Handbuch der Technologie

Das „Handbuch der Technologie“ erweitert den Hintergrund des Steampunk-Rollenspiels „Finsterland“. Auch die dritte Veröffentlichung des im Eigenverlag erschienen Rollenspiels bestätigt den positiven Eindruck, den das Grundregelwerk hinterlassen hat.

von Andreas Loos

 

Als ich das Grundregelwerk für das Rollenspiel „Finsterland“ rezensierte, fiel mir die recht bodenständig angelegte Technologieanwendung auf. Für ein Rollenspiel, das sich selbst im Bereich Steampunk verortet, schienen mir die meisten vorgestellten Technologien zu gewöhnlich, zu sehr an das reale ausgehende 19. Jahrhundert angelehnt.

Das „Handbuch der Technologie“ soll hier nun Abhilfe schaffen. Das Buch ist eine Sammlung verschiedenster Themen, die nicht alle direkt etwas mit Technologie zu tun haben. Es ist kein Ausrüstungskatalog, sondern vermittelt vor allem Hintergrundwissen über die Welt von „Finsterland“ und die Regeln zum Rollenspiel. Der Band selbst ist in der Qualität vergleichbar mit dem Grundregelwerk und dem „Almanach der Zauberkunst“: Ein stabiles Hardcover mit 164 griffigen Seiten, die durch gelegentliche Illustrationen aufgelockert werden. Die Bebilderung ist für ein Projekt im Eigenverlag als durchaus gelungen zu bezeichnen. Das Cover mit den beiden Männern, die auf dem obersten Flügel eines Doppeldeckers miteinander Kämpfen, entspricht in etwa der Qualität, die man im Inneren vorfindet. Dort sind die Bilder allerdings in Schwarz-Weiß gehalten. Wie schon im Grundregelwerk werden hier typisch österreichische Formulierungen verwendet, die dem Spiel meiner Meinung nach einen besonderen Charme verleihen.

Eine unterhaltsame Einleitung in Form einer Kurzgeschichte stimmt den Leser thematisch auf das Kommende ein. Das Handbuch teilt sich dann in verschiedene Kapitel auf: „Krieg“, „Technologie“, „Politik“, „Technologie für Spieler“, „Technologie für Spielleiter“, „Gegner“ und zum Ende ein Beispielabenteuer.

Das Kapitel „Krieg“ befasst sich zum einen mit einer detaillierteren Auseinandersetzung der Geschichte des Finsterlandes, als man sie im Grundregelwerk findet. Der zweite Themenkreis in diesem Abschnitt befasst sich mit der Organisation und dem Aufbau der Armeen. Es werden verschiedene Waffen und Fahrzeuge und ihre jeweiligen Einsatzbereiche beschrieben. Einzelne Abschnitte befassen sich auch mit der kümmerlichen Marine, der aufstrebenden Luftwaffe, verbotenen Kriegsmethoden wie Giftgas und Minen, sowie Kriegsverbrechen. Werte für diese Gerätschaften sucht man an dieser Stelle aber vergebens.

Den Abschluss des Bereichs „Krieg“ bildet eine ausführliche Beschreibung berühmter Einheiten des Finsterlandes. Insgesamt werden zehn militärische Einheiten unterschiedlichster Art auf jeweils zwei Seiten ausführlich vorgestellt. Um sich den typischen Angehörigen einer Truppe vorstellen zu können, wird die Uniform zum einen im Text beschrieben, zum anderen zeigt eine Schwarz-Weiß-Zeichnung, wie man sich einen Soldaten jeweils vorzustellen hat. Das hat mir richtig gut gefallen.

Das Kapitel „Technologie“ befasst sich mit den Technologien im Bereich Kommunikation, Verkehr, Industrie und Medizin. Auch hier findet sich nur informativer Text ohne konkrete Spielwerte. Besonders interessant fand ich den Bereich „Neue Materialien“, der dem Hintergrund endlich offiziell die fantastischen Möglichkeiten gibt, die man von Steampunk im Allgemeinen erwartet. Den Abschluss des Kapitels bilden bekannte Universitäten und wichtige Unternehmen. Man findet hierbei eine Vielzahl von Abenteuerideen und einiges an Lokalkolorit, den man in sein Spiel einbauen kann.

Das Kapitel „Politik“ befasst sich mit dem Aufbau des Kaiserreichs und einigen im Finsterland aktiven politischen Parteien und Strömungen. Eine Auswahl von Geheimdiensten und Geheimbünden bietet auch hier zusätzliches Hintergrundwissen, das man im Spiel direkt verwenden kann.   

Das Kapitel „Technologie für die Spieler“ bietet neben Beispielcharakteren auch neue Kampfspezialmanöver und andere besondere Kniffe, die einem Spieler, aber auch dem Spielleiter einen Vorteil verschaffen können und dem Spiel mehr Würze verleihen.

Daneben werden neue Organisationen, wie etwa der Automatistenverband, der Geheimdienst, die „Gesichtslose Masse“ oder eine Pilotenstaffel vorgestellt. Der Bereich „sonstige Hintergründe“ erweitert das Repertoire aus dem Grundregelwerk um neue Automaten, Machinae („Cyberware“) und exotischen Fahrzeugen, die man mit Erfahrungspunkten erwerben kann. Besonders die bizarren Machinae, exotische künstliche Körperteile, fand ich faszinierend. Spieler, die im Verlauf des Spiels etwas erfinden wollen, finden in diesem Kapitel auch das passende Regelwerk. Eine Aufzählung von Ausrüstungsgegenständen, Waffen und einigen spezialisierten Kampfregeln schließen das Kapitel ab. Die Gegenstände sind nicht sonderlich exotisch, Fallschirme und Maschinengewehre und primitive Waffen seien hier genannt. Da hatte ich mir für Steampunk schon etwas Fantastischeres erwartet, auf der anderen Seite war das Maschinengewehr im 19. Jahrhundert eine revolutionäre neue Waffe, welche die Kriegführung maßgeblich verändert hat.

Das Kapitel „Technologien für den Spielleiter“ dagegen enthält vor allem Tipps zur Gestaltung verschiedener Kampagnen, entsprechende Abenteuerideen, Orte, die für Abenteurer von besonderem Interesse sein könnten, Regeln, die besondere Gefahrensituationen behandeln, und Mechanismen, welche die fantastischen neuen Materialien mit Regeln verbinden.

Das Kapitel „Gegner“ bietet dem Spielleiter nicht nur eine ausführliche Beschreibung einer Geheimgesellschaft, sondern auch eine Vielzahl von Spielwerten für verschiedene Gegner, die er den Spielern entgegensetzen kann. Ein besonderes Augenmerk gilt den Eisenmeistern und ihrer unterirdischen Welt. Die Informationen gehen weit über das hinaus, was man im Grundregelwerk erfahren konnte; die Karte über die unterirdischen Herrschaftsbereiche fand ich sehr schön, obwohl sich der praktische Nutzen wohl in Grenzen hält.

Den inhaltlichen Abschluss bildet ein zwanzig Seiten zählendes Abenteuer, in dem die Charaktere mit der Eisenbahn eine Geheimwaffe eskortieren und sich dabei natürlich gegen viele unterschiedliche Gegner zur Wehr setzen müssen. Das Abenteuer ist solide geschrieben und bietet den Spielern relativ viel Spielraum, obwohl die Eisenbahnfahrt „Railroading“ im Spiel fast unausweichlich macht.

Fazit: Das „Handbuch der Technologie“ bereichert das Rollenspiel „Finsterland“ um eine große Menge interessanter Hintergrundinformationen. Das Buch ist mit viel „Wiener Herzblut“ geschrieben und mehr als ein reiner Ausrüstungskatalog, wie ich zuerst vermutete. Mit diesem Band bekommt endlich der Punk in den Steam bei „Finsterland“, das bisher etwas bieder im Bereich Technologie daher kam. Obwohl das Buch für jeden etwas bietet, ist es wohl am besten in den Händen eines Spielleiters aufgehoben. Das Hintergrundwissen ist für diesen wohl am wichtigsten. Wer mehr über die Technologie des Finsterlandes erfahren möchte, kommt an diesem Buch nicht vorbei.


Handbuch der Technologie
Quellenbuch
Georg Pils, Gregor Eisenwort
Georg-Pils-Verlag 2012
ISBN: 978-3-9503270-1-4
164 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 25,00

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