DSA 103: Das Zepter des Horas

Im Horasreich nach dem Thronfolgekrieg erhält der Adlerritter Darian ein Paket mit mysteriösen Notizen von seinem alten Bekannten Magister Crano. Als er kurze Zeit später erfährt, dass dieser bei Ausgrabungen nahe Arivor spurlos verschwunden ist, macht er sich vor Ort auf die Suche. Zusammen mit der Draconiterin Sela, dem Rondrageweihten Leuerich und dem Maraskaner Taperian wird er in ein Geheimnis aus der Zeit des Bosparanischen Kaiserreichs verwickelt: das Zepter des Horas. Als er dem legendären Artefakt näher kommt, wird er plötzlich vom Jäger zum Gejagten.

von Ansgar Imme

 

Mit Henning Mützlitz und Christian Kopp wurden erneut zwei Debütanten an die Reihe gelassen, die bisher sowohl für die Buchreihe als auch das Rollenspiel „Das Schwarze Auge“ (DSA) in keinster Weise tätig waren. Die beiden Autoren sind beide 28 Jahre alt und wurden 1995 auf das Rollenspiel aufmerksam. Interessant ist, dass erneut ein Roman aus dem Horasreich vorliegt, das verstärkt mit den letzten Romanveröffentlichungen bedacht wurde.

Der Adlerritter Darian von Farsid-Berlînghan, ein entfernter Verwandter des Herzogs von Methumis, langweilt sich in seiner Position in Vinsalt, bei der er vorwiegend mit Schreibtischtätigkeiten und Papierkrieg zu tun hat. Als er ein geheimnisvolles Paket seines alten Bekannten Magister Crano erhält, aus dessen Notizen er nichts entschlüsseln kann, und kurz darauf auch noch erfährt, dass dieser bei Ausgrabungen nahe der Stadt Arivor spurlos verschwunden ist, hält ihn nichts mehr in der Hauptstadt, und er nutzt diesen Vorwand, um der Enge und Langeweile zu entfliehen.

Als Bedeckung erhält er den Maraskaner Taperian an seine Seite, zudem bittet er seinen alten Freund, den Rondrageweihten Leuerich um seine Unterstützung. Gemeinsam reisen die drei nach Arivor, um bei der dortigen Ausgrabung nach dem Magier zu suchen. Vor Ort geraten sie mit der Draconiterin Sela aneinander, die sie aber anschließend bei den Nachforschungen unterstützt. Sie erzählt den Männern, dass Magister Crano und sie selbst auf der Suche nach dem Zepter des Horas sind, einem legendären und mächtigen Artefakt aus der Zeit der Kusliker Kaiser, genauer von Silem-Horas, dem Kaiser, der das Zwölfgötteredikt und damit die Trennung der Götter von den Götzen beschloss.

Als die vier die Forschungen weiterführen und dem Magister als auch dem Artefakt nachspüren, geraten sie zwischen die Fänge eines jahrhundertealten Geheimbundes, wiedererweckte Tote aus den Zeiten des Bosparanischen Reiches, und müssen tief in vergessene alte Gänge unter dem Arivorer Burgberg vordringen, an dessen Ende sie eine große Überraschung erwartet und ihre weitere Vorgehensweise stark beeinflusst. Da die Zeit drängt, reisen sie weiter in den wilden Süden des Landes, um Magister Crano zu retten, ehe die Gegner, dessen Zahl und Köpfe sie nicht kennen, der aber stets knapp hinter ihnen sind, diesen töten beziehungsweise seine Geheimnisse um das Zepter aus ihm herausholen können. Am Ende gilt es, eine alte Prophezeiung zu deuten, um den Ort zu finden, an dem das Zepter einst vor langer Zeit verborgen wurde. Und es kommt zur Konfrontation mit einem unerwarteten Grauen, was nicht alle überleben können...

Zum Erstlingswerk

Was die Außengestaltung betrifft, wird der Verlag immer besser beziehungsweise hält mittlerweile eine gute Qualität. Auch bei diesem Roman wurde ein passendes Titelbild gewählt, auch wenn es eine Szene von Anfang des Romans zeigt.

Der Roman selbst wird einigen Lesern nicht gefallen. Der Rezensent zählt allerdings nicht zu diesen – obwohl er nach dem nichtssagenden Prolog sich an andere Romane dieser Art erinnert fühlte und den Roman schon wieder beiseite legen wollte. Denn der Prolog ist überhaupt nicht von Bedeutung und könnte auf jeden Fall weggelassen werden und ist der schwächste Teil des gesamten Buches. Eigentlich stellt das erste Kapitel den Prolog dar. Und dieses schafft dagegen schon so viel Spannung, dass man gerne weiterlesen möchte.

Und Spannung schaffen und halten ist eine der ganz großen Stärken des Romans und der beiden Autoren. Elegant werden immer wieder schnelle, actionreiche und spannende Passagen beschrieben, die den Leser kaum zum Atmen kommen lassen, die sich dann aber auch wieder mit kurzen, ruhigen und erklärenden Abschnitten abwechseln. Gerade das mag für manche Leser natürlich dem Lesevergnügen abträglich sein, da speziell in der zweiten Hälfte des Bandes die Kämpfe und eine gewisse Brutalität vermehrt vorkommen. Ein Aventurienkenner mag sich an dieser Stelle auch mal fragen, ob dies zum „Horasreich“ als Kulturland passt und ob die oft grundlose Brutalität und Kaltschnäuzigkeit des Tötens nicht eher ein wenig Effekthascherei ist.

Ansonsten weisen die beiden Autoren ein sehr hohes Hintergrundwissen über Geographie, Bewohner und politische sowie geschichtliche Gegebenheiten auf und wissen dies und viel Lokalkolorit elegant und spürbar in die Geschichte und Schilderung der Ereignisse einzubauen, sodass man sich vor allem als „DSA“-Spieler wirklich wie zu Hause beziehungsweise wie im Horasreich (aus den Beschreibungen der Rollenspiel-Quellenbücher) fühlt.

Die Personen sind weitestgehend auch sehr gut getroffen, wobei Darian, den man als Hauptperson bezeichnen kann, natürlich am meisten Platz und Beschreibung erhält. Die Autoren versuchen, seine kleine Wandlung in der kurzen Zeit deutlich zu machen, ohne dass er plötzlich alle Verhaltensweisen abwirft. Oft wirkt er sympathisch, aber trotzdem bleiben für den Leser auch noch genügend Stellen, um sich an ihm zu „reiben“. Auch die anderen Charaktere werden passend beschrieben, sodass sie gut und schnell im Gedächtnis hängenbleiben und ein Bild vor dem Auge des Lesers entsteht.

Während Taperian und Sela dem „aventurischen“ Hintergrund gemäß agieren, zeigt der Rondrageweihte Leucherich an einigen Stellen ein zu seiner Göttin unpassendes Verhalten (was natürlich nur dem „DSA“-Rollenspieler auffällt), wenn er ein Töten aus dem Hintergrund zulässt oder mit einem Knurren abtut, was seinem Ehrenkodex vollkommen widerspricht. Taperian bildet dagegen als „Sidekick“ von Darian über den gesamten Roman den humorvollen Gegenpart zu den ernsten Themen, der einen als Leser immer wieder zum Lachen bringt – trotz seiner teilweise brutalen Vorgehensweise. Die Gegner der Helden bleiben weitestgehend im Hintergrund und geben mehr die unsichtbare Bedrohung ab. Selbst als sie sich zum Ende hin zeigen, erfährt man wenig über und ihre vollen Motive, was aber der Handlung keinen Abbruch tut.

Eine Anmerkung noch zur Handlung: Diese wirkt speziell im mittleren Teil des Buches stark von Indiana Jones (vor allem Teil 3: „Der letzte Kreuzzug“) inspiriert bis sogar „abgeschrieben“. Dies ist aber passenderweise so schön „aventurisiert“ und neu erfunden worden, dass man als Leser gerne darüber hinwegschaut. Zudem lässt das Ende sogar noch die Möglichkeit einer Fortsetzung.

Fazit: Die Qualität und der Lesegenuss von „Das Zepter des Horas“ sind für ein Erstlingswerk überraschenderweise sehr hoch. Sowohl die Handlung als auch die Einbettung in das „Schwarze Auge“-Universum lassen fast nichts zu wünschen übrig. Dabei ist der Roman auch recht gut für Einsteiger beziehungsweise Nichtkenner des „Schwarzen Auges“ und „Aventurien“ geeignet. Sehr zu empfehlen!

Mit freundlicher Unterstützung von Fantasy Productions GmbH, www.fanpro.com und www.f-shop.de.


Das Zepter des Horas (DSA-Roman Nr. 103)
Fantasy-Roman
Henning Mützlitz, Christian Kopp
Fantasy Productions 2008
ISBN: 3890642365
318 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 9,00

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