Earthdawn Gamemaster’s Guide 3rd Edition

„Earthdawn“ ist ein alter, von den Fans immer noch geliebter Klassiker, der zu Recht inzwischen in der dritten Edition ist. Das Grundregelwerk ist in zwei Bände geteilt – wahrscheinlich gab es inzwischen einfach zu viel Material für einen Einzelband. Der „Gamemaster’s Guide“ beschäftigt sich mit der Welt und ihren Geheimissen und mit all den anderen Spielleiter-spezifischen Themen.

von amel

Das Buch ist genauso gut produziert wie das Spielerhandbuch. Es ist ein festes Hardcover mit einem gelungenen Cover. Das Layout ist übersichtlich und die Bebilderung überdurchschnittlich. Als Vor- und Nachsatz findet man wieder eine mir etwas zu bunte Karte der Provinz Barsaive, dem zentralen Handlungsort von „Earthdawn“. Das Buch ist schwer und stabil.

Inhaltlich beginnt es da, wo das Spielerhandbuch aufhört. Dort ging es um die Spielercharaktere, hier geht es um das Land und seine restlichen Bewohner. Geschichte, Lebensumstände, Orte und Monster werden beleuchtet, und der Spielleiter erhält die üblichen Informationen über die Gestaltung von Abenteuern und SL-relevante Regeln. Das Buch reiht sich also nahtlos in die Reihe all der Spielleiterhandbücher ein, die es vor ihm schon gab – und das ist etwas Gutes.

Die ersten ca. 80 Seiten des Buches drehen sich um die Welt. Die Abhandlung über die Geschichte bis heute („How It Came To Pass“) liest sich erfreulich spannend. Sie wird wie eine Legende erzählt und fasst die Wanderung der Namensgeber-Rassen (alle denkenden Rassen, die intelligent genug sind, um Namen zu vergeben) in die Höhlen und Zitadellen und von dort wieder hinaus in die Welt angenehm zusammen. „The Scourge“, die Zeit der Herrschaft der „Horror“, ist wichtig genug, um ein eigenes Kapitel zu erhalten, und hier lernt der Leser, wie die Namensgeber überleben konnten und wie sich die Welt seither verändert hat. Die intelligenten Rassen müssen ihre Welt neu entdecken – was könnte es Besseres für spannende Abenteuer geben?

Dem Land selbst, den Rassen (ausführlicher als im Spielerhandbuch) und einzelnen Gegenden im Allgemeinen und Speziellen widmen sich die nächsten zwei Kapitel. Die Städte sind groß, das Land gefährlich und die Rassen exotisch. Sehr häufig bemüht das Buch die Stimme von Barsaive-Bewohnern, die dem Leser von sich, ihren Reisen und Lebensweisen erzählen. Normalerweise mag ich diese Art der Beschreibung nicht, denn viel zu häufig trägt sie nichts zum Text bei, abgesehen davon, ihn aufzublähen. Der „Gamemaster’s Guide“ nutzt die subjektive Erzählweise aber recht geschickt. Häufig merkt der Leser kaum einen Unterschied zu objektiven Beschreibungen und hat dennoch alle Vorteile, die die subjektive Beschreibung mit sich bringt. Nicht jede Langeweile konnte verhindert werden, aber für ein 300 Seiten langes Buch kommt sie seltener auf, als man vielleicht erwartet.

Weiter geht es mit typischen Spielleiter-Informationen: Wie werden Proben gemacht? Welche Arten von Abenteuern gibt es? Was kann man auf einer Reise erleben und welche Gifte gilt es zu vermeiden. Natürlich darf auch ein Kapitel über magische Gegenstände nicht fehlen. Zwar findet man in den vier Kapiteln kaum Überraschungen, aber dennoch haben sie mir Spaß gemacht.

Die Hälfte des Buches widmet sich den Kreaturen Barsaives. Geister, Drachen und natürlich die Horror sind wichtig genug, dass sie ausführliche eigene Kapitel bekommen. Blutaffen und Todesmotten trifft der Leser in „Creatues“, dem allgemeinen Monsterkapitel. Einigen der Wesen wurden „Adventures Hooks“ beigefügt – ein schöner Service, wie ich finde.

Auch wenn Drachen mächtige Kreaturen, die viel in die Geschichte Barsaives eingegriffen haben, halte ich fast 40 Seiten, die sich ihnen widmen, für ein wenig zu viel des Guten. Alles vom Schlüpfen bis zum Erwachsenwerden wird beleuchtet, ebenso ihre Sprache, wie sie leben und sterben, wo sie wohnen und wofür sie sich interessieren. Selbst für die Horror wird weniger Platz verwendet, und diese werden sicherlich häufiger in einer Kampagne auftauchen.

Nach diesem Kapitel über gruselige Wesen voller angsteinflößender Macht schließt das Buch mit der Sammlung einiger Tabellen.

Fazit: Man merkt „Earthdawn“ an, dass es einige Jahre auf dem Buckel hat, aber es ist in Würde gealtert und beweist, dass Erfahrung manchmal wichtiger sein kann als jugendliches „Hipp-Sein“. Der „Gamemaster’s Guide“ ist vorbildlich zusammengestellt, spannend zu lesen und hübsch anzusehen. „Earthdawn“-Fans haben sicherlich bereits zugegriffen, doch auch Neulingen – so sie nicht schon bei dem Gedanken an ein weiteres Fantasy-System die Hände über dem Kopf zusammenschlagen – kann das Buch empfohlen werden.


Earthdawn Gamemaster’s Guide 3rd Edition
Grundregelwerk
Carsten Damm, James D. Flowers u. a.
Red Brick Limited 2010
ISBN: 978-1-906508-60-9
304 S., Hardcover, englisch
Preis: GBP 29,95

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