von Markus Kolbeck
Es stehen neun Menschenrassen mit ihren Vor- und Nachteilen zur Auswahl: Alweg (Außenseiter und Ausgestossene), Batraner (Kräuterhändler mit Ähnlichkeit zu Arabern), Derigier (ähnlich dem römischen Imperium), Gadhar (ähnlich Afrikanern), Halbmenschen (Menschen, denen man ansieht, dass sie einen Ork, Zwerg oder Elf als Vorfahren haben), Pioraden (ähnlich Wikingern), Sekeri (Amazonen), Thunks (ähnlich den Mongolen) und Vorusker (mittelalterliche Kultur).
Es gibt sechs Eigenschaften: Stärke, Konstitution, Geschicklichkeit, Schnelligkeit, Wahrnehmung und Ego. Ausgewürfelt wird nicht: Je nach Volk sind die Ausgangswerte festgelegt. Spielercharakteren stehen noch Bonuspunkte zur Verfügung, um das Profil individueller zu gestalten.
Es gibt rund 30 allgemeine Fertigkeiten wie „Taktik“, „Verhandeln“ und „Voruskerwissen (Bürokratie)“. Jedes Volk hat unterschiedliche Anfangswerte in diesen Fertigkeiten, die durch Bonuspunkte noch modifiziert werden können. Manche der Fertigkeiten, wie das genannte „Voruskerwissen (Bürokratie)“, kann man in der Regel nur als Angehöriger eines bestimmten Volkes lernen.
Es gibt sieben Kampffertigkeiten wie „Schneller Angriff“, „Finte“ und „Parade“, von denen man aber immer nur eine anwenden kann. Auch hier bestimmen sich die Grundchancen, die man noch modifizieren kann, durch die Volkszugehörigkeit.
Allgemeine und Kampffertigkeiten stellen sich als Prozentchancen dar und es gibt auch kritische Erfolge und Misserfolge. Einen kritischen Erfolg hat man, wenn der Wurf erfolgreich ist und man einen Pasch gewürfelt hat. Einen kritischen Misserfolg hat man, wenn der Wurf daneben ging und man einen Pasch gewürfelt hat. Fertigkeiten können dann erhöht werden, wenn es einen kritischen Erfolg oder Misserfolg gibt. Jeder Fertigkeit liegt eine Eigenschaft zugrunde, die einen Fertigkeitsmodifikator ergibt.
Beim Kampf gibt es je nach Aktionenen des Charakters und des Gegners Modifikatoren, wobei man wohl oft nachlesen muss, bis man sie auswendig kennt.
Jede Waffe hat eine feste Schadensklasse. Bei einem Treffer wird das Einerergebnis des W%-Wurfs mit der Schadensklasse kombiniert und in einer Tabelle die erzielten Schadenspunkte abgelesen. Davon wird der Rüstungsschutz des Gegners abgezogen und man hat die tatsächlichen Schadenspunkte. Bleiben die Lebenspunkte über null, so ist der Schaden nur oberflächlich; sinken die Lebenspunkte unter eins, so ist der Schaden kritisch: Ernste Verletzungen oder gar der Tod können die Folge sein. Die Lebenspunkte errechnen sich übrigens aus der Konstitution; auch hier kein Auswürfeln.
Erwähnenswert sind auch die Verlangen, die jeder Charakter je nach Volk hat (wiederum modifizierbar): Einfluß, Gewalt, Reichtum, Reputation und Sex. Je nach Ausprägung ist das Verlangen nach beispielsweise Reichtum dann niedrig, unauffällig, hoch oder gar das Verhalten gänzlich bestimmend. Die drei Monde der Welt mit ihren Phasen haben Einfluss auf die Verlangen.
Der Kontrollwert, berechnet aus dem Ego, gibt an, wie gut ein Charakter seine Waffe beherrscht. Dann gibt es noch einen Prestigewert, über den jeder Charakter verfügt. Das Prestige des Trägers und das seiner Waffe bestimmt den Ruf des Duos, also die Wahrscheinlichkeit, dass man die beiden erkennt.
Das wichtigste Kapitel ist das der Erschaffung einer Seelenwaffe. Jeder Charakter kann sich seine Seelenwaffe selbst auswürfeln, deren Eigenschaften er nutzen kann. Man kann zwischen Tabellen mit Kampf- und Allgemeintalenten wählen (etwa erhöhte Konstitution oder Taktik), exotischen Talenten (wie Lügendetektor), Einschränkungen auf einzelne Talente (wie Opfergabe) und generelle Nachteile (wie einen Verhaltenskodex) wählen. Ein Waffentalent kostet Punkte, die man durch die Wahl einer Einschränkung oder eines Nachteils mindern kann. Der Gesamtpunktewert der Waffe darf dabei am Anfang nicht 100 überschreiten. Auch haben Seelenwaffen Persönlichkeiten; diese werden in der Form von Modifikatoren auf die Verlangen des Waffenträgers ausgewürfelt. Waffen können auch Erfahrung sammeln, etwa wenn ihr Träger Reichtümer ansammelt oder an Prestige gewinnt, und so neue Talente erwerben. Das ultimative Ziel des Spiels ist die Verschmelzung von Träger und Waffe, die eintreten kann, wenn die Waffe 500 Punkte erreicht hat.
Interessant zu erwähnen bleibt auch noch, dass es Gilden und Waffenbünde gibt, bei denen die Träger oder die Waffen Mitglieder sein können.
Im Anhang findet man Tiere und Mutationsvarianten für Monster, Gifte und Krankheiten, spielbereite Charaktere und mehr.
Ein 14-seitiges Einführungsszenario ist auch im Regelband enthalten. Dabei finden sich die Spielercharaktere unvermittelt auf einem Schlachtfeld im Besitz von Seelenwaffen wieder. Die Waffen haben ihre eigenen Ziele und werden dies den Charakteren bald kundtun. Es beginnt ein Abenteuer, auf dem die Spielercharaktere die Gefühle, Gedanken und Talente ihrer Waffen ausloten können. Es ist ein Abenteuer, in dem man durch Verhandlungsgeschick mehr erreichen kann als durch Gewalt.
Fazit: Das Kampfsystem betrachte ich als gelungen und abwechslungsreich. Die Verlangen sind heutzutage nicht mehr innovativ zu nennen, aber dennoch interessant zu spielen. Der Clou bei „Hyperborea“ sind sicherlich die Seelenwaffen. Sie haben ihre eigene Motivation und insbesondere ist dies dann eine rollenspielerische Herausforderung, wenn die Motive von Träger und Waffe entgegengesetzt sind. Skeptisch gestimmt hat mich die Fertigkeit „Folter“ und das Waffentalent „Kettensäge“. Die kann man aber auch als Spielleiter weglassen. Vielleicht sollte man das Rollenspiel auch nicht allzu ernst nehmen. Am Verlangen „Gewalt“ nehme ich insofern keinen besonderen Anstoß, da Gewaltszenen bei Rollenspielen im allgemeinen vorkommen und Gewalt leider auch ein Teil der Realität ist. Außerdem kann das Verlangen Gewalt auch so ausgeprägt sein, dass der Waffenträger Gewalt vermeidet, womit einseitiges Rollenspiel vermieden wird.
Hyperborea - Meister des Stahls
Grundregelwerk
Croc
Mario Truant Verlag 2001
ISBN: 3926801913
216 S., Softcover, deutsch
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