INTERVIEW: Mario Truant stellt seine neuen Systeme vor

Der Truant-Verlag gehört zu den Urgesteinen der deutschen Rollenspielszene. Bereits in den 1980ern brachte uns Mario Truant deutsche Übersetzungen viel beachteter Rollenspiele wie „Kult“. Gerade in der letzten Zeit zeigt sich der emsige Verleger wieder umtriebiger und brachte nicht zuletzt mit „Fantasy AGE“ ein junges System heraus. Höchste Zeit also, das Verlagsportfolio einmal ein wenig genauer zu betrachten und Mario Truant vor das virtuelle Mikrofon zu bitten.

von Mario Truant und André Frenzer

Im vergangenen Jahr wurden – neben „Fantasy AGE“ – noch einige weitere Übersetzungen angekündigt. Neben einer kurzen Vorstellung des Systems konnten wir außerdem Mario dazu überreden, uns ein wenig über den aktuellen Stand der einzelnen Systeme zu verraten.

Cultos Innombrables

„Cultos Innombrables“ ist ein Rollenspiel aus dem spanischen Hause Nosolorol Ediciones. Es bedient sich des viel bespielten „Cthulhu“-Mythos als Hintergrund, bedient jedoch eine gänzlich andere Prämisse als es „Call of Cthulhu“ oder verwandte Systeme tun. Bei „Cultos Innombrables“ schlüpft man in die Rolle von Kultisten, die den Mythos und seine finstere Magie für ihre Zwecke einsetzen. Das Produktportfolio ist dabei noch recht schlank und weist nur wenige Quellen- und Abenteuerbücher auf.

Ringbote: Mario, herzlichen Dank für deine Zeit. Bereits im Juli letzten Jahres konntest du die Arbeiten an der deutschen Übersetzung des spanischen Rollenspieles „Cultos Innombrables“ verkünden. Wie weit sind die Arbeiten mittlerweile gediehen?

Mario Truant: Die Übersetzung ist fast fertig. Es war gar nicht so einfach, überhaupt Übersetzer für einen spanischen Text zu finden, die zudem noch Rollenspieler sein mussten! Anders hat es keinen Sinn. Doch ich hatte Glück und habe zwei großartige Übersetzer mit fundierten Rollenspielkenntnissen gefunden. Die Texte sind nun in der Redaktion, und ich mache erste Layout-Tests, sodass ich in Kürze mal Musterseiten zeigen kann.

Ringbote: Spanische Rollenspiele sind in Deutschland ja eher „unter dem Radar“. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem spanischen Verlag Nosolorol Ediciones? Und warum interessiertest du dich „ausgerechnet“ für „Cultos Innombrables“?

MT: Es waren zwei Blogger, die hier den Anfang machten: Der erste Blogger war Ingo Beyer (Obskures@obskures). Er hat mich auf das Spiel aufmerksam gemacht und mir auch den zweiten Blogger, Paco Jaen (GMS Magazin), vorgestellt. Paco hat gute Kontakte zu Nosolorol in Spanien. Kein Wunder, arbeitet er doch als Blogger in Englisch und in Spanisch.

Für mein Interesse gibt es vier Gründe.

  1. Ich war hin und weg, als ich das Buch gesehen habe, die Optik ist einfach großartig, sowohl die Artworks als auch das Layout.
  2. Das Grundkonzept ist anders, keine schillernden oder verängstigten Helden, die gegen das Böse kämpfen, sondern (nicht) ganz normale Charaktere, die die Mächte des Mythos schamlos für ihre Ziele ausnutzen.
  3. Ein einfaches und elegantes Regelsystem.
  4. Ich fühlte mich sofort wieder so wie bei „Kult“ und „In Nomine Satanis“. Ich sehe „Unaussprechliche Kulte“ in einer Liga mit diesen beiden. Alle diese Spiele sind anders, originell und gut.


Ringbote: „Unaussprechliche Kulte“ besticht im spanischen Original durch seine opulente Aufmachung und die vielen, vollfarbigen Grafiken. Wird die deutsche Version hier anknüpfen, oder gehst du optisch eigene Wege?

MT: Die deutsche Ausgabe wird ziemlich genauso wie die spanische, vollfarbig und durchgestylt. Ich bin mir noch nicht sicher, ob wir das farbige Cover nehmen oder den Band in einen dunkelbraunen Kunstledereinband mit geprägtem Titel fassen.

Trudvang Chronicles

Die „Trudvang Chronicles“ sind die neueste Ausgabe des klassischen schwedischen Systems „Drakar och Demoner“, „Drachen und Dämonen“. Die englische Version wurde mit einem sehr erfolgreichen Kickstarter finanziert.

Bei den „Trudvang Chronicles“ handelt es sich um ein klassisches Fantasy-System, das allerdings mit einer aufwendigen, grafischen Gestaltung und einer dichten, stimmungsvollen Welt besticht. Diese orientiert sich an nordisch-keltischer Mythologie und wirkt düster und episch. Wer sich bereits ein wenig einlesen möchte, dem sei www.riotminds.se/games/trudvang-chronicles/ empfohlen.

Ringbote: Auch bei dem im Schwedischen überaus erfolgreich gekickstarterten Rollenspiel „Trudvang Chronicles“ interessiert mich brennend, wie der aktuelle Stand der Übersetzung ist. Kannst du bereits etwas über ein Zeitfenster sagen?

MT: Ich habe jetzt die englischen Texte für die ersten sechs Bücher bekommen und bin gerade dabei ein Team aus Übersetzern und Lektoren zusammen zustellen.

Ringbote: Die „Trudvang Chronicles“ sind die mittlerweile 8. Edition des klassischen schwedischen Rollenspiels „Drakar och Demoner“. Warum wurde dieses traditionsreiche Spiel eigentlich noch nie in eine andere Sprache übersetzt?

MT: Ich hatte mich bereits dafür interessiert, als ich die erste „KULT“-Ausgabe 1982 gemacht habe. Aber es gab keine englische Vorlage wie für „KULT“ und schwedisch-deutsche Übersetzer waren mir keine bekannt.

Ringbote: Mit dem sehr erfolgreichen Crowdfunding wurden viele zusätzliche Produkte wie Abenteuerbände finanziert. Planst du, das komplette Produktportfolio auch auf Deutsch zugänglich zu machen?

MT: Wir werden die ersten sechs Bücher auf jeden Fall machen. Und dann sehen wir weiter, wie das Spiel angenommen wird.

Barbarians of Lemuria

„Barbarians of Lemuria“ ist ein Sword-&-Sorcery-Rollenspiel ganz im Stile von „Conan“. Unter Insidern gilt es sogar als eines der Besten seiner Art. Die neueste Auflage dieses Klassikers erschien nun pünktlich zur RPC neu beim Truant Verlag.

Ringbote: Pünktlich zur RolePlayConvention erschien die Neuauflage von „Barbarians of Lemuria“. Was erwartet die Spieler Neues in der aktuellen Auflage des Spiels?

MT: Ja, es war tatsächlich pünktlich da! Das Buch ist ein großformatiges Hardcover mit 192 Seiten. Der Innenteil ist schwarz-weiß. Wir verwenden überwiegend Illustrationen aus der französischen und der ersten deutschen Ausgabe.

Allgemeines

Zum Abschluss gab uns Mario noch ein wenig Auskunft über seine Arbeit und weiteren Projekte.

Ringbote: Mit „Cultos Innombrables“ und den „Trudvang Chronicles“ verlegt der Truant Verlag zukünftig ein sehr multinationales Programm. Normalerweise erreichen den deutschen Markt ja eher Produkte aus dem englischsprachigen Raum. Ist es schwierig, Übersetzer für diese im Rollenspielsektor eher exotischen Sprachen zu finden?

MT: Ja, es ist nicht so einfach. Bis jetzt hatte ich dann doch immer Glück. Bei den schwedischen Spielen gibt es oft gute englische Texte.

Ringbote: Ein letztes noch: Wie sieht der weitere Produktplan für „Fantasy AGE“ aus? Dürfen die deutschen Fans mit einer Übersetzung des Bestiariums oder anderen Produkten rechnen?

MT: Der Spielleiter-Sichtschirm mit diversen Spielhilfen kommt als nächstes und dann das Bestiarium. Sie sind beide schon übersetzt und müssen muss nur noch layoutet werden.

Ringbote: Mario, meinen herzlichsten Dank für deine Antworten und viel Erfolg mit diesem ambitionierten und spannenden Verlagsprogramm!