Imperial Settlers: Die Azteken

Mit „Die Azteken“ gibt es die nächste große Erweiterung für die überaus erfolgreichen „Imperial Settlers“. Das ebenfalls mythologisch angehauchte Volk hat seine ganz eigenen Wege, um den Sieg zu erringen im nicht immer friedlichen Wettstreit der Völker.

von Lars Jeske

Alles wie immer - jetzt auch mit Azteken

Nach „Die Atlanter“ gibt es nunmehr mit der zweiten großen Völker-Erweiterung die Möglichkeit, mit den Azteken auf der Weltbühne anzutreten und im bekannten Spielablauf in fünf Runden die meisten Siegpunkte zu erwirtschaften. Die typischen Charakteristiken von Ignacy Trzewiczeks Spiel „Imperial Settlers“ sind gleichgeblieben und die Regeln auch. Über Produktionsstätten erhält man Waren, die man benötigt, um weitere Orte im eigenen Reich zu bauen, die dann auf vielfältige Art und Weise die Waren in Siegpunkte umwandeln. Dabei ist der Spieler am effizientesten, der neben dem (minimal) benötigten Kartenziehglück die Synergien der Karten seines auserwählten Volkes optimal zu nutzen versteht.

Erneut gibt es die niedlichen, detailreichen Illustrationen der Karten, die die knallharte Strategie etwas auflockern, und auch die Namen der deutschen Karten sind stimmig gewählt. Beispielsweise mit „Stein, der Geschichten erzählt“, „Tempel der aufgehenden Sonne“, „Opferaltar“ oder „Stimme der Götter“. Die weiteren Karten zeigen graphisch und vom Titel her ebenfalls an, dass die Azteken den Göttern sehr verbunden waren. Da passt es dann auch, dass die Neuerung mit dieser Erweiterung Segen und Beten als neue Völkerregeln betrifft. Da Götter jedoch alle angehen, werden selbstverständlich auch den übrigen fünf Völkern jeweils Karten spendiert, die diesen neuen Mechanismus benutzen können. (Ähnlich wie es die Designer mit den Technologieplättchen aus „Die Atlanter“ taten, wenn man sich die regelgerechten Turnierdecks zusammenstellen möchte.)

Interessanterweise bekommen die Atlanter mit der Azteken-Erweiterung sogar acht Karten, die Völker aus dem Grundspiel nur fünf beziehungsweise sechs (jeweils von zehn Karten), die den Beistand der Götter aktivieren können. Und das, obwohl die Atlanter bereits so spielstark sind, wenn man deren Mechanismus verstanden hat. Ansonsten scheinen die Design- beziehungsweise Produktionsvorgaben recht stringent zu sein, denn es sind wiederum genau 110 Karten in der Box zu finden. Selbstverständlich gibt es die erwartbaren 30 Völkerkarten für die Azteken. Die übrigen teilen und dann wie üblich für alle anderen bisher erschienenen fünf Völker und drei Erweiterungen mit jeweils 10 Karten auf. (Leider entfallen dadurch neue allgemeine Völkerkarten. Diese 10 Stück gibt es dann wohl nur als englische Promos auf den einschlägigen Messen und Veranstaltungen.) Auf jeden Fall kann man dadurch auch die Azteken spielen, wenn man die Themendecks um „Nachbarschaftshilfe“ oder „Die magische 3“ aufbaut. – Selbstverständlich kann man auch wie gewohnt einfach alle Karten eines Volkes zusammen benutzen, verliert jedoch die Synergieeffekte, da die zueinander passenden Karten in den fünf Runden eher selten zusammen gezogen werden.

Neue Regeln - neue Strategie

Neben den Karten gibt es als neues Spielelement die Warensorte der Segensplättchen in 9 verschiedenen Farben und auch die neue Kartenfarbe orange für die Gebäude. Somit gibt es mittlerweile 10 verschiedene Farben. Das sind mehr als genügend verschiedene, scheint jedoch nur ein Hilfskonstrukt für die Beten-Aktion zu sein. Denn als Novum für dieses bisher glücksminimierende, den Warenfluss optimierende Strategiespiel, gibt es jetzt auch den aktuell immer öfter auftretenden Push-Your-Luck-Mechanismus (ähnlich wie bei „Mystic Vale“ oder „Port Royal“). Also anstatt genau für eine bestimmte Anzahl von Waren oder Arbeitern seine anderen Rohstoffe oder Siegpunkte zu bekommen, kann man auch für einen geringeren Einsatz die Götter um Beistand bitten. Dies geschieht derart, dass man auf das Glück vertraut und rät, welche Farbkarten gleich vom allgemeinen Stapel aufgedeckt werden.

Wenn man Glück hat (beziehungsweise ist es hier natürlich der göttliche Wille), erscheinen die richtigen Farben. Denn beim Beten muss man entweder vorher eine Farbe bestimmen, oder sich nach dem Aufdecken der Karten für eine Farbe entscheiden. Diese Farben korrespondieren „zufällig“ mit einer der im Spiel verwendeten Waren, die man nun erhält. Bei brauen Karten wäre es Holz, goldenen Karten bringen Gold oder pink Arbeiter. Somit kann man Glück haben und viel erhalten, oder die Götter waren einem nicht gnädig gestimmt.

Um jedoch nicht nur auf das Glück vertrauen zu müssen, kann man sich zudem vorher mit Segensplättchen gezielter Farben eindecken, die dann entweder anstatt der umzudrehenden Karten vorgezeigt werden können, um die dringend benötigten Waren zu erhalten, oder zusätzlich als Bonus gelten und Extrawaren bescheren. Wohl dem, der die Hand Gottes führt. Ein toller Nebeneffekt durch den Beten-Mechanismus ist, dass man endlich einmal alle Karten des allgemeinen Stapels sieht, denn man pflügt jetzt förmlich durch diesen Kartenstapel.

Spielgefühl

Man muss sich erst einmal daran gewöhnen, dass man Waren wie in einer Art Kasinowette zufällig bekommen kann, anstatt bereits alles vor Zugbeginn penibel durchzukalkulieren. Das erhöht natürlich die Optionen für diesen Spieler, allerdings dauert das Spiel dadurch auch länger, da man situativ spontan entscheiden muss und die Karten bereits gut kennen sollte, um das Spiel nicht zudem auch noch unnötig in die Länge zu ziehen. Auch für erfahrene Spieler von „Imperial Settlers“, sind die Azteken erst einmal eine Herausforderung, eh man versteht, wie man sie spielen muss, um die persönlichen Gewinne zu maximieren. Dadurch, dass das Umdrehen der Karten jedoch einen Glücksmoment enthält, wird der Spieler nicht gleich wie der, der die Geschicke der Atlanter lenkt, zum Pauschalgegner, wenn es darum geht, Gebäude zu zerstören. Orte wie der „Tempel der aufgehenden Sonne“, „Der Glaube des Volkes“ oder „Holzwachturm“ werden dennoch keine hohe Spielverweildauer gewährt werden, da sie mit genügend Gütern in der Hinterhand (zu) spielstark sind.

Generell wird das Spiel jetzt jedoch schwieriger und komplexer durch den neuen Mechanismus, vor allem bei vielen Mitspielern oder mit Gelegenheitsspielern. Dieser neue Mechanismus ist dabei interessant und spieltechnisch durchdacht, jedoch nicht mehr ganz so eingängig, wie die Technologie der Atlanter.

Mit den Azteken wird somit ein neues Spielelement eingeführt und das Spiel erneut etwas komplexer. Zudem werden die Regeln für die Turnierdecks hervorgehoben, für welche es mittlerweile auch viele Optionen gibt. Das jeweilige Völkergrundset und 10 Karten einer der bisherigen 4 Erweiterungen bildet das Kartenset für solch ein Spiel. Ob sich dies durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Allein diese minimale Anpassung von max. 10 Karten reicht jedenfalls bereits aus, um das Spiel ganz anders verlaufen zu lassen. Wenn man des Spaßes wegen spielt, kann man einfach alle Karten benutzen und auch die allgemeinen Karten verwenden, die anderenfalls ungenutzt bleiben. Diese stringenten Regeln lassen das Spiel immer ernster erscheinen, als es sein müsste. Dafür, dass das so knallhart geregelt ist, fehlt in der Beschreibung die Bemerkung, ob durch das Volk der Azteken nunmehr bis zu sechs Spieler gegeneinander spielen könnten. Aus eigenen Erfahrungen sollten hierfür die Azteken jedoch nur als alternatives Volk betrachtet werden, da das Spiel ansonsten wirklich viel zu lange dauert.

Fazit: Das ohnehin anspruchsvolle Spiel „Imperial Settlers“ wird durch „Die Azteken“ nicht leichter. Diese vollwertige Völkererweiterung ist vor allem etwas für Fans oder fortgeschrittene Spieler von „Imperial Settlers“. Durch den neuen Beten-Mechanismus wird ein Glücksspielaspekt angeboten, der für Strategen des bisherigen Spieles gewöhnungsbedürftig ist. Allerdings kann man ihn durch Segensplättchen dosiert einsetzen. Das Spiel wird komplexer und etwas länger, aber interessant und spielenswert ist diese Erweiterung allemal. 


Imperial Settlers: Die Azteken
Brettspiel-Erweiterung für 2 bis 5 Spieler ab 10 Jahren
Ignacy Trzewiczek
Pegasus Spiele 2017
EAN: 4250231709524
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 19,95

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