Ikusa

Bei „Ikusa“ handelt es sich um die dritte Edition des MB Brettspiel-Klassikers „Shogun“ aus dem Jahr 1986, das zwischenzeitlich auch als „Samurai Swords“ bekannt war. Nachdem auch diese Auflage ausverkauft war, entwickelte sich das Spiel zum begehrten Sammlerobjekt. Nun aber hat Wizards of the Coasts beziehungsweise Hasbro mit der dritten Edition dafür gesorgt, dass dieser beliebte Klassiker endlich wieder für jedermann bezahlbar zu beziehen ist.

von Dominik Cenia

 

 

Spielprinzip, Spielziel und Rundenablauf

„Ikusa“ spielt im 16. Jahrhundert im feudalen Japan. Kriegsherren ziehen mit ihrem Armeen durch das Land, um die absolute Vorherrschaft über das Inselreich für sich zu beanspruchen. Die Aufgabe der 2 bis 5 Spieler besteht nun darin, mit seinen Daimyos (beziehungsweise deren Armeen) möglichst viele Provinzen zu erobern, um sich so den Spielsieg zu sichern. Wer zu irgendeinem Zeitpunkt als erster 35 der 68 Provinzen auf dem Spielbrett sein eigen nennt, hat das Spiel gewonnen.

Auf den ersten Blick erinnert „Ikusa“ stark an andere Klassiker des Genres, wie „Risiko“ oder „Axis & Allies“. Auf dem großen und zu Anfang nicht immer ganz übersichtlichen Spielbrett bewegt man seine Armeen von Provinz zu Provinz, hebt neue Truppen aus, baut oder befestigt Städte oder versucht einfach nur seine eigenen Grenzen zu sichern. Mit der vollen Anzahl an fünf Spielern entwickelt sich die ganze Sache schon gleich zu Beginn zu einem ziemlichen Gedränge. Kurzfristige Absprachen, Bündnisse, kleinere Gemeinheiten und Hinterhalte zwischen den Spielern sind da vorprogrammiert und natürlich vom Spiel auch gewollt.

Eine Spielrunde bei „Ikusa“ findet in mehreren Phasen statt. Zuerst verteilen alle Spieler, verdeckt hinter einem kleinen Sichtschirm, ihre Ressourcen (Koku) entsprechend der Handlungen, die sie für den kommenden Spielzug geplant haben. So kann man zum Beispiel Einfluss auf die Zugreihenfolge zu nehmen, Städte oder Festungen errichten, Truppen ausheben, versteckte Söldner (sogenannte „Ronins“) anheuern oder sogar einen Ninja zum Spionieren oder für einen hinterhältigen Mordauftrag anheuern. Wurden alle Ressourcen verteilt, werden die einzelnen Phasen abgehandelt, wobei das Rekrutieren von neuen Truppen oder das Errichten von Städten von allen Spielern gleichzeitig durchgeführt wird, was den Spielablauf in der ersten Phase einer Spielrunde deutlich beschleunigt.

Im Anschluss folgt die „Wage War“-Phase, in der die Spieler, nun anhand der vorher ermittelten Reihenfolge, nacheinander ihre Armee bewegen, um gegnerischen Provinzen angreifen und zu versuchen, diese zu erobern. Jeder Spieler kann dabei die Armeen seiner Daimyos bewegen (von denen zu Beginn jeder Spieler drei an der Zahl hat) oder die bereits in den eigenen Provinzen stationierten Truppen ins Feld führen. Kommt es dabei zum Kampf, kommen die zwölfseitigen Würfel zum Einsatz. Dabei ist das Kampfgeschehen immer recht schnell abgehandelt. Zuerst greifen die unterschiedlichen Fernkämpfer auf beiden Seiten gleichzeitig an, danach geschieht das gleiche mit den Nahkämpfern. Um Schaden anzurichten, muss man den Kampfwert der jeweiligen Einheiten genau erreichen oder unterwürfeln. Beide Seiten entscheiden dann für sich selbst, welche ihrer eigenen Einheiten als Verluste entfernt werden. Es folgt eine weitere Kampfrunde bis der Angreifer sich entweder zurückzieht oder die entsprechende Provinz erobert hat.

Wird dabei die Armee eines Daimyo bis auf die letzte Figur aufgerieben, geht dem Spieler eine seiner drei kostbarsten militärischen Möglichkeiten verloren. Denn nur mit den Truppen die man zur Verteidigung in seinen Provinzen stationierten hat, kann man zumeist keinen ausreichenden starken Angriff mehr durchführen. Verliert ein Spieler sogar alle drei Daimyos, scheidet er komplett aus dem Spiel aus, was bei Runden mit 4 oder gar 5 Spielern nahezu immer passieren wird, um das Spielziel von 35 Provinzen zu erreichen.

Weitere Spielmöglichkeiten bestehen darin, mit Hilfe von sogenannten Ronins (Söldnern) für eine Runde zusätzliche versteckte Truppen als Angriffs oder Verteidigungsmöglichkeiten ins Spiel zu bringen. Mit Hilfe eines Ninja, der in einer Runde allerdings immer nur für den höchstbietenden Spieler arbeitet, kann man sogar gegnerischen Daimyos per Attentat kurzfristig aus dem Spiel zu bringen. Das ist zwar nicht ganz so schlimm wie der Verlust einer kompletten Armee, lähmt aber unter Umständen die jeweilige Armee für einen kompletten Spielzug, bis diese einen neuen Anführer gewählt hat. Wurde auch der letzte Kampf in der Reihenfolge abgehandelt, werden die Provinzen neu durchgezählt und jeder Spieler nimmt sich entsprechend neue Ressourcen auf die Hand. Eine neue Runde kann beginnen.

Spielgefühl und -erlebnis

„Ikusa“ ist ein Mammut von einem Brettspiel. Diese Aussage trifft in vielerlei Hinsicht zu, denn zum einen sind sowohl die Ausstattung als auch das Spielbrett durchaus gewaltig. Zum anderen sind aber auch die Spielregeln recht umfangreich ausgefallen, da jeder Spieler nicht nur zahlreiche Möglichkeiten hat, seinen Zug zu planen, sondern auch weil jede Spielrunde mit ihren zahlreichen Phasen sich durchaus in die Länge ziehen kann. Womit wir auch schon beim nächsten Punkt wären: „Ikusa“ dauert lange. Gut 4 Stunden Spielzeit muss man wohl schon einplanen, wenn man das starre Spielziel von 35 Provinzen erreichen will. Alternative Siegbedingungen gibt es nicht oder müssen von den Spielern vorher selbst vereinbart werden. „Ikusa“ wirkt in meinen Augen auch aus dem Grund so „mammuthaft“, weil man dem Spiel einfach anmerkt, dass es ein Strategie-Schwergewicht der 1980er Jahre ist. Ein starres Spielziel, die recht lange „Downtime“ jeweils zwischen den eigenen Spielzügen, die Möglichkeit, tatsächlich aus dem Spiel komplett eliminiert zu werden, oder das Fehlen von zusätzlichen, spielbeschleunigenden Elementen wie Ereigniskarten oder alternativen Spielzielen, die zum Sieg führen können, machen „Ikusa“ zu einem Spiel, das nicht für jeden geeignet ist. Man muss gleichzeitig Geduld als auch Aufmerksamkeit mitbringen. Denn auch wenn man gerade nicht am Zug ist, lohnt es sich, die Bewegungen der Gegner genau im Auge zu behalten. Außerdem muss man sich ohnehin ständig gegen Angriffe verteidigen. Das Spielgeschehen kann dabei in den ersten Spielrunden durchaus mal ohne viel Landgewinn hin und her wabern, bis der erste Spieler irgendwann eine seiner drei Armeen verliert. Fängt die Sache irgendwann an zu kippen, rollt sich das Spielfeld im Anschluss recht schnell auf, aber bis dahin vergeht einiges an Spielzeit.

Material und Ausstattung

Neben dem großen Spielbrett, den Spielkarten und der Anleitung enthält die Box je 72 Kunstoff-Figuren pro Spieler, um die jeweiligen Truppentypen darzustellen. Außerdem gibt es 30 Ronin-Figuren, 1 Ninja-Figur, Armeekarten, Spielsteine, um Städte und Befestigungen darzustellen, ein Sichtschirm pro Spieler mit dazugehöriger „Festungsanlage“ zum Verteilen der Ressourcen auf die jeweiligen Felder und jede Menge weiteres Zubehör. An der richtigen und vor allem hochwertigen Ausstattung mangelt es wirklich nicht. Lediglich ein paar der Spielfiguren kamen verbogen aus der Verpackung. Bei gemütlichem Dämmerlicht lassen sich außerdem die Farben der verschiedenen Spielfiguren zu Anfang etwas schlecht unterscheiden. Die moderne Aufmachung und die schicken Illustrationen können sich dagegen durchaus sehen lassen. Das ganze Spielmaterial lässt sich auch wieder wunderbar und ohne Probleme in der Schachtel verstauen. Die Spielanleitung ist klar und ausführlich geschrieben und lässt nahezu keine Fragen aufkommen. Bei all dem Material kommt man natürlich auch um einen großen und ausladenden Spieltisch nicht herum.

Ein Wort zu Dritten Edition

Von den Spielregeln her gibt es keinen Unterschied zwischen „Ikusa“ und seinen beiden Vorgängern „Shogun“ beziehungsweise „Samurai Swords“. Lediglich die Aufmachung und das Spielmaterial wurden einer kompletten Überarbeitung unterzogen. Die kleinen Spielfiguren sind nun beispielsweise aus einem deutlich weicheren Kunststoff hergestellt als noch bei den Vorgängern. Die kleinen Samuraischwerter zur Bestimmung der Initiative, mittlerweile überaus begehrte Sammlerobjekte aus den alten Editionen, wurden durch einfache Pappmarker mit Zahlen ersetzt. Aber ansonsten gibt es tatsächlich keine offensichtlichen Änderungen.

Fazit: „Ikusa“ macht auf alle Fälle Spaß, wenn man sich auf eine lange Spielzeit und die teilweise etwas behäbigen Spielmechanismen der 1980er Jahre einstellen kann. Dabei ist „Ikusa“ trotz des hohen Strategie- und Taktikanteils in keinster Weise kompliziert oder gar langatmig. Es fehlt dem Spiel einfach nur ein wenig an dynamischeren oder moderneren Mechanismen wie sie heutzutage weitgehend üblich sind. Wer damit allerdings kein Problem hat und genug gleichgesinnte Spieler und ausreichend Zeit mitbringt, bekommt ein wunderbares und sehr gut ausgestattetes, abendfüllendes Strategiespiel geboten, das durchaus seine Stärken hat. Irgendwie ist immer etwas auf dem Spielplan los, auch wenn man nicht am Zug ist. Das verdeckte Verteilen der Ressourcen macht Spaß und das ständige Schmieden von Allianzen und kurzfristigen Bündnissen mit seinen Mitspieler bringt jede Menge Leben an den Spieltisch. Kurz gesagt: Einfach mal ansehen!


Ikusa
Brettspiel für 2 bis 5 Spieler
M. Gray, B. McQuillan, J. Schindehette u. a.
Wizard of the Coast / Hasbro 2011
EAN: 0653569617259
Sprache: Englisch
Preis: $ 84,99

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