von Frank Stein
Im Gegensatz zu den früheren „Dungeon Tiles“-Sets, die nur durch einen Papierumschlag geschützt und in Folie eingeschweißt, verkauft wurden, kommt das vorliegende Set, eines von drei Grundsets (Wilderness, City und Dungeon), in einem stabilen Pappkarton daher, umgeben von einer Hülle aus dünnem, lackierten Karton, auf dem der Name des Sets, eine kurze Beschreibung und ein paar Beispiel-Tiles abgebildet sind. Dieser erste Eindruck ist sehr gut. Vor allem der Karton ist praktisch, denn man kann in ihm seine Dungeon-Stücke sehr schön aufbewahren. Außerdem können sowohl Deckel als auch Boden netterweise als leicht erhöhte 9x12-Felder-Räume genutzt werden.
Öffnet man die Box, hat man zunächst das Gefühl einer Mogelpackung. Der Karton ist halb leer. „Nur“ zehn der bekannt stabilen und beidseitig bedruckten Pappbögen, in denen die ausstanzbaren Tiles stecken, befinden sich darin. Gut, das stand so auch auf der Außenhülle; aber dennoch fragt man sich, warum die Box so groß sein musste, wenn ihr Platz nur halb genutzt wurde. Ein Blick auf den Werbetext macht aus dem falschen Eindruck Methode: Man soll die Box als Behältnis für andere Spielmaterialien (etwa weitere Tiles) nutzen. Na schön. Ein zweiter Blick auf den Preis zeigt dazu, dass die Box trotz des Umfangs nicht etwa teurer geworden wäre. Die bisherigen „Dungeon Tiles“ enthielten stets 6 doppelseitig bedruckte Pappbögen zum Preis von ca. 12 Dollar. Dieses Set hier enthält nun 10 Bögen zum Preis von ca. 20 Dollar. Jeder Bogen kostet also konstant 2 Dollar. Die stabile Pappbox gibt es kostenlos dazu.
Bei näherer Betrachtung kehrt indes die Ernüchterung wieder zurück. Die Beispiel-Tiles auf der Hülle suggerierten eine höchst bunte Mischung an unterschiedlichen Dungeon-Elementen. Tatsächlich besteht ein Großteil der Tiles aber aus schlichten, grau gemaserten Bodenstücken, die die Räume irgendeines Steingebäudes darstellen könnten – leere Räume wohlgemerkt! Jedes halbwegs ambitionierte Dungeoncrawler-Brettspiel hat schönere Bodenelemente. Dazu kommt, dass sich überdurchschnittlich viele 8x8-Räume, die beinahe einen ganzen Bogen füllen, in dem Set befinden. Genau genommen sind es vier (beidseitig bedruckte) an der Zahl, mit fünf von acht praktisch identischen leeren Raumdarstellungen. Das ist nicht sonderlich spannend, zumal es an Einrichtungsgegenständen fehlt, um diese Räume anschließend zu füllen.
Die Räume, die abgebildet werden, wissen dagegen durchaus zu gefallen. Ein Kerker, eine Alchemistenküche und eine Gruft laden zum Erkunden ein. Spinnennetze, Bücherregale, Statuen, ein paar Fallen, Treppen und Türen bilden den Großteil der sonstigen 65 Tiles. Dazu kommen eine riesige Tafel mit einem zünftigen Abendessen und ein gigantischer Thron, ein Setbogen, der direkt aus dem „Dungeon Tiles“-Set „Halls of the Giant Kings“ übernommen wurde, soweit ich das anhand von Abbildungen beurteilen kann. Inwiefern das für alle Tiles gilt, vermag ich in Ermangelung der alten Sets nicht zu sagen. Man darf allerdings argwöhnen, dass einige Elemente recycelt wurden, was Neulingen egal sein dürfte, Veteranen aber vielleicht stört.
Kurios ist zudem, dass in meinem Set einige „Rückseiten“ von Tiles einfach nur schwarz waren. Es handelt sich zwar nur um fünf Elemente, aber man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass hier ein Produktionsfehler vorliegt, was natürlich ärgerlich ist.
Fazit: Alles in allem weiß das neue „Dungeon Tiles Master Set: The Dungeon“ nicht so zu überzeugen, wie die früheren Sets aus der Produktion von Wizards of the Coast. Die zehn Pappbögen bieten gegenüber den früheren Sechser-Sets nicht wirklich viel Mehrwert. Man kann damit zwar unbestreitbar größere Dungeons bauen, aber nicht unbedingt schönere. Alles ist sehr steril und grundlegend gehalten. Außergewöhnliche Objekte fehlen weitgehend – oder sie sind alten Sets entnommen (wie der Riesenthron). Wer die alten Sets sein Eigen nennt, kann dieses hier getrost ignorieren. Wer dagegen noch keinerlei „Dungeon Tiles“ besitzt, aber seine Encounters dennoch auf modularen Spielplänen abwickeln will, ist mit dem vorliegenden Set leidlich gut bedient. Abgesehen davon wird um kaum darum herumkommen, da die alten Sets größtenteils vergriffen sind und nur noch zu unverhältnismäßig Preisen angeboten werden.
Dungeon Tiles Master Set: The Dungeon (D&D Essentials)
Spielhilfe
Wizards of the Coast 2010
ISBN: 978-0-7869-5555-8
10 DIN-A4 Pappbögen mit 65 Kartenteilen
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