Konzernenklaven (4.01D)

Los Angeles, Neo-Tokio, Groß-Frankfurt – die Welt hat sich verändert. Kontrolliert von Megacons sind neue Metropolen die Heimat von Konzernhochburgen, politischen Verschwörungen und mächtigen Untergrundfraktionen. In diesen Ballungszentren finden sich Schattenaktionen, versteckte Intrigen, Aktienmanipulationen und jede Menge Möglichkeiten für Shadowrunnner, einem lukrativen Geschäft nachzujagen.

von Nora Linse

 

Hoi Chummer! In diesem Datenpaket findest du alles, was das Runnerherz begehrt! Nützliche Infos über Megacons, mehr oder weniger geheimes Datenmaterial und Insiderinfos! „Konzernenklaven“ gehört zu einer Reihe von Quellenbänden, die die Megaplexe der 6. Welt näher beleuchten sollen.

Illustrationen: Das Artwork dieses Buches ist, wie bei „Shadowrun“ leider sehr oft, ziemlich gemischt. Manche Innengrafiken wirken weniger professionell, als man es sich für ein derartiges Werk gewünscht hätte. Auch ist die Menge der Innenillustrationen eher gering. Vor allem bei der Vorstellung einzelner Personen oder Gruppierungen wären mehr stimmungsvolle Illustrationen zur Unterstützung der eigenen Vorstellungskraft gut gewesen. Das Kartenmaterial ist eher knapp bemessen und vom Maßstab her viel zu groß und wenig detailliert, um sinnvoll eingesetzt werden zu können.

Im ersten Kapitel haben die Jungs und Mädels sich mit den vielen Gesichtern von Los Angeles auseinandergesetzt. Sei es die Konzernetage, die mit Milliarden von Nujen jongliert und die Runner mit ihrer Korruption und ihren Intrigen am Leben hält, oder als Gegensatz dazu das Leben der Gangs im Untergrund. Ein besonderes Augenmerk wird auf die astralen Besonderheiten LAs geworfen, welches seit dem großen Crash im Jahr des Kometen ein Musterbeispiel astralen Chaos darstellt und zahlreiche Gelehrte heute noch anlockt wie ein Stück Aas die Fliegen!

Das zweite Kapitel zeigt einen ganz anderen Lebensstil. Neo-Tokio, die Stadt ohne Ende, ist tief verwurzelt in uralten japanischen Traditionen. Die Mentalität und die Werte von "giri" (selbstloser Aufopferung) sind auch heute noch dermaßen präsent, dass das gesamte Leben nach dieser Pfeife tanzt. Die Konzernwelt wird in diesem Kapitel eher kurz betrachtet, wichtiger sind die „Nervenzentren“ der 50-Millionen-Stadt, die vernetzt den Großraum Neo-Tokio ergeben. Dass diese gigantische Ansammlung von Leben einen Ort erschafft, an dem man gute Geschäfte tätigen kann, beweist die Übersicht über Graue- und Schwarzmärkte. Magie und Matrix spielen natürlich keine untergeordnete Rolle und werden von den Autoren anhand von Beispielen näher erläutert. Das soziale Leben abseits, das Leben der Unterwelt, ist eine bunte Mischung von Yakuzas und sogenannten Zokus (übersetzt soviel wie „Klans“), die in Neo-Tokio das darstellen, was andernorts die Gangs sind. Für uns Runner gibt es am Ende des Kapitels noch einige Tipps, damit wir uns auf Jobsuche nicht völlig zum Affen machen und auffallen wie ein bunter Hund.

Das dritte Kapitel widmet sich Manhattan und seiner Geschichte des Wideraufbaus durch ein Konsortium der Konzerne seit dem großen Beben 2005. Im Zuge des Wiederaufbaus wurde Manhattan in ein komplett extraterritoriales Gelände verwandelt, welches von einem Zusammenschluss verschiedenster Konzerne (dem MDC – Manhattan Developement Consortium) kontrolliert wird. Die Rückkehr der Börse und der Megacons sowie der Einzug des Konzerngerichtshofes im Zuge des Wiederaufbaus bieten zwar für uns Runner interessante neue Arbeitsfelder, aber die abgeschottete Lage der Stadt auf einer Halbinsel stellt viele motivierte Runner vor größere Probleme. Aus der alten Zeit vor dem Erdbeben existieren unter der Stadt noch zahlreiche alte U-Bahnschächte, von denen längst nicht alle aufgefüllt wurden. Hier bieten sich Schmugglern und anderen Mitgliedern von Unterweltgruppierungen Schlupflöcher und eine neue „Heimat“. Die einzelnen Stadteile Manhattans werden in diesem Kapitel kurz angekratzt. Irgendwie hat man jedoch den Eindruck, als hätten die Jungs und Mädels, die sich um dieses Kapitel kümmern sollten, Wichtigeres zu tun, als sich um die Infos zu kümmern. Das ganze Kapitel wirkt – im Vergleich zu den anderen – ziemlich mager und schlecht recherchiert.

Im vierten Kapitel wird der Raum Groß-Frankfurt näher beleuchtet. Erfahrene Runner dürften den beliebten Sprawl Groß-Frankfurt bereits aus früheren Zeiten und dem Datenpaket „Deutschland in den Schatten 2“ kennen. Dabei fällt auf, dass sich in dieser Datei vor allem Ergänzungen und Aktualisierungen des dort bereit gestellten Materials befinden. Aber auch für die Neulinge unter euch sind die Informationen ausreichend, um etwas damit anfangen zu können. Neben Informationen zur politischen Ebene und Sicherheitspolitik findet ihr dort den bereits gewohnten Überblick über die verschiedenen Stadteile und deren Besonderheiten, gefolgt von Informationen über die wirtschaftliche Dominanz der Konzerne. Hierbei sind die AG Chemie und der Frankfurter Bankenverein hervorzuheben, die neben einigen im Raum Groß-Frankfurt weniger bedeutsamen Konzernen analysiert werden. Ein netter Bonus für uns Runner ist der Abschnitt über den Flughafen von Frankfurt, der wichtige Infos enthält, wenn man auf nicht ganz legalem Wege die Stadt verlassen muss oder keine ID hat. Die Informationen über kriminelle Organisationen und Szenen in Frankfurt runden das Kapitel ab. Solltet ihr einen altbekannten Schauplatz in der neuen Timeline suchen, werdet ihr in Groß-Frankfurt sicher fündig.

Im fünften Kapitel findet ihr einen Anhang, der einige weniger bedeutende Konzernstädte aufführt. Enthalten sind Informationen zu Dubai, Europort, Nairobi und Tenochtitlán, die allesamt wegen ihrer Besonderheiten aufgeführt werden: Dubai als Schüssel, in der alle Konzerne schwimmen, ohne die Oberhand über die anderen zu erlangen, Europort als Prototyp der industriellen Mechanopolis und Planstadt sowie Nairobi mit seinem Massebeschleuniger als Tor zum Weltraum. Tenochtitlán, die Hauptstadt von Aztlan und Hauptsitz von Aztechnology, das „Herz der Dunkelheit“, wird als letzte Konzernenklave vorgestellt. Die Informationen in diesem Abschnitt sind allesamt eher knapp, aber informativ und vermitteln einen brauchbaren Eindruck der vorgestellten Gebiete.

Im sechsten Kapitel können wir Runner einen Blick in das Leben der Konzernsklaven werfen. „Leben für den Konzern“ lautet der Leitsatz, unter dem sich Informationen zu unterschiedlichen Themenkomplexen in diesem Abschnitt vereinen. Als letzte Information findet ihr noch einige Anregungen für Runs in den zuvor vorgestellten Städten und Regionen in diesem Abschnitt.

Fazit: Inhaltlich ist „Konzernenklaven“ ein sehr ausführlicher Quellenband, der einen guten Einblick in die 6. Welt und ihre wichtigsten Zentren gibt. Die Informationen sind umfangreich und breit gefächert (lässt man einmal das etwas stiefmütterlich behandelte Kapitel über Manhattan außen vor). Daher lässt sich sagen, dass dieses Buch für Spielleiter wie Spieler gleichermaßen ein nützliches und informatives Hilfsmittel ist. Für Spielleiter ist es fast ein Pflichtkauf. Rein optisch bekommt dieses Buch leider einige Abzüge, da die Qualität und Menge der Illustrationen und des Kartenmaterials nicht dem gewohnten Standard entspricht. Generell hätte ich mir bei einem derartigen Quellenband deutlich mehr Kartenmaterial gewünscht!

?+++Raven+++


Konzernenklaven
Quellenbuch
Jason Hardy, Peter Taylor, Lars Blumenstein u. a.
Pegasus Press 2009
ISBN: 978-3-939794-80-6
215 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 29,95

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