Gabriel Burns 13: Die Kommission

Schnell, stoppt die Druckerpressen. Schafft mir die Titelseite frei. Ich habe die Schlagzeile des Tages: „Gabriel Burns“, das Dauerbrenner-Mystery-Hörspiel von Volker Sassenberg und Raimon Weber, liefert Antworten. Definitive Antworten. Und sie machen sogar Sinn!

von Christian Humberg

 

Unter der Oberfläche liegt die Zukunft

Wir erinnern uns: Joyce Kramer und Bakerman befinden sich noch immer in den Stollen von Carmangay auf der Suche nach dem dortigen Ammoniten, jenem seltsamen Gebilde, das in mehrfacher Ausführung an den so genannten zehn „fahlen Orten“ aufgetaucht ist. Dumm nur, dass dieser Ammonit hier offenbar noch einen Kumpel dabei hatte – ein tödliches Ungeheuer fällt über sie her. Cliffhanger.

Nur mit Glück und letzter Kraft gelingt es den beiden, dem Monster zu entkommen. Doch finden sie in seinem Unterschlupf eine weitere erschreckende Erkenntnis: Die Kreatur, die offensichtlich aus dem Ammoniten entsprang, hat an den Stollenwänden Zeichnungen hinterlassen. Diese zeigen einen der grauen Engel sowie eine Karte aller fahlen Orte der Erde. Hmmm, denkt sich der aufmerksame Hörer, da kommt mir doch ein Verdacht...

Doch es wird noch konkreter: Aus seiner medialen Vergangenheitsbewältigungssession mit Yellow Ma kommend, wird Steven Burns sogleich über das Schicksal von Joyce Kramer und Bakerman informiert. Zwar ist ihm das Wohl und Wehe des mysteriösen Schotten mittlerweile völligst schnurz, doch reist Steven umgehend nach Carmangay, um zu retten, was noch zu retten ist. Dort trifft er auf die beiden Kollegen und tut endlich das, wozu ihn sein Gewissen schon seit langem drängt: Er stellt Bakerman zur Rede. Was folgt, ist abermals eine Geschichte in der Geschichte, als sich Bakerman an eine Episode aus seiner bewegten Vergangenheit erinnert.

Kopfkino? Quatsch, das ist ein Kopfepos!

Wir hatten das schon einmal. Episode 7 „Die Fänge des Windes“ lieferte uns schon einen untypischen „Burns“, da sich der Großteil der Geschichte mit einer Erzählung Bakermans befasste. Wie ich damals schon schrieb, war dieser Ausflug aufschlussreich, spannend und sehr gekonnt inszeniert. „Die Kommission“ steht diesem in nichts nach.

Auf die Frage nach seiner Vergangenheit berichtet Bakerman dem entsetzten Steven Burns von einem Erlebnis von vor 32 Jahren. Bakerman, damals Mitarbeiter der Trudeau-Kommission, ist mit zwei Kollegen (darunter der originale Luther Niles!) auf dem Weg nach Fairlane, einem Hochsicherheitsgefängnis in der eisigen Einöde des Landes. Dort haben sich mehrere Morde ereignet, die man aufklären soll. In Fairlane angekommen, merkt das Team aber schnell, dass hier mehr passiert ist. Viel mehr. Leichen liegen überall. Teils bestialisch niedergemetzelt, teils aber auch mit seltsamen Verfärbungen der Haut bestückt, pflastern sie nahezu das Gelände. Auffallend ist, dass sich die „Schlachtungen“ (passenderweise nannten die Insassen ihr Gefängnis auch „At the butchers“) auf Erwachsene bezogen, die wenigen hier lebenden Kinder (Angehörige der Wärterfamilien) wurden von dem Gemetzel verschont. Dass dies kein Zufall ist, wird dem Team schnell klar, als ein verwirrter Mann ihre Anwesenheit mit „Hau ab, Du bist zu alt. Ich kann Dich nicht riechen“, kommentiert.

Und es wird noch seltsamer. Bei der Sichtung des Geländes stößt Bakerman auf einen vielleicht zweijährigen Jungen, der nicht zu den Bewohnern Fairlanes zu gehören scheint. Bakerman will sich des Kindes annehmen, da stürzt sich ein grauer Engel auf ihn. Doch bevor dieser Angriff ausgeführt werden kann, verschwindet das Ungetüm plötzlich und spurlos. Sollte etwa der Junge ihn weggezaubert haben...

Lobet den Herrn, es macht Sinn

Ich gestehe: Ich hatte schon mit einem „Akte-X“-Finale gerechnet, also mit der zu späten Erkenntnis der Macher, dass sie all ihre Handlungsstränge und Verschwörungstheorien niemals zu einem sinnigen und stimmigen Endergebnis führen können. Und das hätte mich nicht einmal großartig gestört: „Gabriel Burns“ liefert mit jeder neuen Fortsetzung hochwertig produzierte und verfasste Abenteuerkost für die Ohren, mehr verlange ich gar nicht.

Doch spätestens mit dieser Episode wird deutlich, dass dem ganzen Wust an Geschichten und Nebenschauplätzen ein wirklich erschreckendes Grundgerüst zugrunde liegt. Und in „Die Kommission“ erhalten wir einen mehr als deutlichen Einblick in eine zentrale Facette dieses Gerüstes. Plötzlich fallen viele der in den vergangenen Folgen aufgebrachten Puzzlesteine automatisch an die richtigen Stellen und dem Stammhörer zeigt sich ein erschreckendes Bild: Wer ist Steven Burns? Pah, die Frage lautet eher: Was ist Steven Burns? Und genau wie dieser hat am Ende dieser vorzüglichen Episode auch der Hörer durchaus Angst vor der Antwort. Wie sagt der Booklettext immer so schön? „Es ist an der Zeit, dass Sie die Wahrheit erfahren.“ Recht hat er.

Fazit: „Be careful what you wish for.“ So sagt der weise Engländer, nach „Die Kommission“ wird ihm auch die Fangemeinde von „Gabriel Burns“ zustimmen. Denn diese Episode der herausragenden Hörspielreihe liefert erschreckende Antworten auf lang gehegte Geheimnisse der Geschichte. Was hier geschieht, verändert Grundlagen und führt die Serie auf ein neues Level.


Gabriel Burns 13: Die Kommission
Volker Sassenberg, Raimon Weber
Universal 2005
ISBN: B0009UBY3I
1 CD, 60 min., deutsch
Preis: EUR 7,99

bei amazon.de bestellen