Krisenzonen (4.01D)

In der Welt gibt es nicht nur Glanz und Gloria. In manchen Megaplexen regiert das Gesetz der Natur: Fressen oder gefressen werden. Dort, wo die Konstanten der Zivilisation – Recht und Gesetz und die Regeln für ein friedliches Zusammenleben – aufgehoben sind, muss man jeden Tag um sein Überleben kämpfen.

von Nora Linse

 

Hoi, Chummer! Ich präsentiere euch heute ein weiteres Datenpaket zum Thema Städte und Regionen. „Krisenzonen“ setzt sich mit gefährlichen Gebieten ebenso wie mit Regionen, die durch bestimmte regionale oder politische Begebenheiten besonders ungemütlich sind, auseinander. Eine entscheidende „Shadowrun“-Kinderkrankheit weist auch dieser Band leider auf – das Fehlen eines Indexes. Dadurch ist die Suche nach spezifischen Inhalten auch in diesem Band eine Qual.

Illustrationen: Viele Innenillustrationen in diesem Buch sind enttäuschend. Ich habe einige Regionalbände in den Händen gehalten, und die Qualität der Illustrationen nimmt weiter ab. Einige wirken in meinen Augen unprofessionell und lieblos dahingekritzelt. Es fehlt ihnen an Flair und Detailliertheit. Über den ein oder anderen anatomischen Fehler kann man hinwegsehen, über den mangelnden Qualitätsstandard im Allgemeinen jedoch nicht. Sehr schade, denn aus anderen Büchern weiß man, dass es besser geht! Dennoch sind einige wenige Innengrafiken zu loben, die zumindest ein kleines Trostpflaster sind – leider aber nur ein Kleines!

Erstes Kapitel: Informationen zu einer der gefährlichsten Städte der UCAS findet ihr in dem ersten Kapitel. Neben geschichtlichen Daten zum jahrelangen Verfall eines Teilbereichs des GCM, der allgemein als „Chicago“ bekannt ist, werden einige Details über das heutige Chicago aufgelistet. Verlassen von der wirtschaftlichen Diktatur der Konzerne, entwickelte sich in den Sub-Sprawls Chicagos ein eigenständiges Wirtschaftssystem abseits der üblichen Konzernkultur. Als Schmugglerparadies bekannt, sprießen graue Märkte in allen Bereichen der Region wie Algen in brackigem Meerwasser empor. Die Angebote dieser Märkte werden im ersten Kapitel ausführlich dokumentiert. Wer in Chicago das Sagen hat, ist eindeutig. Die Gangbosse der unterschiedlichen Zonen lassen keinen Zweifel an ihren Ansprüchen aufkommen und werden in diesem Kapitel neben zahlreichen anderen Gruppierungen, die über mehr oder weniger Einfluss gebieten, vorgestellt.

Anschließend folgt ein hilfreicher Überblick über die verschiedenen Bereiche der Fallout-Zonen. Gebiete, in die sich außer Wahnsinnigen und Verzweifelten niemand freiwillig wagt, wenn ihm sein Leben lieb ist – und dennoch lebt dort ETWAS. Über die Fauna und Flora des vielfältigen, urbanen Ökosystems von Chicago kann man sich anhand der beigefügten Tagebuchaufzeichnungen von Dr. Paterson informieren. In diesem Abschnitt finden sich ebenfalls Beschreibungen über ganz besondere Gruppierungen von Mutanten wie Insektengeister oder Ghul-Gemeinschaften. Dass eine derart verseuchte Stadt dennoch interessante Ziele für Runner bietet, wird am Ende des Kapitels anhand zahlreicher Ortsbeschreibungen aufgezeigt. Für die Wahnsinnigen unter euch, die einen leibhaftigen Insektengeist sehen wollen, sind dort außerdem noch ein paar Geheimtipps zum Thema „Bugs“ niedergeschrieben.

Zweites Kapitel: Das dunkle Herz Afrikas, wie Lagos im Volksmund oft genannt wird, ist Thema des zweiten Kapitels. Auch dieser Abschnitt führt den Leser anhand eines Überblicks über die geschichtliche Entwicklung der Stadt und ihre Umgebung in die Materie ein. Lagos präsentiert sich in der aktuellen Zeitlinie als tickende Zeitbombe. In dem Heer unterschiedlicher afrikanischer Stämme und Gruppen brodelt es ständig, und ein Wort in einer falschen Sprache kann tödlich enden. Einige dieser Stämme werden kurz vorgestellt, können aber nur einen Bruchteil der eigentlichen Vielfalt aufzeigen. Die Stadt Lagos hat einen weiteren Feind, den stetig wuchernden Dschungel und seinen sumpfigen Untergrund, der es Parasiten, Bakterien und Schimmel nur allzu leicht macht, die Herrschaft zu übernehmen. Doch neben diesen inneren Bedrohungen kommt die Gefahr auch von Außen – unzählige ärmere Nachbarn versuchen immer wieder, die Reichtümer von Lagos zu plündern. Diesen externen Gefahren wird ebenfalls ein kurzer Abschnitt gewidmet. Einen allgemeinen Überblick über das Gewirr der afrikanischen Staaten gibt der Abschnitt über afrikanische Politik. Weitere Betrachtungen umfassen die Wirtschaft und wichtige Machtgruppen. Auch die Konzerne wollen sich natürlich eine Scheibe vom Reichtum im Herzen Afrikas abschneiden und es ist nicht verwunderlich, dass zahlreiche Konzerne dort Niederlassungen haben. Eine Auflistung darüber, inklusive von Beschreibungen einzelner Konzernprojekte vor Ort, behandelt diese Thematik. Damit ihr euch als Runner in den Wirren der unzähligen Stadtteile zurecht findet, ist dem Kapitel eine Auflistung der wichtigsten Stadteile und dazu noch eine lange Liste unzähliger Locations in der Stadt beigefügt. Für Magiekundige unter euch ist der letzte Abschnitt, der die erwachte Flora und Fauna thematisiert, sicher nicht uninteressant.

Das dritte Kapitel: Bogota, Gemito, Genf, Karavan und Sarajevo – was sie vereint, ist ihre Gefährlichkeit. Jede dieser Städte ist auf ihre Art und Weise eine Brutstätte für das Übel dieser Welt. Ist es in Bogota die Macht von Aztech, die alles andere in die Knie zwingt und einen Besuch gefährlich macht, so ist es im Gemito-Sprawl die pure Anarchie. Genf, das unter der Technomancer-Krise stark gelitten und sich nie mehr erholt hat, reiht sich nahtlos in diese Liste der gefährlichsten Orte ein, seit der Protest der Technomancer jegliche Knotenpunkte im Gebiet verseucht hat. Karavan, eigentlich weniger eine Stadt als ein Sammelpunkt für nomadisierende Heimatlose, ist ein stets wandernder Moloch aus Stahl und Rädern, der sich durch die zentralasiatische Steppe wälzt. Sarajevo als einzige Konstante im Höllenschlund des Balkan wandelt stets auf einem schmalen Grat zwischen Krieg und Frieden.

Viertes Kapitel:Eine Zusammenfassung von (Überlebens-)Tipps für den Großstadtdschungel leitet dieses Kapitel ein. Außerdem findet ihr dort Abenteuer, die in Lagos und Chicago spielen und euch die Gefahr dieser Sprawls am eigenen Leib erfahren lassen.

Fazit: „Krisenzonen“ ist ein Quellenbuch, das sich hauptsächlich mit der Stadt Chicago befasst. Die Infos zu dieser Stadt sind sehr ausführlich, während der Rest fast zu kurz kommt. Für Spielleiter, die ihre Spieler mit der Gefahr des Chicagoer Großstadtdschungels konfrontieren wollen, ist „Krisenzonen“ die richtige Wahl – in meinen Augen aber kein Pflichtkauf.


Krisenzonen
Quellenbuch
Jason Hardy, Joanna Hurley, Peter Taylor u. a.
Pegasus Press 2010
ISBN: 978-3-941976-08-5
128 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 24,95

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