Kinder des Käfers

Der Band „Kinder des Käfers“ enthält vier Abenteuer, wovon die ersten drei Übersetzungen aus dem Englischen sind und das vierte aus deutscher Feder stammt. Der Abenteuerband wurde speziell für Einsteiger zusammengestellt. Novizen unter den Spielleitern finden einfach zu leitende Szenarios vor, während neue Spieler gut mit dem „Cthulhu“-Rollenspiel vertraut gemacht werden können.

von Markus Kolbeck

 

Das 32-seitige Abenteuer „Mister Corbitt“ von Michael DeWolfe wurde von Frank Heller bearbeitet und ergänzt. Im Original erschien es bereits in dem vergriffenen Band „Mansions of Madness“. In diesem Abenteuer findet der angehende Spielleiter viele Tipps zur Ausgestaltung, und es lässt sich auch gut 1 : 1 spielen, also nur mit Spielleiter und einem Spieler, was den Vorteil hat, dass sich der Spielleiter voll und ganz um den Spieler kümmern kann. Es ist vorgesehen, dass „Mister Corbitt“ in Amerika oder Großbritannien spielt, da die Namen englische sind. Nimmt man andere Namen, kann man das Abenteuer auch gut in Deutschland spielen lassen. Wichtig ist nur, dass einer der Charaktere in einer teuren Wohngegend des gehobenen Mittelstandes wohnt. Auf der gegenüberliegenden Seite wohnt Mr. Corbitt, ein freundlicher Witwer dem Anschein nach. Eines Tages beobachtet der Charakter, der in der Straße wohnt, wie Mr. Corbitt mit zwei in Tüchern gehüllten Gegenständen nach Hause kommt. Da fällt ihm einer der Gegenstände auf den Boden als er die Haustür aufzuschließen versucht, und der Charakter glaubt einen Blick auf einen Kinderarm zu erhaschen. Der Charakter wird (falls nicht 1:1 gespielt wird) seine Freunde zu Rate ziehen und eventuell Mr. Corbitt beobachten. Da kommt es gelegen, dass dieser seinen Nachbarn (den Charakter) bittet, eine Weile nach seiner Post zu schauen, da er für ein paar Tage wegfahren müsse. Eine willkommene Gelegenheit für die Charaktere das Haus näher zu untersuchen. Da werden sie mehr über Mr. Corbitt in Erfahrung bringen als ihnen lieb ist. Hinter der scheinbar harmlosen Fassade lauert das cthuloide Grauen auf den (angehenden?) Investigator. Prima zum Einsteigen! Ansonsten ist das Abenteuer sehr überschaubar und eher schlichterer Strickart, aber vielleicht hat man es gerade deshalb als Einsteiger- und Eröffnungsabenteuer ausgewählt.

„Das knarrende und windschiefe Haus“ von Mark Morrison hat 26 Seiten Umfang und wurde unter dem Titel „The Crack’d and Crook’d Manse“ ebenfalls in „Mansions of Madness“ veröffentlicht. Es spielt im Jahr 1925 in der fiktiven Stadt Gamwell in Massachusetts, größtenteils auf dem Fitzgerald-Anwesen. Arthur Cornthwaite hat von einer Expedition zu einer Tempelanlage in Südamerika unwissentlich den Samen einer übernatürlichen Pflanze mitgebracht, die sich zu einem Monster entwickelt, das sich im Haus gut verstecken kann, z. B. hinter den Verschalungen der Wände. Als Cornthwaite verschwindet, werden die Charaktere von dessen Anwälten beauftragt, seinen Verbleib zu ermitteln. Dabei werden sie sich sicher auch im Haus umschauen und dabei an das Pflanzenmonster geraten. Das Abenteuer ist aber so aufgebaut, dass die Charaktere wohl zunächst glauben werden, es mit einem Spukhaus zu tun zu haben, bevor sie der Wahrheit auf die Spur kommen. Dabei steuern sie aber ihrem Verderben entgegen, wenn sie nicht die Hinweise deuten.

Das 40-seitige „Devil’s Hole“ von Gary Sumpter wurde ebenfalls von Frank Heller bearbeitet und ergänzt, so dass es sich bei Bedarf mit der Kampagne „Auf den Inseln“ spielen lässt. Es ist zuvor in „In the Shadows“ veröffentlicht worden. Das Szenario spielt in Aberdeen in Schottland im Frühling des Jahres 1928 und ist Elementen aus Lovecrafts Geschichte „Schatten über Innsmouth“ nachempfunden. Die Charaktere müssen herausfinden, was aus Edward Drake wurde, der ein Freund einer der Charaktere ist und nun verschwunden ist. Lange werden die Charaktere im Dunklen tappen, bevor sie bemerken, dass sie es mit Tiefen Wesen, und zwar einer ganzen Kolonie davon, zu tun haben. Das Innsmouth-Syndrom ist natürlich eines der klassischen Lovecraft-Motive und wurde in diesem Abenteuer geschickt aufgegriffen.

„Kinder des Käfers“ von Frank Heller ist mit 48 Seiten das längste Abenteuer des Bandes und reizt dies auch voll aus, wobei es die höchsten Anforderungen von den vier Abenteuern an den Spielleiter stellt, da es modular aufgebaut ist und eine größere Anzahl von NSCs bewältigt werden müssen. „Kinder des Käfers“ spielt irgendwann in den 20er Jahren an der Ostküste der USA in den Wäldern von Vermont. Dort hin führt nämlich die Spur auf der Suche nach dem Insektenforscher Howard Fitzpatrick, der vermisst wird. Die Charaktere werden auf sonderbar ungepflegte Dorfbewohner stoßen, bevor sie sich in die Wälder des Black Hill Forest aufmachen. Unnatürlich große Insekten werden die Charaktere plagen und verschrecken (dieser Teil wurde gut vom Autor dargestellt), doch liegt der eigentliche insektoide Schrecken ganz woanders.

Fazit: Insbesondere „Kinder des Käfers“ weiß durch insektoiden Grusel eine eigene Atmosphäre aufzubauen und zu bestechen. Aber auch die anderen Abenteuer fallen durch Lovecraft’sche Atmosphäre auf, wobei ich nur „Mister Corbitt“ aufgrund der erwähnten geringen Komplexität etwas schwach finde. Aber es soll ja ein Einsteigerabenteuer sein. Die drei anderen Abenteuer werden auch Veteranen unter den „Cthulhu“-Forschern gefallen. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass alle Abenteuer mit vielen vorbildlich gestalteten Handouts versehen sind. Handouts sind zu recht beliebt, geben sie doch einem Abenteuer einen Hauch von Realismus.


Kinder des Käfers
Abenteuerband
Michael DeWolfe, Frank Heller, Mark Morrison u. a.
Pegasus Press 2003
ISBN: 3930635879
152 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,95

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