Legacy of the Force

Dass „Star Wars“-Saga heute viel mehr ist, als nur sechs Filme, die etwa eine Zeitspanne von 40 Jahren umfassen, dürften selbst Freizeit-Rebellen und Gelegenheits-Imperiale mittlerweile wissen. In Comics, Romanen, Hör- und Computerspielen erstreckt sich die „Star Wars“-Historie inzwischen von etwa 4000 vor der Zerstörung des ersten Todessterns bis 130 Jahre danach. Die neue Erweiterung des „Star Wars Miniatures“-Spiels von Wizards of the Coast widmet sich vor allem den aktuellsten „Legacy“-Reihen, die im Roman- und Comic-Sektor erzählt werden.

von Frank Stein

In jedem langlebigen Franchise kommt der Punkt, an dem Otto-Normalkonsument geistig aussteigt und nur noch beinharte Fans angesprochen werden. Im „Star Wars“-Universum ist dieser Punkt schon lange überschritten. Zwar existieren altgediente Recken wie Luke Skywalker und Han Solo noch, doch ein Großteil der Geschichten behandeln mittlerweile entweder die Frühzeit der „Star Wars Historie“ (in der Comic-Reihe „Knights of the Old Republic“) oder die Ära Jahrzehnte nach dem Fall des Imperiums und dem Sieg der Rebellenallianz (in der Romanreihe „Legacy of the Force“ oder der Comic-Reihe „Legacy“).

Die neuen Helden heißen Jacen und Jaina Solo oder Cade Skywalker und Deliah Blue und ihre Gegner sind Sith wie Lumiya, the Dark Lady, oder Darth Krayt oder aber das (in der Comic-Reihe) neu erstarkte Imperium unter Imperator Roan Fel – das übrigens mittlerweile kein purer Hort des Bösen mehr ist, sondern schlicht eine der großen Fraktionen, die sich um Einfluss in der seit dem Yuuzhan-Vong-Krieg mehrfach umgewälzten Galaxis bemühen. (Die neue Republik beispielsweise ist schon längst wieder Geschichte…)

Aber auch wenn dies alles bei jedem, dessen „Star Wars“-Wissen sich allein aus den Kinofilmen speist, vollkommenes Unverständnis auslösen mag, hat es doch sein Gutes. Dieses lebendige, ständig neue Helden und Schurken generierende Universum bietet eine Fülle von Figuren, um beispielsweise eine neue „Star Wars Miniatures“-Erweiterung zu füllen, wie das vorliegende „Legacy of the Force“-Set, ohne dass Sammler und Spieler immer nur die gleichen Namen, nur in neuem Kostüm, aufgetischt bekommen. (Okay, auch im vorliegenden Falle bekommt man wieder Luke (2x), Han, Leia und Boba Fett präsentiert, aber das sind nur fünf von 60 Minis – das ist akzeptabel.)

Die in Normalboostern zu je sieben Minis verkaufte „Legacy of the Force“-Erweiterung richtet sich diesmal spürbar an Langzeit-Fans sowie an Rollenspieler. Langzeit-Fans freuen sich über die zahlreichen namhaften Rares und Very Rares, die den oben genannten Erzählsträngen entnommen wurden. Mit „Nomi Sunrider“ und „Canderous Ordo“ wurden zwei der wenigen personellen Lücken im „Old Republik“-Bereich geschlossen. „Lumiya, the Dark Lady“, „Leia Organa Solo, Jedi Knight“, „Luke Skywalker, Legacy of the Light Side“, „Boba Fett, Mercenary Commander“ und ein paar weitere Gestalten lassen die neunbändige „Legacy of the Force“-Roman-Reihe lebendig werden, die im Augenblick nur auf Englisch vorliegt, sicher aber auch demnächst auf Deutsch übersetzt wird. Und gleich 18 Minis sind eindeutig den Dark-Horse-Comics zuzuordnen, die in ferner Zukunft die Skywalker-Saga anhand von Cade Skywalker, einem abgerissenen Kopfgeldjäger, weitererzählt.

Die Rollenspieler-Fraktion wird unterdessen vor allem durch die No-Name-Figuren angesprochen. Hier bildet Wizards of the Coast geschickt Synergien zwischen seinem neuen Pen-und-Paper-Produkt (das allerdings in Deutschland ein wenig unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehandelt wird) und seinem Miniaturen-Spiel. So wird das Konzept des Rollenspiels, das sehr auf den Einsatz von Miniaturen baut, durch die zahllosen allgemein gehaltenen Minis unterstützt, die sich unter anderem „Bothan Noble“, „Twi’lek Scout“, „Duros Scoundrel“ oder „Human Bodyguard“ nennen und vom Aussehen her überwiegend sehr coole, klassische „Star Wars“-Charaktere abgeben, die etwa Stiefel, Westen und Pilotenjacken tragen und typische Handblaster ihr Eigen nennen. So dürfte für jeden Spielergeschmack die passende Miniatur für den eigenen Charakter zu finden sein – und da es sich dankbarerweise überwiegend um Commons handelt, sind diese auch für kleines Geld einzeln im Internet zu erwerben (falls man dem Boosterkauf abgeneigt ist).

Wie immer liegt jedem Booster ein Rules Sheet bei, das neue Special Abilities und Force Powers vorstellt. Dabei fällt vor allem ein Trend auf: Viel hilft viel. So existieren nun eine „Cunning Attack + [#]“ und ein „Opportunist + [#]“, die beide höheren Schaden als die klassischen +10 Schadenspunkte anrichten. Es gibt eine „Greater Mobile Attack“, die einem Charakter multiple Angriffe zwischen zwei Bewegungsteilen erlaubt. Und richtig krass (teuer und tödlich) sind die „Unleashed“ Force Powers wie „Force Lightning 4“, der zum Preis von 4 Force 50 Punkte Schaden anrichtet, ohne dass hierzu ein Angriffswurf durchgeführt werden müsste. Zusätzlich wird das Ziel gestunnt, wobei dieser Effekt zumindest mit einer 25%-Chance abgewendet werden kann.

Fazit: Die Wizards of the Coast beweisen, dass ein Spiel auch mit der x-ten Erweiterung nicht langweilig werden muss. „Legacy of the Force“ bietet dem Fan die perfekte Mischung aus coolen neuen Charakteren und heftigen Spielmechanismen. Kenner erfreuen sich der zahlreichen neuen Minis aus aktuellsten Comic- und Romangeschehen, Rollenspieler finden indes hier eine Fülle namenloser Helden und Schurken, die man für eigene Kampagnen nutzen kann. Sieht man von einer Handvoll Figuren ab (ich persönlich hätte nicht noch einen Han Solo und noch einen Boba Fett gebraucht), lässt diese Erweiterung wirklich keine Wünsche offen.


Star Wars Miniatures: Legacy of the Force
Sammelbares Figurenspiel
Wizards of the Coast/Hasbro 2008
ISBN: 978-0-7869-4795-9
Booster mit 7 Figuren und Stat-Cards
Preis: $ 14,99

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