von Simon Ofenloch
Howard Phillips Lovecraft hat es nie gut gemeint mit Innsmouth, der einstmals prachtvollen Küstenstadt im US-amerikanischen Nordosten. In seinen Erzählungen ist der Ort dem Verderben anheim gefallen. Pittoresk ist dort nichts beziehungsweise nichts mehr. Stattdessen gibt es Häuser mit durchhängenden und teilweise eingestürzten Walmdächern, schiefe und drahtlose Telegrafenmasten neben maroden Straßen und verfallenen Pieren. Von einem finsteren Pakt und einem grausamen Kult weiß Lovecraft zu berichten, von dem irritierenden Aussehen der wenigen Einwohner und davon, dass draußen im Meer vor der Küstenstadt etwas am Riff lauert.
Innsmouth ist eine Stadt, um die man besser einen weiten Bogen macht. Doch wenn man nicht umhin kommt, einen Abstecher in den geplagten Ort zu machen, ist es von Vorteil, sich dort auszukennen. Den besten Reiseführer liefert „Innsmouth – Küstenstadt am Teufelsriff“. In dem knapp 200 Seiten starken Buch erfährt man alles, was es über den Ort zu wissen gilt – und das mag mehr sein als einem lieb ist.
In vier Kapiteln wird die Küstenstadt eingehend beschrieben, bevor im Anschluss sechs spielfertige Abenteuer in und um Innsmouth folgen. Das erste Kapitel nach dem Vorwort und Kartenmaterial zu „Lovecraft Country“ und Innsmouth lautet „Willkommen in Innsmouth“ und liefert eine erste Lagebestimmung, sowohl geografisch wie auch historisch. Detailliert wird sowohl auf die „offizielle“ wie auch die „verborgene“ Geschichte von Innsmouth eingegangen.
Das zweite Kapitel widmet sich dem „Leben in Innsmouth“ und behandelt zunächst das Klima, die Wetterverhältnisse in jenem Teil von Massachusetts. Danach geht es um die Stadtverwaltung und das Justizwesen. Darüber hinaus werden Mythen und Gerüchte über den Ort aufgelistet.
Im dritten Kapitel, das „Schatten über Innsmouth“ betitelt ist, ist vom sogenannten „Innsmouth Look“ die Rede, welcher die Einwohner der Stadt befallen hat, in Folge ihrer Einlassung mit den ebenfalls in diesem Kapitel erläuterten „Tiefen Wesen“. Diese Geschöpfe haben einen grausamen Kult mit in die Siedlung gebracht, die Religion des „Esoterischen Ordens von Dagon“, der ebenfalls näher beschrieben wird.
Im vierten Kapitel, das sich dezidiert der Stadtbeschreibung widmet, wird die komplette Küstenstadt eingeteilt in neun Viertel erläutert. Dabei wird auf einen Großteil von Einzelgebäuden und deren Bewohner detailliert eingegangen. Sodann folgt ein Abschnitt zum Umland jenseits der Stadtgrenzen. Ergänzt wird dieses eigentliche Hauptkapitel durch eine großflächige Faltkarte von Innsmouth, die sich herausnehmbar in einer Lasche am Ende des Buches findet.
Danach folgen die Abenteuer mit ausführlichen Beschreibungen und Informationen. In „Das Erbe der Crawfords“ erbt einer der Handlungsträger ein Haus in Innsmouth. Anschließend muss herausgefunden werden, ob der Erbe nicht sogar von den „Tiefen Wesen“ abstammt und somit das Blut dieser Bestien in sich trägt. In „Der Einsame im Sumpf“ macht eine Forschungsgruppe bei archäologischen Ausgrabungen nahe Innsmouth eine folgenreiche Entdeckung. In „Mary“ werden die Helden in eine spannende Jagd quer durch Arkham und Innsmouth verwickelt.
In „Ein alter Bekannter“ besitzt eben dieser eine Farm nahe Innsmouth. Nachdem dort immer merkwürdigere Vorgänge stattfinden, bittet er um Rat und Tat. In „Die Innsmouth-Connection“ geht es um ein altes Herrenhaus, in dem es angeblich spukt. Und in „Fischfutter“ wird ein Schiff während einer Vergnügungsfahrt entführt. Die Spielcharaktere haben dann die Aufgabe, sich und andere aus der Gefangenschaft zu befreien.
Der Band „Innsmouth – Küstenstadt am Teufelsriff“ führt die „Lovecraft Country Collection“ stimmig fort. Mit dem vorangegangenen Quellenbuch zu einer der von Lovecraft erdachten Städte, „Arkham – Hexenstadt am Miskatonic“, hatte der Verlag Pegasus Spiele Maßstäbe gesetzt, denen der vorliegende Band ebenfalls gerecht zu werden versteht. Die Aufmachung, überhaupt die gesamte optische Gestaltung des Buches, ist von erster Güte. Auch die Texte und das Layout sind nicht zu bemängeln. Die Ausführung im soliden Hardcovereinband ist gewohnt hochwertig.
Die exemplarischen Abenteuer, die natürlich dazu dienen, den Band zu strecken – was aber nicht notwendigerweise negativ ausgelegt werden muss – sind ideenreich, spannend und spielfertig ausgearbeitet. Teilweise verweisen sie aber auch auf „Arkham – Hexenstadt am Miskatonic“. Und auf den nachfolgenden Abenteuerband „Sturm auf Innsmouth“.
Doch auch ohne diese Zusatzpublikationen ist man mit den ausführlichen Hintergrundinformationen aus „Innsmouth – Küstenstadt am Teufelsriff“ bestens gerüstet für zahlreiche eigene Kampagnen. Aufhänger für Abenteuer finden sich genug.
Der Verlag hält übrigens auf seinen Internetseiten noch ein „Innsmouth Easteregg“ mit Bonusmaterial zum Download bereit.
Fazit: „Innsmouth – Küstenstadt am Teufelsriff“ bietet einen ausführlichen und facettenreichen Hintergrund für Abenteuer und Kampagnen im Innsmouth der 1920er Jahre. Die offizielle und die verborgene Geschichte Innsmouths, zahllose Orte und Einwohner werden detailliert beschrieben. Enthalten sind außerdem mehrere spielfertige Abenteuer, die ein erstes Eintauchen in die Geheimnisse um die Küstenstadt am Teufelsriff ermöglichen. Eine großformatige Karte der Stadt Innsmouth und ihrer Umgebung liegt bei.
Innsmouth – Küstenstadt am Teufelsriff
Quellenbuch
Frank Heller, Christopher Lang, Robert Maier u.a.
Pegasus Spiele 2010
ISBN: 978-3-941976-01-6
209 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 29,95
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