Ein Monster kommt selten allein

Wenn Leute lange im Geschäft sind, spricht man von alten Hasen. Bei den Monster Hunter International ist aber bekanntlich vieles anders. Wäre auch Quatsch, einen Werwolf als Hasen zu bezeichnen. In jungen Jahren verflucht, hat Earl Harbinger es geschafft, seine andere Seite zu bezähmen und in etwas Gutes zu verwandeln. Bis jetzt, knapp 100 Jahre später.

von Lars Jeske

Im neuesten Band der Serie um das professionelle Geschäft des Monsterjagens steht erneut die „Geheimorganisation“ Monster Hunter International (MHI) im Mittelpunkt. Um den Lesern die Firma näher zu bringen, war bisher der Frischling Owen Pitt der Protagonist und stand im Zentrum aller Ereignisse. Nun ist es an der Zeit, etwas mehr auf den historischen Hintergrund einzugehen. Das neueste Aushängeschild steht nämlich nicht allein für MHI, vor Pitt gab es ebenfalls sehr verdiente Jäger. In „Ein Monster kommt selten allein“ geht es ausschließlich um einen anderen: den ebenfalls bereits bekannten Earl Harbinger. Dieser ist offiziell ein langjähriges, verdientes Mitglied von MHI und Träger vieler Geheimnisse. Einige davon wurden schon in den bisherigen Romanen angesprochen, jedoch immer nur als Randnotiz. Somit schien es dem Autor Larry Correia an der Zeit, einmal eine Geschichte rund um dessen außergewöhnlichen Lebensweg zu schreiben. Er beleuchtet seinen Hintergrund und Werdegang, ebenso wird ein aktueller Einsatz geschildert, der ihm alles abverlangt.

Es beginnt selbstverständlich relativ harmlos, doch dann holen Earl die Schatten der Vergangenheit ein. Mit der schlichten Mitteilung „der Russe ist zurück“ erregt sein alter Chef Kirk Conover Earl Harbingers Aufmerksamkeit und er trifft sich mit ihm allein und geheim im beschaulichen Städtchen Copper Lake. Schnell stellt sich heraus, dass hier ein Werwolf sein Unwesen treibt und quasi als neuer Alpha sein Revier markieren will. Frei nach der Devise den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, wäre es der Wille von Conover, dass sich Earl der Sache annimmt. Dass alles dann noch viel größer und gefährlicher wird als erwartet, trägt nicht nur zur Spannung bei, sondern ist durch die Blenden auf die Ereignisse der Gegner auch vollkommen logisch und mündet in einem finalen Kampf. Unterstützung bekommt Harbinger dabei von der örtlichen Polizei, Agent Doug Stark vom Amt für Monsterkontrolle des US-Heimatschutzministeriums und einer Konkurrenzfirma namens Briarwood Eradication Services – oder um es anders zu sagen: Er ist so ziemlich auf sich allein gestellt.

Auf knapp 550 Seiten schrieb uns Larry Correia wiederum eine abgeschlossene Geschichte. Mit Bezug auf die Vergangenheit und als Ausblick auf die Zukunft der erschaffenen Welt. Etwas kürzer als sonst, aber das geht so in Ordnung. Als Überraschung ist nicht nur der aufbegehrende Alpha ein alter Bekannter von Earl, sondern auch deren Verbündete. Die neuen Figuren sind wiederum sehr plastisch und real beschrieben, vor allem Kerkonen und Agent Stark. Diese werden dadurch zu echten Charakteren, die glaubhaft die Handlung tragen. Ganz nebenbei erfährt man noch etwas über Padre Santiago und mehr Details über den Fluch der Lykantropen, Earls Vergangenheit und dessen Geheimeinsätze für die Regierung bei SEKE. Ganz zu schweigen von Nikolai Petrov und dem Tvar.

Bei „Ein Monster kommt selten allein“ dauert es erstmalig etwas länger, bis die Geschichte richtig losgeht. Durch den anderen Aufbau fehlt die gewohnte Spritzigkeit. Es wird nicht gleich aus allen Rohren geschossen und dann erst die Fragen gestellt. Owen war immer direkt und ein Haudrauf, während Earl zwar genauso kompromisslos und schnell ist, jedoch eher besonnen und rationaler daherkommt. Stattdessen gibt es somit am Kapitelanfang jeweils einen Rückblick auf Harbingers bisheriges Leben im Tagebuchstil und dann erst geht das aktuelle Geschehen weiter. Ein etwas verkopftes Stilmittel ist hierbei ebenso die Dreiteilung der Geschichte: Das Monster – der Jäger – der Vorbote (englisch: Harbinger). Apropos Namen: Wieder ist der deutsche Titel so ein sprichwörtlicher, der inhaltlich erneut nicht ganz passt. Der Originaltitel „Alpha“ ist besser, aber für die deutschen Leser nicht so präsent. Denn es geht darum, wer der Leitwolf ist, also das Alphamännchen. Mehrere der anwesenden Werwölfe erheben den Anspruch und lange Zeit ist offen, wie dieser Schlagabtausch enden wird.

Fazit: Je schneller man sich davon löst, dass immer Owen Pitt mit seinen Sprüchen und seiner Präsenz im Mittelpunkt der Geschichten steht, umso mehr Spaß hat man beim Lesen von „Ein Monster kommt selten allein“. Die Geschichte funktioniert anders, aber es geht auch ohne Owen. Dennoch wirkt der Roman durch die ungewohnt andere Erzählstruktur wie mit angezogener Handbremse und es dauert seine Zeit, bis die Spannung aufgebaut wird. Wenn jedoch genügend Fahrt aufgenommen ist, gibt es einen packenden Schlussspurt, der den zähen Beginn wieder wettmacht. Und wem das alles nicht reicht: Es wird auch das Geheimnis um Earls Lederjacke gelüftet.


Ein Monster kommt selten allein
Urban-Fantasy-Roman
Larry Correia
Bastei-Lübbe 2016
ISBN: 978-3-404-20840-1
540 S., Paperback, deutsch
Preis: EUR 14,99

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