Ex Machina 4: Am Vorabend des Krieges

Einst war Mitchell Hundred ein einfacher Bauingenieur, bis er 1999 im New Yorker Hafen einen seltsamen Unfall erlitt, der ihm die Kraft verlieh, mit elektronischen und mechanischen Gegenständen zu sprechen und ihnen Befehle zu erteilen. Als „The Great Machine“ versuchte er für die New Yorker ein Held zu sein, doch die meisten Leute beäugten sein Treiben eher kritisch. Schließlich hängte er seinen Job an den Nagel, um als Bürgermeister von New York etwas zu bewirken. Die Comic-Serie „Ex Machina“ erzählt seine Geschichte.

von Bernd Perplies

 

Im vierten Band der Reihe von Brian K. Vaughan, Tony Harris und Chris Sprouse befinden wir uns „Am Vorabend des Krieges“, womit der Zweite Irakkrieg gemeint ist; für Mitchell Hundred eine mehr als schwierige Zeit. Als Bürgermeister von New York muss er sich vier Kapitel lang mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit die Sicherheit der Bewohner des Big Apples die Einschränkung von persönlichen Freiheiten rechtfertigt. Bei einer Friedensdemonstration kommt es zu einem Giftgasanschlag – und plötzlich wird aus einer politischen Frage eine persönliche. Obwohl er sich geschworen hat, seine Kräfte nicht mehr einzusetzen, zieht Hundred los, um die Drahtzieher des Anschlags zu finden.

In einer zweiten Geschichte, die aus zwei Kapiteln besteht, geht es zwei Jahre in die Vergangenheit, ins Frühjahr 2001. Wir befinden uns damit noch vor dem Angriff von 9-11 auf die Twin Towers, durch dessen teilweise Verhinderung „The Great Machine“ berühmt wurde. Ein Tontechniker ergattert eine Aufnahme der Stimme von Mitchell Hundred, als dieser gerade einer TV-Kamera einen Befehl gibt. Durch einen Unfall erhält auch er eine sehr spezielle Gabe: die, mit Tieren zu sprechen. Das Leid der Tiere in New York lässt ihn einen Rachefeldzug beginnen, bei dem er jedes Maß vergisst. Natürlich kann „The Great Machine“ so einen Irren nicht ignorieren.

Autor Brian K. Vaughan setzt auch im vierten „Ex Machina“-Band auf die bewährte Mischung aus Gesellschaftskritik und Superheldenstory. Diese zwei Pole, die das Leben und Wirken von Mitchell Hundred alias „The Great Machine“ so deutlich von normalen Comic-Helden-Stories abhebt, werden besonders in den beiden hier versammelten Geschichten deutlich. „Am Vorabend des Krieges“ ist fast durchgehend von einem gesellschaftspolitischen Kommentar des Autors zum Stand der Dinge in den USA im Jahr 2003 durchzogen. Der Einsatz von Hundreds spezieller Gabe erhält beinahe etwas Anrüchiges, etwas Gesetzeswidriges.

„Leben und Tod“ dagegen kommt mit seinem Kampf zwischen „The Great Machine“ und seinem Widersacher wie eine klassische Helden/Schurken-Geschichte daher, inklusive Standardsituationen wie Geiselnahme und feurigem Showdown. Dabei ist es sicher kein Zufall, dass diese Episode noch vor der 9-11-Katastrophe angesiedelt ist, in einer Zeit, in der Mitchell Hundred sich und seine Kräfte noch am Erproben ist und gemeinsam mit zwei treuen Gefährten versucht, sich als typischer Superheld und Helfer der Menschen von New York zu etablieren (auch wenn diese das zum größten Teil nicht zu schätzen wissen).

Visuell wird unverändert auf blasse Farben gesetzt – vielleicht weil „The Great Machine“ nur ein fahles Abbild von Helden wie Superman, Spider-Man und Co ist oder weil die Welt, metaphorisch gesprochen, nicht in satten, eindeutigen Farben existiert, sondern eher in Schattierungen? Die Figuren werden in wenigen gezielten Strichen realistisch zum Leben erweckt, was wohl nach wie vor daran liegt, dass die Illustrationen auf Fotos basieren, die von Tony Harris (wie im Anhang von Band 1 der Reihe beschrieben) als Zeichenhilfe geschossen werden. Dieser „realistische“ Stil passt sehr gut zu dieser Art von Geschichten, wenngleich die Gesichter der Figuren manchmal seltsam verzerrt wirken.

Fazit: Auch im vierten Band der Reihe „Ex Machina“ gelingt es Autor Brian K. Vaughan vorzüglich, aktuelle  Gesellschaftskritik mit einem Spritzer Superheldentum, Kriminalgeschichte und persönlichem Drama interessant aufzubereiten. Wie spannend die „Realität“ sein kann, wird vor allem deutlich, wenn man die beiden vorliegenden Geschichten vergleicht. Während „Leben und Tod“ durch seine klassische Gut-Böse-Story eher gewöhnlich ist, fesseln die Geschehnisse in New York „Am Vorabend des Krieges“ sowohl von ihrer gesellschaftlichen als auch persönlichen Seite absolut, obwohl hier praktisch nichts „super“ ist. Für Comic-Leser, die von ihrer Lektüre mehr als nur wilde Schlägereien bunt gekleideter Gestalten erwarten, eine echte Empfehlung.


Ex Machina 4: Am Vorabend des Krieges
Comic
Brian K. Vaughan, Tony Harris
Panini Comics 2008
ISBN: 978-3-86607-546-7
144 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,95

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