von Chris Sesterhenn
Trockene Fakten – die äußeren Werte:
Das Taschenbuch „Sieben Winde“ umfasst stolze 376 Seiten. Dafür fehlen aber ein Kurzportrait des Autors Matthias Alexander Wilhelm Ott – in Romanen von Fantasy Productions schon häufiger gesehenes – sowie ein Glossar für die wichtigsten Begriffe – was bei den thorwalschen Bezeichnungen durchaus ein angenehmes Extra gewesen wäre. Immerhin gibt es eine kurze Übersicht der beteiligten Personen. Das Titelbild zeigt einen Skalden mit Laute, dessen Blick auf das Meer gerichtet ist, auf welchem zahlreiche brennende Flöße zu sehen sind. Diese Szene findet sich auch in der Geschichte wieder. Doch leider kann das Bild die dort beschriebene Stimmung nicht hundertprozentig transportieren.
Um was geht es überhaupt? – zum Inhalt:
Die Thorwaler haben sich in der Welt Aventurien einen Namen gemacht, sind bei vielen Völkern gefürchtet und haben zahlreiche Fans in der „DSA“-Spielergemeinde gefunden. Doch es existieren viele Vorurteile. Mit „Sieben Winde“ bietet Matthias A. W. Ott nun die Gelegenheit, mit diesen Vorurteilen aufzuräumen ... oder diese gelegentlich auch zu bestärken. Sein Roman bietet einen detaillierten und sehr tiefen Einblick in die Kultur, die Hintergrundgeschichte sowie das tägliche Leben der Nordmänner und -frauen. Als Rahmen für diese Informationspräsentation greift Matthias A. W. Ott auf die Geschichte des Skalden Asbahk Waskirsson zurück. Somit erhält der Leser eine Ergänzung zum Regionalmodul „Unter dem Westwind“, kombiniert und verpackt in einer Erzählung über die Erlebnisse eines angehenden Skalden. Die Erzählung konzentriert sich dabei insbesondere auf Asbahks Skalden-Ausbildung. Neben den zahlreichen Aspekten des täglichen Lebens dürften insbesondere die Einblicke in die Vergangenheit der Thorwaler (oder Hjaldinger) die „DSA“-Fans interessieren.
Zuckerbrot und Peitsche – Pro und Contra:
Wie bereits schon angedeutet, stellt das Werk von Matthias A. W. Ott eine sehr gute Ergänzung zum „DSA“-Regionalmodul „Unter dem Westwind“ dar. Viele hohe Persönlichkeiten sowie einige der geschilderten Ereignisse dürften den „DSA“-erfahrenen Lesern bekannt sein und vermitteln ein angenehmes Gefühl der Vertrautheit. Insbesondere der Schreibstil ist sehr angenehm und erlaubt ein „flüssiges“ Lesen. Die dargebotenen Informationen verteilen sich sowohl auf detailverliebte Beschreibungen als auch auf beiläufige Erwähnungen.
Und genau an dieser Stelle dürfte es für die meisten Leser eine Enttäuschung geben. In vielen Szenen geht es nur scheinbar um das Vermitteln und Verarbeiten von Hintergrundinformationen, aber die Fortführung der Handlung selbst kommt dabei zu kurz oder wird sogar vollständig ausgesetzt. Persönlich habe ich damit etwas Probleme, wenn ich auf die Fortführung der Handlung gespannt bin und dann aber ein neues – insbesondere anderes – Kapitel beginnt. Ein richtiger Spannungsbogen will sich damit nicht aufbauen, da jederzeit mit einem weiteren Handlungssprung und der damit verbunden Enttäuschung zu rechnen ist. Hier hätte sich der Autor mehr auf die Entwicklung der Geschichte um den angehenden Skalden Asbahk Waskirsson bemühen sollen.
Schon im Prolog gibt es einen Abschnitt, welcher sich direkt auf „Sieben Winde“ übertragen lässt: „Wenn man der Geschichten von großen Heldentaten und mächtiger Magie für den Augenblick müde geworden ist, wird es Zeit für Geschichten wie diese hier. [...] Mir selbst schien es nicht mehr als eine Erzählung über Land und Leute – und doch ... seit ich begonnen hatte, an ihrer Niederschrift zu arbeiten, zeigten sich Lücken in ihrem Geflecht und ließen sie dahinter nackt und bloß. Ich machte es mir zur Aufgabe, diese Stellen zu bekleiden“ – Aus meiner Sicht wären eben gerade an diesen Stellen mehr Phantastereien des Geschichtenerzählers wünschenswert gewesen.
Für wen lohnt es sich? – meine Einschätzung:
Wer epische Handlungen und spannende Action im Überfluss sucht, wird enttäuscht sein. Doch alle Thorwaler-Fans mit einem Hang zu mehr Einblick in die Hintergründe ihrer lieb gewonnenen Region sollten durchaus ihren Spaß mit „Sieben Winde“ haben.
Fazit: Mit „Sieben Winde“ präsentiert Fantasy Productions einen „DSA“-Roman von Matthias A. W. Ott. Die wirklich guten Ansätze werden leider durch die mitunter störenden Handlungssprünge nicht genutzt. Damit rangiert „Sieben Winde“ eher im unteren Mittelfeld der „DSA“-Romane und dürfte nur für eine kleine Fangemeinde interessant sein.
Sieben Winde (DSA-Roman Nr. 91)
Rollenspiel-Roman
Matthias A. W. Ott
Fantasy Productions 2006
ISBN: 3-89064-461-9
376, Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,00
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