Drachenjäger von Xorlosch

„Das Schwarze Auge“, das berühmteste und am weitesten verbreitete deutsche Rollenspiel, hat nach „Der Weg nach Drakonia“ ein weiteres, neues Brettspiel erhalten. Diesmal ziehen die Zwerge aus, um bei der Erfüllung der gestellten Questen mit Taktik und Raffinesse nicht nur die Drachen in ihre Schranken zu weisen.

von Chris Sesterhenn

 

 

Trockene Fakten – die äußeren Werte:

„Drachenjäger von Xorlosch“ ist das zweite neue Brettspiel in der DSA-Welt von Folker Jung für zwei bis sechs Spieler. Die Box ist sehr kompakt gehalten (daher auch zum Mitnehmen geeignet) und das Titelbild zeigt die Hauptakteure des Spiels: die Zwerge von Xorlosch, welche sich teilweise im Kampf gegen einen dreiköpfigen, grünen Drachen befinden. Sehr auffällig sind erneut die Zeichnungen, welche den typischen DSA-Stil widerspiegeln und somit insbesondere bei den Fans des Rollenspiels für einen großen Wiedererkennungseffekt (das Cover ist wieder von Zoltan Boros) sorgen dürften.

In der Box befindet sich neben dem üblichen Werbeflyer das gerade einmal acht-seitige Regelwerk. Davon hält die erste Seite eine kleine Hintergrundgeschichte und die achte eine Kurzübersicht der Regeln parat. Somit sind die Regeln auf gerade einmal sechs Seiten verteilt, welche zudem auch noch zahlreiche erläuternde (farbige) Abbildung beinhalten. Das Spielbrett ist ebenfalls wieder detailreich gestaltet und ist von beiden Seiten bespielbar. Den konkurrierenden Zwergengruppen stehen somit eine Ruinenlandschaft und ein Verlies zur Erfüllung der Questen zur Verfügung. Zum weiteren Spielmaterial gehören die 36 Aufgabenkarten, welche in den Farben rot, blau und grün die zu lösenden Questen bilden, dann noch die jeweils drei Exemplare der drei magischen Gegenstände sowie natürlich die Spielsteine.

Diese Spielsteine sind diesmal Würfel. Für jeden der potentiell sechs Spieler steht jeweils ein Set von sechs Würfeln zur Verfügung (jedes Set in einer eigenen Farbe). Aus den Regeln ergibt sich, dass eine Zwergengruppe aus Kriegern (dargestellt durch eine Axt und einen etwas größeren Würfel) sowie Mechanikus (dargestellt durch eine Zange) bestehen kann. Dies erklärt sowohl die drei etwas kleineren Würfel je Set als auch das zusätzliche Axt- oder Zangensymbol. Etwas verwirrend ist der Beizettel mit der verkleinerten Darstellung der Spielpläne. Doch das hat durchaus seinen Sinn. Weiter unten mehr.

Um was geht es überhaupt? – zum Inhalt:

Im Gegensatz zum ersten neuen DSA-Brettspiel konzentriert sich „Drachenjäger von Xorlosch“ diesmal auf eine einzelne Kultur ... und zwar die Zwerge. Während Titelbild und auch Titel selbst eine Jagd auf Drachen vermuten lassen würde, geht es für die jungen Zwerge „nur“ darum, gestellte Aufgaben zu lösen. Die einzelnen Aufgaben bilden dabei zusammen eine Queste. Die „grünen“ Questen bestehen aus zwei, die „blauen“ aus drei und die „roten“ sogar aus vier Aufgabenkarten. Diese Aufgabenkarten zeigen eine Zahl, welche die Position auf dem Spielbrett anzeigt, ein Axt- oder Zangensymbol, welches den Zwergentyp zur Lösung der Aufgabe festlegt, sowie eine Abbildung, welche nur zu Stimmungszwecken benötigt wird. Um eine Queste zu lösen, muss mindestens ein Zwerg der richtigen Kategorie (Kämpfer oder Mechanikus) bei jeder Aufgabenkarte platziert sein.

Jeder Spieler kann sich seine Zwergengruppe beliebig zusammenstellen. Er darf dabei aber den Erfahrungswert von insgesamt 5 Stufen zu Beginn nicht überschreiten. Jeder Zwerg wird durch einen Würfel repräsentiert, dessen Augenzahl auch zugleich die Stufe des Zwergs anzeigt. Wie schon zuvor erwähnt, steht das Axtsymbol auf dem Würfel für einen Kämpfer und die Zange für einen Mechanikus. Zur Erfüllung der Aufgaben können die Zwerge magische Gegenstände einsammeln. Die „Phiole mit Erfahrungstrank“ verleiht einem einzelnen Zwerg kurzzeitig heroische Kraft, die „Stiefel der Bewegung“ geben einem Zwerg zusätzliche Bewegungspunkte und ermöglichen ihm das Überwinden von Hindernissen und die „Drachenfalle“ gewährt einem Zwerg die Möglichkeit, die Voraussetzung einer beliebigen Aufgabe vor Ort zu erfüllen.

Das Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Aufgabenkarten zu ergattern. Diese Aufgabenkarten erhöhen aber auch schon während des Spiels die Gesamtsumme der Erfahrungsstufen der Zwergengruppe. Für jeden Zug stehen dem Spieler nur acht Bewegungspunkte zur Verfügung, die zudem noch um die Anzahl der Zwerge in einer Gruppe reduziert wird (bei maximal sechs Zwergen in einer Gruppe ergibt dies mindestens zwei Bewegungspunkte).

Das grundlegende Konzept des Spiels besteht darin, die eigenen (passenden) Zwerge bei den Aufgabenkarten zu platzieren und somit die Queste lösen zu können. Eine Questenerfüllung kann dabei durch Majorität der Erfahrungsstufe vor Ort als auch durch Diplomatie erfolgen. Beim Einsatz von Diplomatie können die einzelnen Aufgaben einer Queste von Mitgliedern aus unterschiedlichen Zwergenteams erfolgen. Dieses Prinzip dürfte eher selten bei nur zwei Spielern zum Einsatz kommen.

Etwas Besonderes ist die Ehrerbietung gegenüber höherstufigen Zwergen aus anderen Gruppen. Dabei muss der Zwerg mit der niedrigeren Stufe beim Passieren eines Höherrangigen einen Bewegungspunkt zur erforderlichen Ehrerbietung bezahlen.

Zuckerbrot und Peitsche – Pro und Contra:

Dieses Brettspiel basiert auf dem Hintergrund der Spielwelt des Rollenspiels „Das Schwarze Auge“ und ist kein Versuch, dieses Rollenspiel umzusetzen. Als Hintergrund werden die Zwerge der Zwergenstadt Xorlosch angeführt, welche durch die Erfüllung der gestellten Questen das Volk der Zwerge sowie die Menschen vor den Drachen beschützen. Jeder Spieler mit etwas tiefergehenden DSA-Hintergrundwissen wird hier schon einige Unstimmigkeiten erkennen.

Die Spielregeln sind erfreulich kurz gehalten und sind zudem sehr leicht verständlich. Die erläuternden Abbildung sorgen dabei für das gute Verständnis. Zur Orientierung sind die wichtigsten Sätze rot hervorgehoben. Dies ist bei der Suche auf gerade einmal sechs Seiten auch völlig ausreichend. Die beiden Spielpläne sind zwar sehr detailreich gezeichnet, haben aber einen großen Schwachpunkt: Die einzelnen Felder und somit auch die Bewegungsmöglichkeiten lassen sich (insbesondere zu Beginn) nur sehr schwer erkennen. Hier hält die Box die schon oben erwähnte verkleinerte Übersicht mit allen Bewegungsmöglichkeiten bereit. Mit steigender Erfahrung im Spiel nehmen die Blicke auf eben jene Beilage aber ab.

Das Spielprinzip und die einzelnen Regeln sind sehr schnell und auch leicht zu erlernen. Bei mehreren Spielern ist das Diplomatiekonzept ein wichtiger Faktor und wird dann zu einem wichtigen taktischen Mittel. Die Taktik ist ein Kernpunkt des Spielprinzips. Da die aktuellen Aufgaben der Questen auf dem Spielfeld ausliegen und die nachfolgenden Aufgaben schon offen ausliegen, gilt es, seine Zwerge möglichst mit Planung für die nächsten Questen zu platzieren. Hierin liegt aber auch ein potenzieller Kritikpunkt. Das Konzentrieren auf die zukünftigen Aufgaben kann den Spielspaß etwas hemmen. Ebenfalls ungünstig wirkt es sich aus, wenn einer der Spieler mit der Anzahl der erfüllten Aufgaben davonzieht. Dies ist durch die anderen Spieler nur schwer wieder zu kompensieren. Doch für diese Problemfälle können sich die jeweiligen Spielrunden schnell passende Hausregeln entwerfen.

Die Spielpläne sind für Neulinge schon etwas verwirrend. Aber die Wahl der Würfelfarben stellt alle Spieler vor Probleme, sobald die Lichtverhältnisse etwas ungünstig werden. Bei Kerzenschein ist „Drachenjäger von Xorlosch“ mit allen Würfeln kaum spielbar, da einige der Farben dann kaum noch zu unterscheiden sind.

Doch das Spielprinzip ist leicht zu erlernen und bietet durch den hohen Taktikanteil auch nach zahlreichen Spielrunden noch Spaß und Spannung. Erfreulicherweise stehen die Regeln auf den Internetseiten von Fantasy Productions zur Einsicht zur Verfügung.

Wissensschatz – gesammelte Erfahrungen:

Die Regeln sind wirklich schnell erlernt und das Spielprinzip verinnerlicht. Mit zunehmender Übung steigt auch die Fähigkeit, Strategien in das eigene Spiel einfließen zu lassen. Die Schwierigkeiten mit den Spielplänen werden durch entsprechendes Training abgemildert, aber ein gelegentlicher klärender Blick bleibt dennoch.

Mit steigernder Spieleranzahl nimmt der Erfolg der eigenen Strategien wieder ab. Bei nur zwei Spielern kommt hingegen das Diplomatieprinzip eher selten (bis gar nicht) zum Einsatz. Die „optimale“ Spieleranzahl würde ich mit vier  angeben.

Für wen lohnt es sich? – meine Einschätzung:

Die alles entscheidende Frage: Für wen lohnt sich dieses Brettspiel? DSA-Fans, welche eine Brettspielvariante ihres Rollenspiels erwarten, werden auch hier wieder nicht fündig. Das Spiel ist durch seine Spielidee aber für jeden Spielefan geeignet und könnte somit – insbesondere durch die sehr stimmigen Abbildungen – durchaus ein Einstieg in die DSA-Welt darstellen.

Fazit: Mit „Drachenjäger von Xorlosch“ präsentiert Fantasy Productions das nächste neue DSA-Brettspiel. Doch auch dieses Spiel hat hauptsächlich wieder nur einen visuellen Bezug zu dem bekannten Rollenspiel. Folker Jung bietet aber erneut eine Spielidee, welche jeden Spielefan begeistern kann. Und für den Preis von Euro 24,95 kann ich „Drachenjäger von Xorlosch“ wirklich für einen genaueren Blick empfehlen.

Mit freundlicher Unterstützung von Fantasy Productions GmbH, www.fanpro.com und www.f-shop.de.


Drachenjäger von Xorlosch
Brettspiel für 2 bis 6 Spieler
Folker Jung
Fantasy Productions 2006
ISBN: 3-89064-864-9
Box mit Spielplan, Aufgabenkarten, Spielsteinen, deutsch
Preis: EUR 24,95

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