Hawkman Megaband 1 – Zeit der Finsternis

2011 rebootete der DC-Verlag sein gesamtes Superheldenuniversum unter dem Label „The New 52“, um die Helden moderner und für neue Leser einsteigerfreundlicher zu gestalten. Auch dem geflügelten Keulenschwinger Hawkman kratzte man die Patina vom Goldhelm und spendierte ihm mit „The Savage Hawkman“ eine eigene Serie.

von Bastian Ludwig

„Hawkman Megaband 1 – Zeit der Finsternis“ vereint die ersten zwölf Ausgaben der US-Serie „The Savage Hawkman“. Da DC mit seiner überarbeiteten Continuity ja unter anderem angetreten ist, um Neulesern den Zugang zu den verschiedenen Helden zu erleichtern, passt es gut, dass mir Hawkman zwar in verschiedenen DC-Crossover-Events und Fernsehserien immer Mal wieder untergekommen ist, ich mich aber nie näher mit dem geflügelten Superhelden befasst habe.

Für unbeleckte Zeitgenossen wie mich ist der Beginn der neuen Serie dann doch ein halber Kaltstart, denn die ersten Hefte präsentieren keine Origin-Story im herkömmlichen Sinn. Der Archäologe Carter Hall ist schon seit Längerem Hawkman, möchte allerdings seine zweite Identität hinter sich lassen und seine Rüstung verbrennen. Die lässt das allerdings nicht mit sich machen, verschmilzt wieder mit ihrem Wirt und beschert ihm auch gleich noch eine Teilamnesie, die es den Autoren praktischerweise ermöglicht, einen Carter Hall darzustellen, der seiner Vergangenheit gemeinsam mit den Leser auf den Grund gehen kann. Im Prinzip eine recht elegante Lösung, um eine über siebzig Jahre alte Figur neue einzuführen und die Leserschaft mit allen wichtigen Informationen zu versorgen.

Leider wird die Suche Hawkmans nach seiner Identität von den Autoren gleich erst einmal wieder zu den Akten gelegt. Stattdessen bekommt es der Superheld in den ersten vier US-Heften mit dem gefährlichen Außerirdischen Morphicius zu tun. Dabei macht die Serie von Anfang an klar, worauf es ihr ankommt: Action. Viel Action. Verdammt viel Action. Zu viel Action? In mehr als der Hälfte der Geschichte wird in irgendeiner Form gekämpft, geschrien, angegriffen. Natürlich sind Kämpfe ein essenzieller Bestandteil von Superhelden-Comics, allerdings sind sie nur dann gut, wenn sie als Höhepunkte eingebettet sind in eine spannende Geschichte mit Figuren, um die wir uns scheren. Eine solche zu erzählen, verpasst „Hawkman“ in den ersten vier Heften aber. Es ist schon klar und legitim, dass die Autoren die Auseinandersetzung mit Morphicius nutzen, um den Lesern erst einmal Hawkman und vor allem seine Kräfte vorzustellen. Für vier Hefte ist das aber einfach zu wenig Fleisch. Wir bekommen kein Gefühl für Carter Hall, weil wir ihn kaum in Interaktion mit anderen Menschen erleben, weil wir zu wenige Informationen über seine Wünsche und Bedürfnisse erhalten.

Und so fremd, wie uns Hall bleibt, so egal bleibt uns dann auch Hawkman und so uninteressant sind seine Kämpfe, zumal er sie gegen einen langweiligen Gegner auszufechten hat, dessen Charakterisierung über „Ist halt böse.“ kaum hinausgeht. Und um klarzumachen, wie Böse er wirklich ist, haut er immer wieder Dialogperlen der Marke „Ich bin Morphicius. Du solltest mich fürchten.“ und „Wir werden deine Welt verschlingen.“ raus, wenn er nicht gerade Hawkman – und damit dem Leser – erklärt, was eigentlich gerade auf den Panels passiert. Fast fühlt man sich an die naiv erzählten Superhelden-Comics der 60er Jahre zurückerinnert.

Im zweiten Handlungsbogen ab Heft 5 muss sich Hawkman einer Zombieinvasion in New York erwehren und deren Hintergrund aufdecken. Das ist schon etwas interessanter als der Auftakt, einfach weil wir ein bisschen mehr über den Big Bad und seine Motive erfahren, bleibt aber letztlich wieder nur die Skizze einer echten Erzählung und bringt uns auch nicht näher an die Hauptfigur heran.

In diesem Mittelteil des Bandes fällt ein Stilmittel von „The Savage Hawkman“ ganz besonders ins Auge: innere Monologe. Um der Figur Hawkman doch ein wenig Profil zu verleihen – und dabei gleichzeitig eine weitere Möglichkeit zu haben, dem Leser zu erklären, was gerade passiert – greifen die Autoren reichlich auf in grimmigem Ernst dargebotene Selbstreflexionen des Helden zurück, die tiefschürfend sein sollen, aber eher aufgesetzt erscheinen, da sie in Hawkmans Taten keine Entsprechung finden und deswegen behauptet wirken. Hier wäre ein bisschen mehr „show, don’t tell“ angebracht gewesen.

Gerettet wird das erste Hawkman-Jahr in seinem letzten Drittel, was nicht nur zufällig mit einem Wechsel beim Kreativteam zusammenfällt. Hawkman und seine Vergangenheit treten in den Vordergrund, die Machenschaften der Gegner stehen in direkterem Zusammenhang mit dieser Vergangenheit und Carter Hall wird etwas mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Die Kämpfe werden dadurch zwar nicht weniger, sie sind nun aber an die Figur gebunden und bekommen eine wesentlich höhere Relevanz. Hinzu kommt, dass gerade die Monologe nicht mehr so aufdringlich wirken und ein etwas entspannterer Ton die gewollte Ernsthaftigkeit der ersten acht Hefte ablöst. Und schon wird „Hawkman“ zu einer unterhaltsamen Sache, wenngleich Luft nach oben noch reichlich vorhanden ist. Ob die genutzt werden kann, muss sich zeigen. Viel Zeit bleibt dafür allerdings nicht, denn „The Savage Hawkman“ wurde in den USA mit Ausgabe 20 eingestellt.

Fazit: Die in „Hawkman Megaband 1 – Zeit der Finsternis“ zusammengefassten ersten zwölf Hefte von „The Savage Hawkman“ sind keine Perlen des Superhelden-Genres, dafür bleibt die Hauptfigur zu blass, die Action ist zu sehr Selbstzweck, die Geschichte fokussiert sich nicht auf die wirklich interessanten Aspekte des Charakters und die Dialoge lassen einem teilweise die Fußnägel hochklappen. Etwa ab Heft 9 wird das alles aber besser, was „The Savage Hawkman“ noch immer nicht zu einer guten, aber doch zu einer lesbaren Serie macht.


Hawkman Megaband 1 – Zeit der Finsternis
Comic
Tony S. Daniel u. a.
Panini 2013
ISBN: 978-3-86201-596-2
256 S., Softcover, deutsch
Preis EUR 24,00

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