Fritz Leiber’s Fafhrad und der Graue Mausling

Es gibt Klassiker, zeitlose Klassiker, Klassiker, die jeder kennt, und eben auch solche Klassiker, die schon immer irgendwie einen schweren Stand in ihrem Genre hatten. Und blickt man auf die postumen Erfolge von Lovecraft (Cthulhu) oder Howard (Conan), dann mag dieses Urteil vor allem auf Fritz Leiber zutreffen.

von Dominik Cenia

 

Dabei standen die Chancen für den Amerikaner Fritz Reuter Leiber jr. anfangs gar nicht so schlecht. Als Spross einer Schauspielerfamilie 1910 in Chicago geboren, studierte Fritz Leiber zuerst Philosophie und dann Psychologie, um später als Redakteuer, Schauspieler in Nebenrollen, Sprachlehrer und schließlich als freischaffender Autor zu arbeiten.

Auch Fritz Leiber war ein Kind des „Pulp“. Er stand in engem Briefkontakt mit H. P. Lovecraft, und seine Geschichten erschienen damals in den üblichen bekannten Magazinen wie z. B. „Weired Tales“ oder „Unknown“. Allerdings waren Leibers Geschichten schon immer ein wenig „andersartig“, da er sich als Autor darauf verstand, nicht in Genres zu denken, sondern frei nach seinen eigenen Vorstellungen zu schreiben. Seine Fantasy- und Science-Fiction-Geschichten waren ernsthaft durchdacht, stilistisch vielschichtig und auf eine gewisse Weise trotzdem gegenwärtig. Leiber war nie so einfach und schnell zu lesen wie Howard oder Lovecraft. Seine Geschichten fesseln nicht sofort, sondern entfalteten erst langsam ein urbanes Netzwerk aus verschiedenen Ansätzen, Ideen und Eindrücken. Mit ein Grund, warum Leiber wohl nie den Status eines Lovecraft oder Howard erreichen konnte. Er war einfach zu schwer zu vermarkten.

Später wurde Leiber von den Ideen und Werken des Psychologen C. G. Jung (Mystik, Archetypen, Traumpsychologie, Unterbewuststeinsforschung) geprägt, was sich auch in seinen eigenen Werken niederschlug. Nach dem Tod seiner Frau hatte Leiber viele Jahre mit einem Alkoholproblem zu kämpfen, ehe er sich wieder dem Schreiben zuwenden konnte. 1992 verstarb Fritz Leiber. Er hinterlies zahlreiche mit Preisen ausgezeichnete Romane und Kurzgeschichten. Seine wichtigsten und bekanntesten Werke waren jedoch die Abenteuer von Fafhrad und dem Grauen Mausling.

Mag auf den ersten Blick die Geschichte recht klassisch dem „Sword and Sorcery“-Gerne zugeordnet werden, erkennt man bei genauerem Hinsehen die besonderen Eigenheiten von Leibers Charakteren. Fafhrad, der muskelbepackte Nordling, und Mausling, der geschickte und charmante Dieb, bilden ein fast unzertrennliches Gaunerduo, das in der phantastischen Welt Newhon zu Hause ist. Hier steht die Stadt Lankhmar. Eine Art phantastisches, mittelalterliches Manhatten der 1930er Jahre. In den düsteren Gassen dieser Stadt treibt sich allerlei Gesindel herum. Diebe, Mörder, finstere Zauberer und leichte Mädchen. Sie alle sind nur auf ihren eigenen Vorteil aus. Glanzvolle Helden? Die gibt es in Lankhmar nicht…

Fafhrad und der Graue Mausling stehen in diesem Szenario irgendwo zwischen den Stühlen. Auch sie sind Gauner, Diebe, Betrüger und Halsabschneider, werden dabei aber von ihren eigenen Wertevorstellungen und einem eigenen Ehrenkodex getrieben. Dem Wein oder schönen Frauen gegenüber sind sie niemals abgeneigt, und doch wirken sie wie zwei edle fahrende Ritter, die mit Charme, Witz und Gerissenheit dem Schicksal stets aufs Neue ein Schnippchen schlagen können.

Leibers Ausflüge nach Newhon beziehungsweise Lankhmar sind demnach nicht nur Fantasy, sondern auch Krimi, Satire und Erotik zugleich. Aber natürlich werden dabei nicht alle Grenzen über den Haufen geworfen. Frauen sind weiterhin bezaubernd schön, finstere Zauberer von grundauf böse und hässlich und Magie ist grundsätzlich dem starken Willen und dem Schwert unterlegen. Hier folgt Leiber dann doch wieder bekannten Pfaden, auch wenn seine Welt im Vergleich zu anderen Schöpfungen relativ magie- und monsterarm erscheinen mag.

Wirft man nun einen Blick auf den gleichnamigen Comic-Band von Mike Mignola, Al Williamson und Howard Chaykin, so fällt es einem ebenfalls schwer, das Werk irgendwo einzuordnen.

Auf fast 200 Seiten wird geschildert, wie sich Fafhrad und der Grause Mausling kennen lernen und mit dem Freud und Leid von Lankhmar ringen. Das Duo verlässt die Stadt und bereist die Welt Newhon, nur um später wieder zurückzukehren und erneut in die Tretmühlen des Schicksals von Lankhmar zu gelangen. Sie kämpfen gegen finstere Zauberer, Geisterhunde oder Wesen aus anderen Dimensionen. Ihre Wege trennen sich und führen unverhofft wieder zusammen. Und am Ende bleibt eigentlich nicht viel mehr zu sagen, als dass die Abenteuer des Duos wohl niemals ein Ende nehmen werden. Das ist Leiber in Reinform, und Zeichenlegende Mignola hat sie entsprechend in Szene gesetzt.

Doch bleibt beim Lesen dieses früheren Werkes von Mignola (der Band ist schonmal in den 1990ern erschienen) ein etwas fader Beigeschmack zurück. Im Vergleich zu späteren „Hellboy“-Werken wirkt Mignolas Hand noch nicht klar erkennbar. Manche Gesichtsausdrücke scheinen irgendwie fehl am Platz zu sein und durch die Farben von Sherlyn van Valkenburgh fehlt sein sonst übliches Spiel von Licht und Schatten völlig. Was die Farben angeht, sind diese für ein Szenario wie Lankhmar zwar durchaus passend ausgesucht worden, aber es fehlt mir insgesamt ein wenig an dem Funken, der einfach nicht überspringen will.

Auch Autor Howard Chaykin hatte wohl scheinbar so seine Probleme mit diesem Gesamtkonzept. Zum einen wirken die Erzähltexte und Dialoge durchaus „Leiber typisch“, zum anderen fällt es dem Leser manchmal schwer, dem Verhalten der Protagonisten oder den Ansätzen der Geschichte zu folgen. Die Dinge passieren einfach. Alles folgt seinem eigenen Tempo. Mal langsam, mal schnell. Aber niemals einheitlich. Das macht es irgendwie schwer, Fafhrads und Mauslings Entwicklung nachzuvollziehen.

Der Comic zu Fahfrad und der Graue Mausling gehört einfach zu jenen Bänden, für die man sich zum Lesen etwas mehr Zeit nehmen muss. Zwar sagen Bilder und Texte etwas aus, aber erst wer die Kombination von beidem genauer betrachtet, entdeckt was hinter dem Comic steckt. Für mich ist „Fafhrad und der Graue Mausling“ ein Stückchen „film noir“ der Comic-Literatur: düster und etwas sperrig im Konsum, aber doch faszinierend.

Fazit: Cross Cult hat auf alle Fälle einen mutigen Schritt gewagt, diesen doch recht schwer zugänglichen Band herauszubringen. Rein technisch ist das Experiment auf jeden Fall gelungen. Aber ob die Geschichte auch ihre Leser finden wird, bleibt abzuwarten. Alleine zum Andenken Leibers wäre es natürlich wünschenswert.


Fritz Leiber´s Fafhrad und der Graue Mausling
Comic
Howard Chaykin, Mike Mignola, Al Williamson, u.a.
Cross Cult 2007
ISBN: 9783936480610
205 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 22,00

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