DSA 132: Der blinde Schrat

Im Grenzgebiet zwischen Nostria und Andergast entlang des Quellgebietes der Flüsse Rotklar und Ornib kommt es zu unerklärlichen Vorfällen. Dass Steuereintreiber überfallen werden, ließe sich noch mit Strauchdieben oder einer Räuberbande erklären, doch dass Zwerge ihr Gold und Geschmeide wegwerfen, weil es ihnen eine fremde Macht befohlen hat, und Holzfäller von einem baumähnlichen Wesen verfolgt werden, gibt den beiden Herrschern der Staaten zu denken. So entsenden sie Ritter Michal von Olesko mit einer gemischten Gruppe aus Andergaster und Nostrier Kämpfern, um diesen Vorkommnissen auf den Grund zu gehen, die man dem Schwarzmagier Borbarad zuschreibt.

von Ansgar Imme

 

Mit „Der blinde Schrat“ legt Autor Dietmar Preuß bereits seinen vierten „DSA“-Roman vor, der wie seine vergangenen Veröffentlichungen wiederum in der Gegend von Nostria und Andergast spielt. Während die Handlung der drei bisherigen Romane in der entfernten Vergangenheit der heutigen Spielwelt vor mehr als 300 Jahren lag und sich mit den beiden Wehrsassen Beolf und Sidra beschäftigte, ist der aktuelle Roman in der „heutigen“ Zeit des „DSA“-Universums angesiedelt. Doch Bezüge zu den vorherigen Protagonisten bestehen auch in dieser Geschichte. Der Autor ist mit Ausnahme der „DSA“-Romane ansonsten bisher vor allem durch Kurzgeschichten in Anthologien und Fanzines in Erscheinung getreten.

Zum Inhalt

Die beiden kleinen streitenden Königreiche Nostria und Andergast scheint es erneut in eine Auseinandersetzung zu treiben, als es im Grenzgebiet zwischen den beiden Ländern zu seltsamen Vorkommnissen kommt, für die man jeweils die Gegenseite verantwortlich macht. Ein Steuereintreiber wird überfallen und wird nackt und sinnlose Worte von sich gebend gefunden. Holzfäller werden von einem baumähnlichen Wesen, welches schreit und stöhnt, aus den Wäldern verjagt. Zwerge geben ihre erkämpften Schätze und Edelsteine zurück, weil eine unheimliche Macht sie zwingt.

Da die Vorkommnisse sowohl Andergast als auch Nostria betreffen, wird im Praios 1028 nach Bosparans Fall der Ritter Michal von Olesko von den beiden Herrschern der Reiche beauftragt, mit einer Gruppe aus Kämpfern beider Reiche den Geschehnissen auf den Grund zu gehen. Dabei trifft er auf seinen alten Freund Jan Pac, der die Soldaten aus Nostria kommandiert, die Andergaster Soldaten werden von dem mysteriösen Andrasz von Hohenhag zu Waldsteyn angeführt. Doch schon vor der Abreise gibt es auf dem Rittergut Olesko einige merkwürdige Ereignisse, da sich Personen seltsam verhalten, ganz verschwinden oder verstümmelt aufgefunden werden.

Die Reise führt die Gruppe unter Ritter Michal zunächst nach Joborn, wo es zu einer unerwarteten Zusammenkunft kommt, die die Andergaster und Nostrier stärker zusammenschweißt. Dieser Zusammenhalt ist auch nötig, als sie, kurz nachdem sie die Stadt verlassen haben, in einem Kampf mit aggressiven und entgegen aller Erfahrungen sehr mutigen Goblins verwickelt werden. Dass sich während der Reise der Andergaster Andrasz von Hohenhag zu Waldsteyn immer wieder seltsam verhält, gibt dem Anführer Michal sehr zu denken, er kann jedoch nicht erkennen, was dieser bezweckt.

Als sie schließlich das Dorf Zweistein erreichen, das den Geschehnissen am nächsten liegt, werden sie mitten in eine kleine Schlacht zwischen Andergastern und Nostriern hereingezogen. Und auch nachdem Michal die Situation schlichten konnte, wird es nicht einfacher, als unerwartete Reisende auftauchen, Mitglieder seines Trupps ohne Spuren zu hinterlassen einfach verschwinden oder eigenartige Verhaltensweisen aufzeigen. Als sich mehrere Male „weise Männer“ im Ort zeigen, wird es Michal zuviel und er zieht mit seinem Kampftrupp gen Eckstein, wo er den Hort des Übels vermutet. Doch er findet dort eine noch größere und andere Gefahr, als er erwartet hat, und es erfordert unübliche Bündnisse, um diesem Gegner zu widerstehen.

Kritik

An der Außengestaltung hat sich nichts geändert. Das Cover zeigt einen Teil der Gruppe um den Ritter Michal, wie sie an einer späteren Stelle des Buches angegriffen werden. Das Cover ist recht dunkel gehalten und besteht weitestgehend nur aus blau-grau Tönen. Auch in diesem Band wurde nach langer „Abstinenz“ ein Personenverzeichnis und ein etwas umfangreicherer Anhang mit Orten und Begriffsbeschreibungen spendiert, was zu loben ist. Der Titel des Bandes ist leider etwas beliebig ausgefallen.

Während der Vorgängerband des Autors „Die Paktiererin“ auch schon wenig innovativ, mit Fehlern im Hintergrund versehen und weitestgehend durch unsympathische Protagonisten gekennzeichnet war, so war es doch weitestgehend eine spannende Geschichte, die einen Teil der Nachteile aufwog. Leider bleibt hier auch die Spannung auf der Strecke. Zwar weiß man lange nicht (und eigentlich am Ende immer noch nicht wirklich), wer hinter den Geschehnissen steckt, aber viele Geheimnisse werden unterwegs verraten oder sind so einfach zu erkennen (das Geheimnis um Andrasz von Hohenhag zu Waldsteyn ist schon nach der ersten Begegnung klar), dass man sich oft durch die Seiten quälen muss. Vor allem ab der Ankunft in Zweistein hat man das Gefühl, dass die Handlung auf der Stelle tritt und die Geschichte sich eher eintönig liest. Der Plot wirkt wenig innovativ und könnte auch in jeder beliebigen Fantasy- oder Mittelalterwelt spielen und scheint nur auf den aventurischen Hintergrund angepasst. Auch der Sprachstil wirkt zuweilen etwas unbeholfen: Michael beispielsweise „dröhnt“, „brüllt“ und „befiehlt“ ständig. Hier fehlt es an sprachlicher Varianz.

Die Anpassung auf den aventurischen Hintergrund ist aber auch oft misslungen. Als Drahtzieher wird der Schwarzmagier Borbarad genannt, der zum Zeitpunkt der Handlung bereits nicht mehr in der aventurischen Welt weilt. Ob dies das Hinterwäldlertum der Andergaster und Nostrier darstellen soll oder ein Recherchefehler ist, ist nicht klar. Auch andere aventurische Setzungen werden wenig beachtet oder gebogen und man fragt sich, wie dies durch das Lektorat gekommen ist. Man hat den Eindruck, dass wie beim Vorband die Region Nostria/Andergast bewusst gewählt wurde, da dies Hintergrundrecherche reduziert. Vor allem die Substanz „Ur“ und die Schluss-Szenen um den Turm von Eckstein wirken doch sehr weit hergeholt und wenig aventurisch. Hier fühlt man sich als Leser wie in einer fremden Welt.

Die Personen sind zuletzt ebenso nicht sehr gut getroffen. Ritter Michal als Hauptfigur ist ein echter Unsympath, der vor allem triebgesteuert wirkt und einfachste Hinweise nicht zu deuten weiß (das absolut seltsame Verhalten von Mistreitern wird mehrfach ignoriert, das sich in Würmer verwandelnde Gesicht seiner Geliebten als Erscheinung abgetan). In der heutigen Zeit würde man ihn vermutlich als „Proleten“ bezeichnen, so wie er auch gegenüber Dorfbewohnern und den Kämpfern seiner Gruppe auftritt. Auch die anderen Figuren bleiben eher blass und gewinnen kaum an Kontur, sein Freund Jan Pac wirkt sogar fast wie ein Abziehbild Michals. Über mehr als Kurzcharakterisierungen kommen diese auf immerhin fast 380 Seiten kaum hinaus.

Fazit: Leider ist der Roman nur für absolute Fans oder Sammler geeignet. Die Handlung zieht sich oft dahin, die Figuren sind kaum sympathisch und mit wenig Hintergrund versehen. Die fehlende aventurische Stimmung komplettiert den dürftigen Eindruck. Einer der wenigen richtigen Ausfälle der „DSA“-Romanserie.


Der blinde Schrat (DSA-Roman Nr. 132)
Rollenspiel-Roman
Dietmar Preuß
Fantasy Productions 2011
ISBN: 3890641245
384 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 10,00

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