Fiese Verliese

Wer sich schon immer gefragt hat, wie die „andere Seite“ denkt und fühlt, wenn er ein Dungeon von Monstern und Schätzen reinigt, kann mit „Fiese Verliese“ diese Wissenslücke füllen. Aus dem Hause Pegasus kommt die Übersetzung von „Dungeonville“, im Original bei Z-Man Games auf Englisch erschienen.

von Michael Wilhelm

 

Einige Jahre schon ist es her, dass Blizzard mit dem Computerspiel „Dungeon Keeper“ einen Paradigmenwechsel auslöste. Erstmals in der Geschichte des Dungeoncrawling verkörperte der Spieler nicht die ehrenhaften Helden, die ausgezogen waren, finstere Monster zu besiegen, ein Königreich zu verteidigen, den bösen Drachen zu erschlagen oder was auch immer tapfere Recken so zwischen Frühstück und Feierabend treiben, um ihre Brötchen zu verdienen. In „Dungeon Keeper“ galt es, neben marktwirtschaftlichem Gespür für die richtige Auswahl an Infrastruktur (sprich: Fallen) und Angestellten (sprich: Monstern) auch architektonisches Geschick zu zeigen.  

Bei „Fiese Verliese“ ist die Architektur des eigenen Dungeons vollkommen egal. Weitaus wichtiger ist, welchen Bodycount an Helden das eigene Domizil fordert. Hierzu treten bis zu fünf Spieler ab zehn Jahren in Wettstreit zueinander, um herauszufinden, wessen Verlies das tödlichste am Ort ist. Der nennt sich Blutbadhausen, wobei man sich fragt, wer hier stille Post gespielt hat, denn anders ist diese „Übersetzung“ von „Dungeonville“ kaum zu erklären.

Wie auch immer, auf dem bunten Papp-Spielplan wird neben den fünf Dungeons der Spieler auch die Stadt selbst mitsamt zugehöriger Abenteuer-Infrastruktur wie Tempel, Gasthof, Taverne und Friedhof dargestellt. Zu Beginn jeder Runde werden dort Abenteurer angeheuert und dann in gegnerische Dungeons losgelassen. Dabei gilt es, zu beachten, dass nicht bekannt ist, welchem Spieler welches Dungeon gehört. Man sollte also auch aufpassen, sich nicht zu früh durch offensichtliches Spiel zu offenbaren.

Die Abenteurer verfügen nicht nur über unterschiedliche Stärke in Bezug auf die fünf verschiedenen Dungeons, sie können auch unterschiedlich viele Schätze mit sich führen. Der kampfstarke Meinhard Meuchler, seines Zeichens Assassine, ist ein starker Kämpfer, aber miserabler Schatzträger, während am anderen Ende des aus 64 Helden bestehenden Spektrums Matze der Maulesel größte Packer- aber keine Kämpferqualitäten aufweisen kann. Dazwischen finden sich allerlei Zauberer, Hexen, Barbaren, Druiden, Gnome und Paladine der unterschiedlichsten Stärken und Schwächen.

Die Helden treten gegen die dem jeweiligen Dungeon individuell zugeordneten 32 Verlieskarten an. Darin finden sich Schätze, aber auch verschiedenste lebensgefährliche Gefahren. Da letztendlich der Spieler gewonnen hat, der zuerst sieben Todesopfer im eigenen Verlies gefordert hat, wobei von diesen Trophäen eigene Opfer in feindlichen Verliesen abgezogen werden, gilt es also nicht nur, die eigenen Helden erfolgreich durchzubringen, sondern auch mit ein wenig Glück genug gegnerische Helden ins eigene Dungeon zu locken und zu vernichten.

Illustriert ist das ganze Spiel, inklusive Spielplan und aller Abenteurer- und Verlieskarten, von niemand Geringerem als dem großartigen John Kovalic. Sicher hat der Humor des amerikanischen Originals unter der Übersetzung gelitten. Auch an „Munchkin“ ist diese nie spurlos vorübergegangen. Dennoch hat Pegasus das Bestmögliche aus der Umsetzung ins Deutsche gemacht. Und dass Spiel- und Bildmaterial erstklassig sind, darf vorausgesetzt werden.

Fazit: „Fiese Verliese“ ist eine humorvolle Dungeoncrawl-Parodie; für alle Rollenspieler mit der nötigen Prise Selbstironie wärmstens empfohlen. Stimmungsvolle Illustrationen, kurzweilige und dynamische Regeln und ein innovatives Konzept sollten für so manches unterhaltsames Intermezzo zwischen „ernsthafteren“ Spielen sorgen.


Fiese Verliese
Brettspiel für 2 bis 5 Spieler
James Earnest, Mike Selinker
Pegasus 2006
ASIN: 3937826823
Box mit Spielplan, Heldenkarten, Verlieskarten
Preis: ca. EUR 19,95

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