Dr. Who – Rad aus Eis

Doctor Who? Genau der! Was in den 1960ern als Fernsehprogramm der BBC begann, hat sich auch hierzulande zum Britkult entwickelt. Und so kommt der spleenige Doctor mit seiner Tardis zum ersten Mal seit langer Zeit auch wieder in die heimischen Bücherregale.

von Andreas Loos

Es ist nun fünfzig Jahre her, seit der Doctor das erste Mal im Programm der BBC über den Bildschirm flimmerte. Das Jubiläum ist für den Cross-Cult-Verlag Grund genug, den Zeitreisenden in der Polizeinotrufzelle in ein besonderes Schlaglicht zu setzen. Für den Roman aus der Feder von Stephen Baxter hat der Verlag eine sehr hochwertige Verarbeitung gewählt. Das stabile Hardcoverbuch mit dem griffigen, schweren Papier und dem Schutzumschlag machen einen sehr guten Eindruck in meinem Bücherregal. Hier bleiben bei mir keine Wünsche offen.

Die Handlung entführt den Leser in die Zeit der zweiten Inkarnation des Doctors, der in der Serie von Patrick Troughton dargestellt wurde. Begleitet wird der Doctor auf diesem Abenteuer von James McCrimmon, genannt Jamie, der sich dem Doctor in der Episode „Highlanders“ anschloss, und Zoe Heriot, die sich im Anschluss an die Episode „Wheel in Space“ an Bord der Tardis geschlichen hat. Das Schiff, das dauerhaft das äußere Erscheinungsbild einer Polizeitelefonzelle angenommen hat, stößt auf eine Raum-Zeit-Störung. Im Orbit um einen Saturnmond besteht eine frühe Bergbaukolonie, welche seltene Erze für die rohstoffhungrige Erde abbaut. Das Rad aus Eis, wie die Station genannt wird, ist in jeder Hinsicht Flickwerk. Die einzelnen Sektionen sind aus ausgedienten Raumschiffen und verbrauchten Raketenstufen oder örtlichen Eisasteroiden zusammengesetzt worden.

Ähnlich instabil ist auch das soziale Gefüge der Kolonie im Weltraum. Baxter macht als Grundlage für die Gesellschaft Anleihen bei Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“, das als zeitloser Klassiker immer wieder gerne für Buchbesprechungen in der Oberstufe genommen wird. Das hier genutzte System verzichtet zwar auf die künstliche Zeugung und die umfassende Indoktrination, steckt die Bewohner jedoch in einzelne soziale Kategorien, die man gleich an der Farbe der Kleidung erkennen kann. Soziale Spannungen und auch Unruhen sind damit vorprogrammiert. Plötzlich auftretende Sabotageakte gefährden das Bergwerk und die Station. Angeblich lauern unheimliche Wesen in den dunklen Ecken des „Rads aus Eis“.

Der Doctor und seine Begleiter versuchen hinter das Mysterium zu kommen, das die Station umgibt. Keine leichte Aufgabe in einem Klima, das von gegenseitigem Misstrauen geprägt ist. Die Bewohner machen die Besatzung der Tardis dann auch schnell für die hiesigen Probleme verantwortlich. Des Rätsels Lösung sieht derweil ganz anders aus, als alle dachten. Und derjenige, der hinter den Ereignissen steckt, hat die Macht, die Station zu zerstören und alle zu töten.

Die Geschichte ist gut geschrieben und hat keine logischen Bugs. Baxter hat sich im Vorfeld eine Menge Gedanken um eine plausible Story gemacht. Außerdem hat der Autor darauf geachtet, dass sich das Umfeld an den technischen Möglichkeiten der näheren Zukunft orientiert. So wird an Bord des Rades Schwerkraft in Form von Zentripetalkraft simuliert. Und die Bewohner recyceln alles, was sie an Rohstoffen haben oder gewinnen Nahrungsmittel mit hydroponischen Gärten. Das fand ich richtig gut.

Von den Charakteren gefiel mir Jamie noch besser als der Doctor, und den fand ich schon gut. Zoe dagegen war ein wenig arg voreingenommen und besserwisserisch. Was mir ebenfalls zugesagt hat, waren die vielen Bezüge auf die britischen Inseln. Ein Roboter mit schottischem Akzent und ein Highlander, der bei jeder Gelegenheit über die Engländer herzieht, sind nur ein kleiner Ausschnitt, der hier geboten wird.

Natürlich hat Baxter das Rad mit dieser Geschichte nicht neu erfunden. Die Handlung folgt einem klassischen Muster. Auch verläuft sie recht linear. Auf Rückblenden und andere Kunstgriffe wird größtenteils verzichtet. Doch das schmälert das Lesevergnügen nicht.

Fazit: Dr. Who ist Kult – auch fünfzig Jahre nachdem die Tardis ihre erste Reise über den Bildschirm antrat. Der erste „Dr. Who“-Roman in zwanzig Jahren, der auf Deutsch veröffentlicht wird, bringt den Kult in den Lesesessel. Der Preis für das opulente Hardcoverbuch mit dem coolen Schutzumschlag ist angemessen. Es bleibt zu hoffen, dass Cross Cult auch noch andere Bücher mit dem Doctor veröffentlicht.


Dr. Who Rad aus Eis
Film/Serien-Roman
Stephen Baxter
Cross Cult 2013
ISBN: 978-3-86425-195-5
413 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 22,00

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