielziel zu erreichen.

Dieses kann übrigens von Partie zu Partie unterschiedlich aussehen. Mal geht es darum nur eine Stadt zu finden, dann wieder müssen möglichst viele Städte erobert, Minen befreit oder Dungeons erforscht werden. Mal ist man kooperativ mit anderen „Mage Knights“ unterwegs, manchmal geht es aber auch nur darum, seine Gegenspieler auszuschalten. Insgesamt elf verschiedene Szenarien lassen sich in dem Regelbuch finden.

Das „Mage Knight Board Game“ ist zu Anfang nicht so ganz leicht zu erklären. Zu Spielbeginn startet jeder Spieler mit dem „Mage Knight“ seiner Wahl (es stehen vier völlig unterschiedlichen Charaktere zu Auswahl) auf einem Portal an der Küste des Landes. Von dort aus erforscht er die Umgebung. Zu Beginn ist dabei nur ein kleiner Teil des Hexfeld-Spielplans aufgedeckt. Erreicht eine Spielfigur den Rand des Gebietes, wird eine neue Region aufgedeckt. Auf dieser können sich dann zahlreiche Orte wie Wälder, Berge, Verliese, Burgen, Siedlungen, Minen, Magiertürme, Ruinen, und und und … befinden. Mit dabei sind natürlich auch umherziehenden Monsterhorden, Burgen können bewohnt und Höhlen gar von schrecklichen Ungeheuern belegt sein.

Der Spieler bewegt seine Figur dabei frei über den Spielplan. Er kann die Orte besuchen, die er möchte, und dabei seiner eigenen Taktik folgen, um das eigentliche Spielziel zu erreichen. Besucht man viele Siedlungen, um möglichst zahlreiche und vielseitige Gefolgsleute anzuheuern? Oder erkundet man gleich Verliese und Höhlen, um die dortigen Schätze zu erbeuten. Oder möchte man lieber versuchen, eine Festung oder einen Magierturm zu erobern, um die dortigen Vorteile wie eine sichere Verteidigungsposition oder neue Zaubersprüche zu erhalten?

Das Spiel folgt dabei ein wenig dem Fantasy Flight Games Klassiker „Runebound“, denn am Ende geht es im Prinzip darum, die eigene Spielfigur möglichst immer mächtiger werden zu lassen, um stark genug für noch härtere Herausforderungen und schließlich für die finale Konfrontation am Spielende zu sein (etwa die Eroberung einer Stadt).

It's a deck building game!

Spätestens seit Spielen wie „Galaxy Trucker“, „Space Alert“ oder „Dungeon Lords“ ist der Name Vlaada Chvátil Kennern der Brettspielszene ein Begriff. Auch für „Mage Knight“ ist dem tschechischen Spieldesigner dabei wieder ein Kunstgriff gelungen. Denn hier wird komplett ohne Würfel gespielt. Die Spieler planen und führen die Züge ihrer Spielfigur nach dem „Deck Building“-Prinzip (bekannt aus Spielen wie „Dominion“ oder „Thunderstone“) aus.

Zu Beginn startet dabei jeder Spieler mit einem relativ übersichtlichen Deck bestehend aus einfachen „Basic Actions“ (wie Move, Influence, Attack, Block). Weitere Karten können in das Deck gemischt werden, wenn die eigene Spielfigur eine Stufen aufsteigt und damit eine neue Fähigkeit erlernt, Schätze erbeutet, neue Zaubersprüche lernt oder durch eine der zahlreichen weiteren Möglichkeiten an neue Karten kommt. Dabei ist es sogar möglich, die Fähigkeiten der „Mage Knights“ seiner Mit- beziehungesweise Gegenspieler zu erlernen, da diese zum Teil nach einem Stufenaufstieg in einem offenen Karten-Pool abgelegt werden. Dieses Prinzip und die Möglichkeit jede beliebige Karte (bis auf „Wound Cards“) immer auch als „Basic Actions“ spielen zu können, macht „Mage Knight“ damit zu einem unglaublich vielseitigen, durchdachten aber auch komplexen Spiel. Natürlich spielt dabei auch ein wenig der Zufall eine Rolle, welche Karten mit neuen Fähigkeiten oder Zaubersprüchen gerade aufgedeckt sind oder aus dem eigenen Deck gezogen werden.

Kämpfe mit umherziehenden Monstern oder anderen Kreaturen werden ebenfalls über das Deck abgehandelt. Dabei sind bestimmte Phasen wie Nah- und Fernkampf, Angriff und Gegenschlag der Reihe nach abzuhandeln. Spieler können dabei „Wound Cards“ kassieren, die quasi als nutzloser Ballast das Limit der Handkarten blockieren. Kein „Mage Knight“ kann dabei endgültig besiegt werden oder aus dem Spiel ausscheiden. Doch um das eigene Deck von „Wound cards“ zu bereinigen, ist man irgendwann gezwungen, ein paar Pausen zur Heilung einzulegen. Aber das kostet natürlich wertvolle Zeit.

Ein Heer an Möglichkeiten!

Ein offener Spielplan den man frei erforschen kann und ein ausgeklügelter „Deck Building Game“-Mechanismus sind jedoch nur die Spitze des Eisberges. Das „Mage Knight Board Game“ bietet noch so viel mehr: so zum Beispiel den Wechsel zwischen Tag und Nacht mit Auswirkungen auf die Bewegungspunkte in unterschiedlichem Gelände, ein umfangreiches Magiesystem mit verschiedenen Magiearten und Farben (Kristalle und Würfel), ein umfangreiches Ruf- und Stufensystem und unterschiedliche Charaktere mit völlig verschiedenen Fähigkeiten und Spielweisen. Städte, „Tactic Cards“ mit Vorteilen zur Bestimmung der Initiative, zahlreiche Möglichkeiten über sogenannte „Achievements“ die begehrten Siegpunkte für das Spielziel zu erreichen, Monster und Level Tokens sowie eine Unmenge an „Deed Cards“ lassen das Spiel darüber hinaus zu einem echt umfangreichen Schwergewicht anwachsen. Wen wundert es da noch, dass es zusätzlich zum eigentlichen Regel- und Szenarioheft auch noch ein „Game Walkthrough“ mit gut 20 Seiten gibt, der einen durch das erste Szenario führen soll.

Das „Mage Knight Board Game“ ist wirklich ein gewaltiges Spiel und als Computerspieler eines bestimmten Genres fühlt man sich schon nach kurzer Zeit an Titel wie „Heroes of Might & Magic“ oder „Masters of Magic“ erinnert. Suchtfaktor garantiert!

Fazit: Was hier entstanden ist, hat im Prinzip nur noch den Titel „Mage Knight“ mit dem ursprünglichen Konzept von WizKids gemeinsam. Das „Mage Knight Board Game“ ist eine moderne, komplexe, vielseitige und überaus umfangreiche „Fantasy-Simulation“ im Brettspielformat. Da kommen zeitweise auch Erinnerungen an echte Klassiker wie „Titan“ oder sogar „Magic Realm“ hoch. Spieledesigner Vlaada Chvátil präsentiert dabei jedoch keinen Spaziergang auf altbewährten Pfaden bekannter Klassiker, sondern hat das ganze Konzept auf eine zeitgemäße und gut ausgebaute Schnellstraße übertragen. Sicherlich: Mit den gut 20 Seiten Regelheft und weiteren 20 Seiten „Game Walkthrough“ ist man zu Anfang erstmal ganz schön bedient. Aber wer sich die Zeit nimmt, bekommt ein überaus reichhaltiges Fantasy-Spieleerlebnis geboten, das mir so schon seit Langem nicht mehr untergekommen ist. Ein absoluter Geheimtipp und ein echtes „Must have“ für jeden Fan etwas komplexerer Fantasy-Brettspiele.


Mage Knight Board Game
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler
Vlaada Chvátil u. a.
WizKids/NECA 2011
EAN: 0634482704950
Sprache: Englisch
Preis: ca. EUR 79,98

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