Heroes of the Fallen Lands (v.4.0 Essentials)

Um neue Spieler an „D&D“ heranzuführen, hat Wizards of the Coast sich etwas einfallen lassen: Die „D&D Essentials“-Reihe. Hier werden die „D&D“-Regeln in kleinen Happen an den Spieler gebracht. Mit „Heroes of the Fallen Lands“ werden also die ersten Klassen und Rassen für neue Spieler in den Ring geworfen.

von Shawn Neal

Eins gleich vorweg: „D&D Essentials“ ist prinzipiell ein normales „D&D 4.0“ Die Präsentation und der Inhalt der Bücher unterscheidet sich aber teilweise erheblich von dem bisher Bekannten. So warten zum Beispiel die Charakterklassen nicht mit einer riesigen Anzahl wählbarer Powers auf, sondern sind auf einige wenige Character Builds beschränkt, die eine recht geringe Anzahl von Powers haben. Alles wirklich einsteigerfreundlich.

Nun aber erst einmal zum Erscheinungsbild des Buches. Es handelt sich, eigentlich untypisch für „D&D“, um ein etwa DIN-A5 großes, vollfarbiges Softcoverbuch. Das Buch hat acht Kapitel, ein Vorwort, ein Glossar und einen Index. Die Bilder haben die gewohnte „D&D“-Qualität. Es fällt auf, dass die Kapitelüberschriften und Absatzüberschriften extrem groß geraten sind.

Kapitel 1 (Game Overview) gibt eine Zusammenfassung der grundlegenden „D&D“-Regeln. Dort wird als erstes kurz beschrieben, was und wer zum Spielen benötigt wird, welche Produkte der „D&D Essentials“ es noch gibt, welche Spiel-„Tiers“ es gibt (also Heroic, Paragon und Epic) und wie überhaupt gespielt wird. Dann folgt eine einfach gehaltene Übersicht der Regeln. Das ist eine wirklich kurze und knappe Zusammenfassung (15 DIN-A5-Seiten), die alles einmal kurz anreißt, aber natürlich keine ausführlichen Regeln bieten kann, denn dafür ist dann das „Rules Compendium“ da. Es reicht aber aus, um einen generellen Überblick zu bekommen, einen Charakter spielen zu können und die Regeln zu verstehen..

Kapitel 2 (Making Characters) beschäftigt sich auf 25 Seiten mit der Charaktererschaffung. Dort ist alles Nötige vorhanden und ausführlich erklärt, von Attributsgenerierung, über Ausrüstung, bis hin zu Gesinnung, Göttern und Sprachen. Erklärungen zu Fertigkeiten, Feats und Powers sowie die Charakterklassen befinden sich allerdings weiter hinten im Buch. Hier geht es nur um den reinen Charaktererschaffungsprozess. Dabei wird Wert darauf gelegt, dass ein Charakter mehr ist als nur die Summe seiner Werte. So werden zum Beispiel auch Tipps zu Hintergrund und Verhaltensweisen eines Charakters gegeben.

Danach folgt mit Kapitel 3 (Understanding Powers) eines der wahrscheinlich wichtigsten Kapitel für jedes „D&D 4.0“-Spiel. Über zwölf Seiten werden die verschiedenen Arten und Wirkungsweisen der Powers erklärt. Das ganze ist recht ausführlich gehalten und beschreibt anschaulich, wie die verschiedenen Schlagworte bei den Powers spielerisch umgesetzt werden können und was man sich darunter vorzustellen hat.

In Kapitel 4 werden die Character Classes eingeführt. Im „Heroes of the Fallen Lands“-Buch werden vier Klassen (aber fünf Character Builds) vorgestellt. Die Klassen werden auf jeweils ca. 16 Seiten gut und ausführlich beschrieben, haben aber, durch die „Build“-Herangehensweise nicht die riesige Powers-Auswahl wie die Klassen aus den regulären „D&D 4.0“-Regelwerken. Jede Klasse hat einen Heroic (Level 1-10), Paragon (Level 11-20) und Epic Tier (Level 21-30). Zu guter Letzt gibt es noch ein Epic Destiny, den „Destined Scion“.

Für einen neuen Spieler nicht erkennbar unterscheiden sich alle Builds (teilweise erheblich) von dem, was in den normalen „D&D 4.0“-Büchern bisher erschienen ist, sodass diese auch eine gute Ergänzung für ein normales „D&D 4.0“-Spiel abgeben würden. Dabei wurde Wert auf die einfache Spielbarkeit der Builds gelegt.

„Heroes of the Fallen Lands“ enthält als Builds den Knight und den Slayer (beide Fighter), den Thief (Rogue), den Mage (Wizard) und den Warpriest (Cleric). Hierbei sind die beiden Fighter Character Builds und der Thief Build die drei, die sich drastisch von den aus „D&D 4.0“ bekannten Versionen unterscheiden. Alle drei bedienen sich modifizierter Basic Attacks. Das bedeutet für die Fighter, dass sie verschiedene Kampfstellungen auswählen können. Thiefs bekommen „Tricks“ (Bewegungsaktionen, die einen Bonus auf den Angriff geben).

Was hat sich ein neuer Spieler aber unter den verschiedenen Builds vorzustellen? Auch das wird im Buch erklärt. Zu jeder Klasse gibt es einen Absatz, der darüber Auskunft gibt, wann man den betreffenden Charakter spielen sollte und welche Rasse sich gut dafür eignet. Schade ist hierbei allerdings, dass sich alles nur auf die im „Heroes of the Fallen Lands“-Buch vorgestellten Rassen bezieht und die Rassen des Schwesterbuches („Heroes of the Forgotten Kingdoms“) außen vor gelassen werden.

Kapitel 5 (Character Races) stellt dann auf gut 30 Seiten die sechs in diesem Buch vorhandenen Rassen vor. Dass die bekannten „D&D 4.0“-Rassen hier über zwei Bücher gestreckt wurden, ist ein Punkt der wirklich ärgerlich ist, da nun ein großer Teil von Rasse-Klasse-Kombinationen nur möglich ist, wenn beide Bücher vorhanden sind. Einzig Menschen sind in beiden Büchern als Rasse vorhanden. „Heroes of the Fallen Lands“ bietet die Standard-„D&D“-Rassen: Elfen, Zwerge, Halblinge, Gnome, Eladrin (eine Elfen-Art) und Menschen.

Sehr schön ist, dass die Bonus auf die Attribute nun nicht komplett vorgegeben sind, sondern flexibel auf einige der Werte verteilt werden können. Zudem bekommt jede Rasse ein paar Seiten Text, der einen guten Eindruck darüber vermittelt, wie die entsprechende Rasse in das Nentir-Vale-Setting, welches den (unausgesprochenen) Hintergrund für „D&D Essentials“ stellt, passt, welche Charakterklassen gut zu einer Rasse passen (auch hier leider auf das entsprechende Buch begeschränkt) und wie sich Mitglieder dieser Rasse verhalten.

Kapitel 6 (Skills) erläutert auf 26 Seiten das Konzept der Skills. Jeder einzelne Skill wird recht ausführlich, mit einigen typischen Anwendungsmöglichkeiten des Skills, beschrieben. Dabei wird wiederum Wert auf einfach gehaltene Beschreibungen gelegt, sodass weiterführende Regeln etwa zu Skill Challenges zwar angesprochen werden, aber nicht weiter erläutert werden. Diese weiterführenden Regeln sind dann im „Rules Compendium“ zu finden.

Das siebte Kapitel enthält die Feats. Bei Feats handelt es sich um spezielle Fähigkeiten, die jeder Spieler für seinen Charakter mehr oder weniger frei wählen kann. Die Idee dahinter ist die, dass durch die Auswahl der Feats jeder Charakter individuell gestaltet werden kann. Als Erstes fällt bei den Feats auf, dass beide Bücher zwar den Stufenaufstieg bis Level 30 anbieten, aber keine Paragon oder Epic Feats enthalten. Alle Feats sind prinzipiell schon ab Level 1 verfügbar, werden aber mit zunehmender Stufe stärker. Es werden zunächst Feat-Kategorien vorgestellt (Armor Training, Combat Insight, Divine Devotion, Enduring Stamina, Implement Training, Learning and Lore, Primal Soul, Quick Reaction, Steadfast Willpower, Two-Weapon Training, Underdark Lore, etc.). Dabei handelt es sich jeweils um Gruppierungen von Feats. Im Anschluss werden dann die einzelnen Feats vorgestellt und erklärt.

Das letzte Kapitel behandelt dann „Gear and Weapons“, also 30 Seiten voller Waffen und Ausrüstung, sowie ein paar magische Gegenstände. Prinzipiell also alles, was der Charakter braucht. Zu erwähnen ist dabei noch, dass die Waffen und Rüstungen bebildert sind, sodass sich ein neuer Spieler auch etwas darunter vorstellen kann und seinen Charakter besser zu visualisieren vermag.

Danach folgen nur noch ein Glossar und der Index.

Fazit: Mein einziger Kritikpunkt ist, dass Wizards of the Coast alle Charakteroptionen über zwei Bücher verteilt hat, statt sie in eines zu packen. Über den Inhalt des Buches selbst gibt es allerdings nichts zu meckern. „Heroes of the Fallen Lands“ eignet sich sehr gut für neue Spieler und bietet alten Hasen eine gute Ergänzung für ein normales „D&D 4.0“-Spiel. Prinzipiell kann man sogar mit nur diesem Buch schon spielen (wenn man sich selbst Monster ausdenken möchte und ansonsten gerne Regeln improvisiert), denn die Grundlagen werden erklärt. Die vorgestellten Klassen machen teilweise einen (positiven) Schritt zurück in Richtung „D&D 3.5“. Es handelt sich bei den „D&D Essentials“-Büchern zwar nicht um eine neue „D&D“-Edition, aber im Spiel fühlt es sich mehr „Old-School“ an, als das normale „D&D 4.0“. Für mich ein perfektes Buch für „D&D 4.0“-Anfänger; aber auch für Langzeit-„D&D“-Spieler definitiv zu empfehlen, da die neuen Character Builds und die neuen Feats und Optionen das Spiel interessanter und vielfältiger machen.


Heroes of the Fallen Lands
Regelwerk
Mike Mearls, Rodney Thompson, Bill Slavicsek
Wizards of the Coast 2010
ISBN: 978-0786956203
368 S., Softcover, englisch
Preis: $ 19,95

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