Eberron (v.3.5)

Mit „Eberron“ hat Feder & Schwert die neueste Kampagnenwelt für das Rollenspiel „Dungeons & Dragons“ veröffentlicht. Weniger als ein Jahr nach dem Erscheinen des englischen Originals bei Wizard of the Coast freut man sich schon über die deutsche Übersetzung. Das Hardcover umfasst 400 Seiten im vollfarbigen Druck. Eine große Farbkarte ist beigelegt.

von Thomas König

 

Schon allein die Entstehungsgeschichte des Kampagnensets ist meines Wissens einmalig: Wizard of the Coast hatte einen mehrstufigen Wettbewerb ausgeschrieben, an dem über 10.000 Autoren mitgemacht haben. Am Ende konnte sich Keith Baker mit seiner Idee durchsetzen und die Kampagne weiterentwickeln. In der Einleitung des Buches wird dieser Entwicklungsprozess des Settings geschildert. Anschließend folgt eine kurze Beschreibung der Grundeinstellung in der Welt. Dazu gibt es einige Filmtipps. Zum Ende wird durch zehn Punkte alles Wissenswerte über die Eberron-Kampagne erklärt.

Im ersten Kapitel werden die spielbaren Völker vorgestellt. Es gibt die bereits aus dem Spielerhandbuch bekannten Völker der Menschen, Elfen, Gnome, Halb-Orks, Halblinge und Zwerge. Besonders die Elfen unterscheiden sich in ihrer Grundeinstellung klar von dem Bekannten. Sie leben von den anderen Völkern distanziert und beschäftigten sich nicht mit den Banalitäten des Alltags, sondern verfolgen Pläne, die die Jahrhunderte überspannen. Aber es gibt auf Eberron auch noch vier neue spielbare Völker: Wechselbälger, Wandler, Kriegsgeschmiedete und Kalashtan. Wechselbälger sind eine Mischung aus Menschen und Doppelgängern und haben noch geringe Fähigkeiten der Gestaltwandlung. Kalashtar sind außerirdische Wesen, die den Menschen als Wirtskörper benutzen und die sich auf die Psi-Kräfte verstehen. Wandler sind eine Mischung aus Menschen und Werwesen, die aber nur einen Teil der bekannten Fähigkeiten einer Werkreatur benutzen können. Kriegsgeschmiedete sind Konstrukte, die im letzten Krieg erschaffen und beseelt wurden. Sie haben einen freien Willen und kämpfen nur für ihre eigenen Interessen. Zum Abschluss des Kapitels gibt es einen Überblick über die verschiedenen Herkunftsorte eines möglichen Charakters.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den Charakterklassen auf Eberron. Neben den bekannten Klassen, die alle sehr gut mit ihren Eigenarten an Eberron angepasst wurden, gibt es eine neue Charakterklasse, den Magierschmied. Als logische Konsequenz auf die Alltäglichkeit und ständige Verfügbarkeit von Magie ist nun dazu passend die Charakterklasse da. Er ist ein Experte für das Bauen und Entwickeln von magischen Gegenständen und Konstrukten, aber er kann keine Zauber selbst anwenden. Die Klasse ist sehr gut ausgearbeitet und durch den schrittweise Aufbau der Klassenfertigkeiten ausbaubar. Zu den anderen Klassen gibt es jeweils einen kurzen erklärenden Text zu ihrer Rolle auf Eberron und es gibt eine kurze Geschichte aus dem Leben eines Charakters dieser Klasse. Die Gesinnungsregel wurde auch leicht geändert. Die angebetete Gottheit ist nicht mehr das Maß der Dinge, sondern die Kirche. Somit ergibt sich viel Platz für Korruption und Intrigen.

Im dritten Kapitel wird erklärt, was Helden ausmacht. Schon zu Beginn gibt es eine sehr gute Regelerweiterung. Mit Hilfe von so genannten Aktionspunkten kann ein Spieler den Würfelwurf nachträglich noch ändern. Je nach Charakterstufe hat er zusätzliche Würfel und Aktionspunkte. Vor dem Hintergrund der aktionslastigen Welt ist das eine sehr gute Regelergänzung. Weiterhin werden die bekannten Fertigkeiten teilweise auf die „Eberron“-Gegebenheiten angepasst, und es gibt etliche neue Talente. Diese sind fast alle sehr gut und sinnvoll in die Kampagne integriert. Sehr interessant für das Spiel auf Eberron ist der Abschnitt über die Drachenmale. Das Mal ist stärker als eine Tätowierung und sorgt dafür, dass der Charakter eine magische Fertigkeit anwenden kann. Schön ist auch, dass sie mit Bildern vorgestellt werden. Am Ende des Kapitels wird die Religion vorgestellt. Überraschend ist, dass es keine speziellen Götter für die Halbmenschen gibt. Die Götter sind teilweise in einem Pantheon zusammengefasst, und so kann der Charakter sich entscheiden, ob er einem Gott oder dem ganzen Pantheon huldigen möchte. Neben den guten Göttern gibt es auch böse sowie verschiedene Kulte.

Im vierten Kapitel werden dann die Prestige-Klassen von Eberron aufgeführt: „Elfischer Waldläufer“, „Erbe des Drachenmals“, „Erbe des Siberys“, „Exorzist der silbernen Flamme“, „Kriegsmoloch“, „Meisterdetektiv“, „wagemutiger Erforscher“, „werberührter Meister“. Nach einer ausführlichen Beschreibung werden die Voraussetzungen, Klassenfertigkeiten und Klassenmerkmale vorgestellt. Ein typischer Charakter der Klasse beschließt die einzelnen Beschreibungen.

Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit der Magie auf Eberron. Dabei darf man nicht vergessen, dass Magie und das Vertrauen auf die Magie die Bevölkerung geprägt haben. Magie gehört zum täglichen Leben. So ist es wenig verwunderlich, dass Magie als Dienstleistung angesehen wird, und deshalb gibt es schon zu Beginn einen Überblick auf Magie in den verschiedenen Bereichen der Heilung, des Transports, der Beherbergung und Kommunikation. Anschließend folgt eine Beschreibung der verschiedenen Existenzebenen und deren Bewohner. Mit einer Vorstellung der neuen Zauber endet das Kapitel.

Kapitel sechs stellt nun noch die typischen Ausrüstungsgegenstände auf der Welt vor. Waffen, Rüstungen, Werkzeuge, Kleidung, Dokumente, Unterkunft, Reittiere und Transport – eigentlich bleiben keine Fragen mehr offen. Dabei werden auch die verschiedenen Drachenmalshäuser und ihre Dienstleistungen vorgestellt.

Mit dem siebten Kapitel beginnt nun die eigentliche Beschreibung der Welt und wir verlassen den Regelbereich. Zunächst gibt es einen allgemeinen Überblick über Eberron, ehe der Hauptkontinent Khorvaire und das Leben dort vorgestellt werden. Zu den verschiedenen Ländern gibt es einen kurzen Statistikblock mit Hauptstadt, Bevölkerung, Hauptexportgüter und Sprachen, ehe es eine längere Beschreibung gibt – Wirtschaft, Leben und Gesellschaft, Regierung und Politik, Machtgruppen, Religion, wichtige Ansiedlungen und Örtlichkeiten sowie Abenteuer in dem Land werden dabei berücksichtigt. Dabei sind die Länder auf dem Kontinent sehr verschieden und müssten eigentlich für jeden Geschmack etwas liefern. Die Besonderheiten wie die Luftschiffe, die Blitzbahn und die schwebende Festung Argonth werden ebenfalls aufgeführt. Nachdem Khorvaire ausführlich beschrieben wurde, werden die umliegenden anderen Kontinente nur noch kurz vorgestellt.

Die Geschichte der Welt beginnt mit drei Drachen, Khyber, Siberys und Eberron, die über den Planeten herrschten. Sie entdeckten die „Prophezeiung“, die aber dem Leser nicht weiter erklärt wird, und es kam zum Kampf. Am Ende wurde Khyber in die Erde verbannt, Eberron wurde eins mit dem Planeten und Siberys stieg in den Himmel auf. So weit zur Entstehungsgeschichte des Planeten. Wichtig für die „Eberron“-Kampagne ist das Ereignis zwei Jahre vor dem Start: Da endete der letzte Krieg nach 100 Jahren. Er verwandelte die Welt und insbesondere den Hauptkontinent Khorvaire für immer. Eine simple Erbfolgestreitigkeit sorgte für die Vernichtung von Nationen und Erschaffung von neuen Reichen. Eine Zeittafel am Ende des Kapitels gibt noch einmal einen Überblick.

Neben den Ländern und deren Herrschern gibt es aber – und das ist Thema des achten Kapitels – unterschiedliche Organisationen, die ihre eigenen Ziele verfolgen. Sie können unter anderem auch als Auftraggeber für die Helden auftreten. Insgesamt gibt es 16 Organisationen, die eigentlich die ganze Palette von gängigen Vorstellungen abdecken.

Im neunten Kapitel wird dem Spielleiter nun vorgestellt, wie man eine Kampagne auf Eberron gestaltet. Nach dem kurzen Zusammenstellen der Gruppe werden die unterschiedlichen Stile des Leitens und Erzählens aufgeführt. Dabei spielen die wiederkehrenden Bösewichte eine große Rolle. Zwei davon in unterschiedlichen Stufen sind aufgelistet. Die verschiedenen Handlungen eines Abenteuers und die notwendigen Nichtspielerklassen beschließen das kurze Kapitel.

Das zehnte Kapitel beschäftigt sich mit den neuen magischen Gegenständen. Unterteilt ist die Auflistung in die Rubriken „Drachensplittergegenstände“, „Komponenten für Krieggeschmiedete“, „traditionelle magische Gegenstände“, „Artefakte“ und „wundersame Schauplätze“.

Das elfte Kapitel stellt die Monster in der typischen Art vor. Das letzte Kapitel „Die vergessene Schmiede“ ist ein sehr gutes, kurzes Abenteuer für einen Abend, der die Helden in Eberron einführt.

Der Text ist sehr gut zu lesen. Der Aufbau verständlich und logisch. Das Layout der vollfarbigen Seiten überzeugt und die Bilder und Illustrationen sind sehr gut. Ein Index und eine Inhaltsangabe vereinfachen das Suchen. Schön wäre es gewesen, wenn die Kapitelmarkierung am Seitenrand je nach Kapitel an einer unterschiedlichen Stelle gewesen wäre, so hätte man einen noch besseren Überblick. Eine farbige DIN-A2 Karte ist beigelegt.

Fazit: „Eberron“ ist einer der gelungensten neuen Kampagnenbände, die ich in der letzten Zeit in der Hand hatte. Die Welt bietet sehr viele neue Facetten und lässt doch Platz für eigene Ideen. Die Mischung aus klassischem Fantasy mit den Elementen des Steam Punk ist sehr gut umgesetzt. Auch der Ansatz, ein aktionlastiges Spiel mit Teilen der „Mantel und Degen“-Filme zu vermischen, funktioniert dank der neuen Aktionspunkte-Regel hervorragend. Uneingeschränkte Kaufempfehlung, auch wenn der Preis mit fast 40 Euro sehr hoch ist.


Eberron
Kampagnensetting
Keith Baker, Bill Slavicsek, James Wyatt
Feder&Schwert 2005
ISBN: 3-937255-35-4
400 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 39,95

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