Dabei werden in dem Quellenbuch nicht nur die typischen Attraktionen, Stände und Kuriositäten der kunterbunten und manchmal bizarren Jahrmarktswelt beschrieben, sondern auch allerlei fahrendes Volk, Zigeuner, Wahrsager und Schießbudenbesitzer. Die Latte der NSCs ist dabei wie immer atemberaubend umfangreich und spannend. Schon beim Lesen bekommt man als geneigter Spielleiter Lust, seine Gruppe durch Wachsfiguren- und Spiegelkabinette voller bizarrer Schausteller, verwachsener Kunstmenschen und schrecklicher Clowns zu schicken.

Der abgedruckte Plan eines typischen Jahrmarkts mit Zigeunerlager erleichtert es dem Spielleiter zusätzlich, einen entsprechenden Ausflug in die Welt der Schausteller vorzubereiten. Hinzu kommen außerdem wieder einmal die für die deutsche „Cthulhu“-Redaktion typischen, detaillierten geschichtlichen Hintergrundinformationen und Fakten.

Der Leser erfährt viel über die Vergnügungslust der Menschen zu Zeiten der Weimarer Republik und über die Entstehung bekannter Jahrmärkte und Feste. Dieser Ausflug in die Volks- und Landeskunde wird dabei durch zahlreiche phantastische zeitgenössische Photos und Plakate unterstrichen.

Um das Gelesene gleich in die Tat umzusetzen, beinhaltet das Buch außerdem drei Abenteuer, die sich mit den typischen Schrecken bizarrer Jahrmarktwelten beschäftigen. Bei all den kunterbunten und unheimlichen Gestalten bedarf es schon fast keines „Cthulhu“-Mythos‘ mehr, um die Spieler in Angst und Schrecken zu versetzen.

Alle drei Abenteuer bieten den Spielern trotz des an den Jahrmarkt gebundenen Szenarios viele Freiheiten für eigene Nachforschungen und Lösungen. Obwohl vom Quellenmaterial her die Beschreibung der Jahrmärkte eher auf Deutschland bezogen ist, spielen die Abenteuer auch an anderen Orten, wie beispielsweise London. Die angegeben Beschreibungen der einzelnen Buden, Zelte und Vergnügungen lassen sich aber recht universell einsetzen und verwenden. Alle drei Abenteuer verlangen von den Charakteren ziemlich viel Kriminalarbeit, sodass man als Spielleiter von Zeit zu Zeit die rauchenden Köpfe seiner Spieler ruhig mit etwas Jahrmarktszauber zur Abkühlung bringen sollte.

Mein persönlicher Anspieltipp ist das erste Abenteuer, „Eine Frage der Perspektive“, wobei aber auch die anderen Abenteuer in Sachen Spannung und Atmosphäre ebenfalls sehr gut gelungen sind.

Das Buch ist also in allen Bereichen überaus gelungen. Allerdings muss man sich als Spielleiter natürlich die Frage stellen, wie lange so ein Jahrmarkt für die eigenen Spieler von Interesse sein kann. Denn spätestens nach dem fünften oder sechsten Besuch in einer Schieß- oder Losbude ist man der Jahrmarktsatmosphäre überdrüssig. Spielleiter sollten Jahrmärkte also nicht allzu inflationär verwenden, da sonst der Budenzauberer dieser bizarren Welt schnell verloren geht und sich abnutzt.

Fazit: „Festival obscure“ ist über alle Zweifel erhaben, ein geniales und spannendes Quellenbuch. Die über 170 Seiten sind gefüllt mit hochinteressanten Informationen, Abenteuerideen und viel Quellenmaterial, das sich perfekt für „Cthulhu“ eignet. Zahlreiche Handouts, zeitgenössische Werbung und Photos unterstreichen nur noch die hohe Qualität des Buches. Und wie ich in der Einleitung schon erwähnte: Wann bekommt man mal die Möglichkeit, „Cthulhu“ auf dem Münchner Oktoberfest zu spielen? Das Buch erzeugt die richtige Stimmung dafür. Ich werde auf jeden Fall in Zukunft mit wachsamen Augen an dunklen und verschlossenen Jahrmarktzelten vorbeigehen. Wer weiss, was sich dahinter verbirgt.