Im Wandel der Zeiten – Das Würfelspiel

Als ich letztens die Regelerklärung von „Im Wandel der Zeiten – Das Würfelspiel“ mit dem folgenden Satz begann: „Das ist wie Civilization-Kniffel“, erntete ich ungläubige Blicke. Ein Strategiespiel erster Güte als Würfelspiel? Das wäre wie Magic-Pokern, wo ich mir mein „Royal Flush“ selbst zusammen stellen könnte. Oder Mensch-ärgere-Dich-nicht-Schach. – Einfach unvorstellbar! Aber sogar „Die Siedler von Catan“ waren würfelspieltauglich!

von Kai Milke

 

Wir beginnen unseren Zivilisationsaufbau mit drei Städten (= drei Würfeln), einem Holz-Tableau, auf dem wir unseren Warenbestand markieren können, sowie einem Wertungsblatt. Die sechs Würfelseiten zeigen entweder Nahrung (jede Stadt benötigt pro Runde eine davon), Tonkrüge als Zeichen für Waren, Arbeitskräfte (zum Bau von weiteren Städten und Monumenten) oder Münzen, mit denen wir in Kombination mit unseren Waren Errungenschaften kaufen können. Eine Würfelseite zeigt zwei Krüge und einen Totenkopf. Auch hier ist die Symbolik eindeutig: Totenköpfe bedeuten nichts Gutes …

Insgesamt drei Mal dürfen wir würfeln und dabei auch schon herausgelegte Würfel erneut würfeln. Nur die Würfel mit dem Totenkopf dürfen nicht erneut gewürfelt werden. Bis auf wenige Ausnahmen habe ich im vorherigen Absatz auch schon das ganze Spiel erklärt. Etwas kompliziert zu erklären, aber eigentlich total simpel, wenn man es mal verstanden hat, ist die Warenbeschaffung: Es gibt fünf Warensorten. Für jedes gewürfelte Krug-Symbol erhalte ich eine Ware. Dabei wird zuerst die Markierung der untersten Ware um eins vorwärtsbewegt, dann die Ware darüber usw. Wer mehr als fünf Krüge gewürfelt hätte, müsste wieder unten anfangen. Je mehr Waren ich von einer Sorte besitze, desto wertvoller sind sie und desto teurere Errungenschaften kann ich dafür kaufen.

Die Errungenschaften bringen einem zunächst mal konkrete Vorteile im Spiel, etwa mit den „Karawanen“ das Warenlimit von sechs Waren zu Ende des eigenen Zuges zu ignorieren, mit der „Bewässerung“ eine Nahrung pro Nahrungswürfel mehr zu erhalten oder mit der „Medizin“ immun gegen die Seuche, also drei gewürfelte Totenköpfe, zu sein. Zum Anderen bringen die Errungenschaften – wie die Monumente auch – Siegpunkte für die Endabrechnung.

Ein Totenkopfsymbol macht nichts. Jeder weitere Totenkopf kostet einen Siegpunkt, der bei der Endabrechnung abgezogen wird. Ausnahme ist die Seuche bei drei Totenköpfen, die nicht den Zugspieler betreffen, sondern seine Mitspieler.

Mit den Arbeitskräften kann man einmal neue Städte-Würfel „bauen“, was vier bis sieben Arbeitskräfte kostet, oder Monumente bauen, die – einmal fertiggestellt – am Ende bis zu 12 Siegpunkte bringen können, aber insgesamt bis zu 13 Arbeitskräfte kosten. Die meisten Siegpunkte erhält dabei nur der Spieler, der ein Monument, etwa die Pyramiden als erster fertiggestellt hat. Alle anderen Spieler erhalten nur die Hälfte.

Das Spiel endet auf zwei Arten: Entweder haben alle Spieler gemeinschaftlich alle Monumente errichtet oder ein Spieler hat fünf Errungenschaften gekauft. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten (Monumente + Errungenschaften – Katastrophen-Minuspunkte).

Das Spielmaterial aus Holzwürfeln und Holztableaus mit Holzstiften rechtfertigt den für ein Würfelspiel doch recht happigen Preis von fast 25,- Euro. Obwohl von den Regeln ein eher einfaches Spiel, zielt es doch vor allem auf die Vielspieler ab, die für eine solch schöne Ausstattung auch bereit sind, den Preis zu bezahlen. Dass die Holzstifte dann nicht immer so perfekt in die Löcher der Tableaus passen, passt schon weniger zu dem Preis.

Die Wertungsblätter sind sehr übersichtlich aufgebaut und haben genug Anmerkungen, um die zusätzlichen Übersichtstafeln, die den Spielablauf und die Errungenschaften genauer erklären, eigentlich überflüssig zu machen – ein entsprechender Anhang am Ende der Spielregel, der die Errungenschaften ausführlicher darstellt, hätte mir persönlich gereicht. Die Anleitung ist nicht zu beanstanden, schön bebildert und erklärt das Spiel nahezu perfekt.

Der Nachteil der großen „Zivilisationsspiele“ wie dem Original-„Civilization“ von Francis Tresham oder dem großen „Im Wandel der Zeiten“ ist der enorme Zeitaufwand, den man eher in Tagen als in Stunden messen könnte. Das Würfelspiel kann die Tiefe dieser epischen Spiele natürlich nicht erreichen, ermöglicht es einem aber in 30-45 Min., sich wenigstens ein bisschen wie ein großer Staatsmann zu fühlen. Was das „Im Wandel der Zeiten“-Würfelspiel „Kniffel“ voraus hat, ist, dass man selten mit seinem Zug nichts anfangen kann. Man kann fast immer an einem Monument bauen oder eine – vielleicht kleinere – Errungenschaft kaufen. Dabei erlaubt das Würfelglück auch Strategie: Spekuliere ich auf drei Totenköpfe, um den Mitspielern die Seuche zu schenken? Nehme ich lieber den einzelnen Krug oder die zwei Nahrung oder spekuliere ich auf mehr? Nehme ich Münzen im Wert von sieben oder kann ich Waren erwürfeln, die mehr als sieben wert sind?

Einziger Kritikpunkt ist die manchmal recht kurze Dauer, da fünf Errungenschaften für jemanden, der weniger Arbeitskräfte, aber häufig Krüge würfelt, schnell erreicht sind – mitunter in fünf Runden. Wir spielen inzwischen in unseren Runden mit sieben Errungenschaften.

Fazit: Alles in allem ein empfehlenswertes Spiel, das der Jury „Spiel des Jahres“ die Nominierung zum Spiel des Jahres wert war.

Tipp: Bei Boardgamegeek.com findet man eine Erweiterung des Autors zum original „Roll through the Ages“-Würfelspiel, die mehr Errungenschaften enthält und dabei mit sieben Errungenschaften als Siegbedingung auch endlich etwas länger dauert.


Im Wandel der Zeiten – Das Würfelspiel
Würfelspiel für 1 bis 4 Spieler
Matt Leacock (Design), Claus Stephan, Marko Fiedler (Illustrationen)
Pegasus Spiele 2009
ISBN: n. a.
Sprache: Deutsch
Preis: ca. EUR 24,95

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