Le Hache et le Feu

Fantasy-Brettspiele in Dungeon-Crawl-Manier gibt es ja wie Sand am Meer. Was soll man sich also vom nächsten „HeroQuest“-Klon erhoffen, noch dazu, wo er aus dem bisher in deutschen Landen wenig beachteten Nachbarland Frankreich kommt, das sich bisher mit solchen Exporten eher weniger bemerkbar gemacht hat. Doch dafür ist die positive Überraschung umso größer, wenn man sich an „Le Hache et le Feu“ herangewagt und die französischen Regeln überwunden hat.

von Michael Wilhelm

 

 

Offensichtlich hat der Computerspiel-Hit „Diablo“ aus dem Jahre 1997 in mehr als nur einem Detail für „Le Hache et le Feu“ Pate gestanden. Und wenn man sich den gigantischen Erfolg der „Diablo“-Reihe bewusst macht, muss das ja auch nichts Schlechtes heißen. Denn anstatt einfach nur zu kopieren, oder etwas schlecht neu zu erfinden, kann man sich ja durchaus an Altbewährtem orientieren und dann nach eigenem Gutdünken dazu erfinden, modifizieren und ausbauen.

Und das hat Spieldesigner Sebastien Dubois, seines Zeichens auch Chef von Atomic Mix, mit dem vorliegenden Spiel getan. Angesiedelt in der „Monde de Trilunes“, der Welt der drei Monde, in dem auch das ebenfalls bei Atomic Mix erscheinende Rollenspiel  „Aargh!“ beheimatet ist, zeigt schon der Titel recht klar worum es geht: Axt und Feuer. Zu Beginn des Spiels hat man die Wahl zwischen einem Magier und einem Krieger und damit auch zwischen deren bevorzugten Waffen. Sind in der Basis-Box erstmal nur zwei Charaktere zur Auswahl vorhanden, steigt die zur Verfügung stehende Riege mit den Erweiterungen. Neben dem Barbaren Krarn und dem Feuermagier Zal Uknam aus dem Basis-Spiel können dadurch also noch die Bogenschützin Demnukys und der Ritter Torkreyghen ins Spiel kommen.

Dabei ist das Spielmaterial von hoher Qualität. Zwar sind die Spielfiguren, Helden wie Monster, im Basis-Set lediglich aus Pappe mit kleinen Plastikaufstellern, eine Edition mit Plastikminiaturen ist aber bereits geplant. Die Illustrationen auf den Karten (Monster, Schätze, Zaubersprüche und Waffen) sind von hoher Qualität und weisen teilweise einen etwas comicartigen Charakter auf. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass der Zeichner Raphael Olle Cervera bereits einige Male mit Francois Froideval, dem Schöpfer der „Chroniken des Schwarzen Mondes“ zusammengearbeitet hat.

Hat man seinen Helden samt umfangreichem Datenblatt ausgewählt, auf dem Kampfkraft, Magiestärke und Lebenspunkte aufgezeichnet werden, sowie Plätze für Ausrüstung, Waffen und Rüstungen vorgesehen sind, kann es auch schon losgehen. Abwechselnd ziehen die Spieler eine der 15 Bodenplatten, die, jeweils 4 mal 4 Felder messend, vom Startfeld ausgehend das Spielfeld bilden und die Spieler immer weiter das Dungeon erforschen lassen. Danach bewegt der Spieler zunächst die Monster (darunter Goblins, Orks, Trolle und zweiköpfige Riesen), die jedes Mal nach Einsatz einer neuen Bodenplatte ins Spiel kommen, und führt deren Aktionen durch, um abschließend dann seine eigene Spielfigur agieren zu lassen. Daraufhin ist dann wieder der Mitspieler an der Reihe.

Das gesamte Spielgeschehen konzentriert sich natürlich auf die beiden Heldenfiguren. Dabei ist zu beachten, dass zu einem gewissen Maße natürlich Kooperation gefordert ist, dennoch aber die Monster wohl stets eher auf den gegnerischen Helden gehetzt werden. Das garantieren obendrein auch die nicht allzu umfangreichen Regeln, die es verbieten, die Monster dem Spielerduo aus dem Weg zu schaffen. Eher einem Tabletop denn einem echten Rollenspiel entsprechend beschränkt sich das Regelwerk auch auf Bewegung, Kampf und das Öffnen von Truhen und Bergen darin verborgener Schätze.

Von Rollenspiel-Charakter ist dann wiederum das Entwicklungspotential der Charaktere. Dazu gilt es, die gefundenen Schätze, insbesondere natürlich Gold, welches in Form hübsch anzuschauender goldener Plastik-Nuggets in der Box vorhanden ist, in Erfahrung umzumünzen. Jeder Stufenaufstieg, möglich ist das bis zur 10. Stufe, kostet eine steigende Zahl an Gold-Nuggets, welche entweder durch Finden von Schätzen aus Truhen, das Töten von Monstern oder den Handel mit gefundenen magischen Schätzen im Heimatdorf gesammelt werden kann. Um das Heimatdorf zu erreichen, kann man einen der im Dungeon versteckten Teleporter nutzen. Dort kann man sich auch heilen und erfrischen lassen, um sich dann mit neuer Kraft wieder ins Abenteuer zu stürzen. Und ebenso schnell ist auch der Wiedereinstieg, sprich Rücktransport, ins Dungeon. Also, keine Zeit verlieren und losplündern.

Das Regelwerk gibt es aber auf der Homepage (www.atomicmix.com) auch auf Englisch zum Download. Ein Vertrieb für Deutschland (und damit auch eine deutsche Version) ist bisher leider noch nicht gefunden, Atomic Mix versuchen aber bereits, mit ihrem Flaggschiff in Deutschland und dem englisch-sprachigen Raum Fuß zu finden. Gegönnt sei es ihnen.

Fazit: Gerade leicht ist es für den durchschnittlichen deutsch-sprachigen Gamer nicht, einen Zugang zu „Le Hache et le Feu“ zu finden. Die Sprachbarriere ist für die meisten wohl doch unüberwindbar. Umso mehr ist zu wünschen, dass es Atomic Mix schaffen, mit diesem liebevoll gestalteten und designten Spiel das des Französischen unkundige Ausland zu erobern. Eine amüsante Monsterjagd wartet auf potenzielle Abenteurer.


Le Hache et le Feu
Brettspiel
Sebastien Dubois
Atomic Mix 2005
ISBN: n. a.
2 Spieler, ab 12 Jahre, 120 min., französisch
Preis: ca. EUR 40,00