Elric - Die Erschaffung eines Hexers

Mit „Elric – Die Erschaffung eines Hexers“ präsentiert Autor Michael Moorcock einen weiteren Teil seiner unerschöpflichen Saga rund um den „Ewigen Helden“ Elric von Melniboné und sein schwarzes Schwert Sturmbringer. Diesmal aber schwingt der tragische Albino-Lord seine magische Runenklinge nicht in einem weiteren Roman, sondern in einem vollwertigen Comic-Band aus der Feder von Walter Simonson. Und…was soll ich nur schreiben…macht euch auf das Schlimmste gefasst!

von Dominik Cenia

 

Vorab ein paar Worte zu meiner Person. Ich liebe die Figur des Elric und ich liebe Moorcocks Romane über den „Ewigen Helden“. Ich habe sowohl die „Elric-Saga“ als auch „Corum“ als auch „Falkenmond“ und den „Ewigen Helden“ gelesen. Ich spiele das „Sturminger“-Rollenspiel seit der Deutschen Ausgabe von Citadel/Laurin und bin auch sonst ein großer Fan des „Dark Sword and Sorcery“-Genres. Kurz gesagt… ich bin ein Elric-Fanboy… ein Stormbringer-Nerd… ein Multiversum-Geek. Frag mich, was du wissen willst, und ich bete dir einen sechstündigen Vortrag über die Ausbreitung von Melniboné unter dem Einfluss der Chaoslords in den letzten zehntausend Jahren vor. Ich mache dir das Leben zur Hölle, denn ich zähle dir alle Rollenspiel-Publikationen zu „Stormbringer“ auf, die es in den letzten 20 Jahren gegeben hat. Jaaa… fürchte dich und erzittere! :-)

Okay, kommen wir zuerst zu den guten Sachen…

Ein 200 Seiten dicker und vollfarbigen „Elric“-Comicband, aus der Autorenfeder von M. Moorcock höchstpersönlich, der die Vorgeschichte des jungen Elric vor der eigentlichen Handlungen in den Romanen erzählt. Gut, dass klingt nicht allzu schlecht.

So, und leider war’s das auch schon mit den guten Sachen.

Dabei liegt es gar nicht mal so sehr an dem Zeichner Walter Simonson, der hier zwar eine ordentliche, aber leider dennoch eines Elric unwürdige Arbeit abgeliefert hat. Nein, es liegt einzig und allein an Moorcocks scheinbar wahnwitziger Vision, aus einer an sich seit Jahrzehnten bestehenden Fantasy-Welt etwas völlig Neues machen zu wollen.

Aber von Anfang an…

Walter Simonson ist bekannt für seine Zeichnungen von verschiedene Marvel- und DC-Comics (u. a. Thor oder Orion). In meinen Augen ist er damit ein waschechter Vertreter des „schnellen“ Superhelden-Comic-Heft-Zeichenstils. Nicht allzu verspielt und detailliert, aber mit einem klaren Fokus auf die eigentliche Action in den Panels. Für einen „Elric“ ist Simonson allerdings so ungeeignet, wie ein Frank Miller für ein „Lustiges Taschenbuch“.

Simonson ist es zwar schon gelungen, ein paar phantastische Dämonen zu zeichnen. Und auch seine Zeichnungen der melnibonéischen Architektur, Rüstungen und Schiffe sind durchaus gelungen. Aber damit ist sein Pensum auch schon erschöpft.

Elric sieht aus wie eine Mischung aus einem verzogenem, kleinen Bengel und der Titelfigur eines Hausfrauen-Groschenromans. Ich meine… hey… was ist mit Chris Achilleos phantastischem Gemälde von Elric vor der träumenden Stadt Imrryr? Was ist mit Michael Whelans filigraner Interpretation des bleichen Lords? Oder Alain Gassner? Oder Frank Brunner? Sind das etwa keine Künstler, an denen man sich mal zumindest ein wenig hätte orientieren können? Immerhin haben diese Zeichner das Bild von Elric und den Jungen Königreichen seit den späten Achzigern geprägt!

Aber was bekommen wir dafür von Simonson? Eine würdelose Interpretation von Grome, der eher wie ein Cyberpunk als wie ein Herr der Erde aussieht. Und eine Ausgabe von Straasha, die eine Kreuzung aus einem aufgeblähten Seepferdchen und dem Martian Manhunter darstellt.

Doch es geht noch weiter. Selbst das Volk der Melnibonéer ist unter Simonson nicht das, was es mal war. Vorbei sind die Zeiten der feingliedrigen, schönen und von dunkler Eleganz umgebenen Gestalten. Die meisten Melnibonéer sehen einfach nur noch aus wie langhaarige Hippies, geschmückt mit Indianerfedern und Totems. Und Yyrkoon ist plötzlich nur noch ein tätowierter Glatzkopf. Ein Schläger, der einfach gar nichts mehr mit der bizarren und vom Wahnsinn gezeichneten Figur aus den Romanen gemeinsam hat. Und von den Drachen will ich gar nicht erst anfangen, die eigentlich nur wie eine Mischung aus einem Maikäfer und einem Nashorn (ohne Horn) aussehen.

Ich könnte mit dieser Aufzählung noch ein gutes Stück weitermachen. Aber ich denke mal, dass auch so schon klar wird, was man zu erwarten hat.

Doch hatte ich nicht geschrieben, dass die Zeichnungen eigentlich noch das kleinere Übel an dem Comic-Band sind? Kaum zu glauben, nicht wahr? Aber es stimmt. Die Wurzel allen Übels liegt bei Moorcock selbst und dem, was er aus seinem eigenen Werk gemacht hat.

Die Story an sich ist dabei gar nicht mal so schlecht. Die Geschichte erzählt, wie der Junge Elric als Traumschüler verschiedene Traumprüfungen bestehen muss, um seine Ausbildung in der Zauberei abschließen zu können. Gleichzeitig beweist er auf diese Weise seinem Vater Sadric, dass er eines Tages ein würdiger Herrscher von Melniboné werden wird.

In seinen Träumen reist Elric in die Vergangenheit der Jungen Königreiche. Er erlangt die Dankbarkeit der vier verschiedenen Elementarherrscher und schließt seinen ersten Pakt mit Arioch. Er begegnet Melnibonéern zu einer Zeit, als diese noch der Ordnung zugewandt waren, und trifft auch immer wieder auf das schwarze Schwert Sturmbringer. Sogar der Runenstab und das Multiversum finden dabei ihre Erwähnung. Im Vorwort des Bandes wird außerdem Sturmbringers Bruder-/Schwesterschwert Trauerklinge erwähnt. Leider lässt sich die Anwesenheit dieser Waffe in dem gesamten Comic nur erahnen, denn das verfluchte Schwert sieht von Kapitel zu Kapitel anders aus und wird nicht genauer benannt.

Und was hat sich Moorcock nur bei den Namen gedacht? Ganz ehrlich, neben Namen wie „Elric“, „Sadric“, „Cymoril“ und „Dyvim Tvar“ wirkt ein plötzlich auftauchender „Doktor Krummknochen“ (auch ein Melnibonéer) einfach nur wie eine schlechte Parodie. Was macht dieser komische Typ mit diesen Nasenpflastern nur in Imrryr? Hat er sich aus irgendeinem frankobelgischem Comic verirrt? Ja, das Multiversum ist wahrlich groß…

Würde daneben die in Ansätzen eigentlich gute Story nicht vollig abgehackt und fragmentartig erzählt werden, könnte ich ja sogar noch mit all diesen Schwächen irgendwie leben. Ich weiß ja, dass Moorock eigentlich auch ein ziemlicher Comic-Fan ist und dass er nie viel für Chaosiums Interpretation übrig hatte. Aber warum in Ariochs Namen sind die Grauen Lords von der ewigen Stadt Tanelorn plötzlich nur noch irgendwelche alten Männer in grauen Kutten, die in einer schmierigen Taverne sitzen und zechen? Und warum sieht einer der grauen Lords Moorock zum Verwechseln ähnlich? Warum trägt ausgerechnet dieser Typ sogar eine moderne Brille, wie sie Moorcock selbst auf neueren Fotos häufig trägt? Okay… in Filmen gibt es häufig einen Cameo-Auftritt des Regisseurs. Aber in einem Comic…? Und dann noch auf diese absolut unsubtile Art und Weise? Warum…? Wozu…? Ich meine… ach… ist doch auch egal.

Und… und… warum alles in der Welt wird „Elric“ während seiner kompletten letzten Traumepisode plötzlich nur noch als “Elrik” bezeichnet? Wo ist da die Logik?

Im Grunde genommen spinnt Moorcock in dem Comic schon irgendwie einen roten Handlungsfaden, der schließlich an die Romane anknüpft. Vor allem in Elrics letzter Traumepisode wird auf ironische Weise sein unausweichliches Schicksal jedem Kenner der Romane gut vor Augen geführt. Denn es war Elric, der in seinem Traum das schwarze Schwert Sturmbringer in eine andere Welt verbannen lies, aus der er es später selbst wieder bergen konnte. Und es war Elric, der in seiner letzten Traumepisode schon einmal Imrryr zerstört und später genau diese Handlung erneut begeht.

Was bleibt noch zu sagen? Dass dieser Comic nicht der „Elric“ ist, den ich kenne? Dass es überhaupt in keinster Weise irgendeinem „Elric“ entspricht, den es in den letzten 20 Jahren gab? Dass ich jedem treuen „Elric“-Fan nur davon abraten kann, sich diesen Comic zu kaufen? Oder dass dieser Band meine Vorstellung von „Elric“ und meine Treue zu Moorcocks Schaffen nachhaltig geschädigt hat?

Der deutschen Ausgabe von Panini Comics kann man in Sachen Qualität allerdings keine Vorwürfe machen. Der Druck und die Bindung sind sauber und ordentlich und sie sind von gewohnt hohem Standard, wie er auch schon bei den aktuellen „Conan“-Comics zu finden ist. Das Lettering geht in Ordnung. Der Text in den Sprechblasen ist schön rund und die Sounds wurden ordentlich platziert. Allerdings sind es einfach die Zeichnungen, die Geschichte selber und einfach auch sonst der ganze Rest, der aus diesem ganzen Comic eine Katastrophe macht.

Fazit: In all den Jahren als Rezensent habe ich noch nie eine so schlimme Rezension verfassen müssen. Und dann auch noch bei einer Sache, die mir selbst persönlich sehr am Herzen liegt. So etwas schmerzt tief in meiner Seele und ich hoffe inständig, dass es keine weiteren „Elric“-Comics geben wird! Und falls doch… nun, dann werde ich wohl doch wieder für euch an vorderster Front stehen und mich um Schadensbegrenzung bemühen.


Elric – Die Erschaffung eines Hexers
Comic
Michael Moorcock, Walter Simonson, Steve Oliff
Paninni Comics 2007
ISBN: 3866073747
200 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 19,95

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