von Oliver Adam
Die Ausstattung der voluminösen DOOM-Box ist zweifelsohne beeindruckend. Neben den jeweils 12-seitigen Regel- und Szenariobüchern (in englischer Sprache) ist die Schachtel randvoll gefüllt mit Spielmaterial. Insgesamt 58 variabel zusammensteckbare Brettelemente wie Räume, Kreuzungen und Gänge sowie 14 Papp-Türen bieten nahezu unendliche Möglichkeiten, das Spielfeld immer neu zu gestalten. Darüber hinaus gibt es unzählige Papp-Marker, die entweder Ausrüstungsgegenstände der Marines darstellen oder das Spielfeld ergänzen. Hierzu gehören Teleportfelder, Hindernisse, Munition, Rüstungen, Wunden, Waffen, etc. Das Highlight der generösen Aufmachung sind jedoch die 66 Plastikfiguren in unterschiedlichen Größen. Zombies, Imps und Archviles sind entfernt humanoide Wesen, deren Figuren rund 30mm hoch sind. Stärkere Gegner wie der Mancubus, Hell Knight oder der Grauen erregende Cyberdemon werden durch riesige Miniaturen von bis zu 80mm Höhe dargestellt. Auch wenn die Figuren nicht an den Detailgrad von Games-Workshop-Modellen heranreichen und einige Gussgrate an den Rändern ausgebessert werden müssen, sind sie eine imposante Erscheinung auf dem Spielbrett. Schade nur, dass für Monster und auch Marines jeweils die kräftigen Farben blau, rot oder grün gewählt wurden und dadurch eine Unterscheidung auf dem Spielfeld in der Hitze des Gefechts erschwert wird. Zwar ist es aus regeltechnischer Sicht notwendig, die Invaders farblich zu charakterisieren; es wäre aus meiner Sicht jedoch stimmungsvoller gewesen, sie grau darzustellen und die Differenzierung über die Farbe der Base vorzunehmen.
Die Regeln und der Ablauf des für 2-4 Spieler konzipierten Spiels sind unkompliziert und lassen viele Freiheiten für taktische und strategische Vorgehensweisen. Jeder Marine startet mit einer festgelegten Anzahl an Munitionskärtchen, Wunden und Rüstungen. Weitere zufällig gezogene Karten geben jeder Figur weitere taktische Tiefe und Möglichkeiten wie zusätzliche Aktionen oder Boni. Entsprechend des ausgewählten Szenarios wird zu Beginn des Spiels nur ein Teil des Spielfeldes aufgebaut. Mit Fortschreiten der Mission dringen die Marines immer weiter in die klaustrophobischen Gänge ein, und das restliche Spielfeld mit Gegnern, verstreuten Waffen und Munition wird nach und nach aufgedeckt. Dabei variiert die Menge der platzierten Monster und Ausrüstungsgegenstände mit der Anzahl der Mitspieler.
Den Marine-Spielern stehen in jeder Runde verschiedene Aktionen zur Verfügung, wie zum Beispiel sprinten (und auf Angriffsaktionen verzichten), vorrücken und angreifen oder Stellung halten und angreifen. Im Anschluss daran erhält der Invader-Spieler Event-Karten, mit denen er weitere Gegner aufs Feld bringen oder überraschende Aktionen starten kann, wie beispielsweise seinen Figuren zusätzliche Bewegung oder Angriffe zu verschaffen. Deren Menge richtet sich nach der Anzahl der gegnerischen Marine-Spieler und hat somit einen großen Einfluss auf das Spielgleichgewicht. Danach zieht der Invader-Spieler seine Figuren, wobei jede Monster-Gattung seine individuelle Eigenschaften hat.
Angriffe können entweder im Nahkampf oder im Fernkampf ausgetragen werden. Während der Invader-Spieler auf die jeweiligen Waffen des Monsters festgelegt ist, kann der Marine-Spieler entscheiden, welche Waffe er nutzen möchte. Zum Repertoire gehört ein Waffenarsenal, das bereits aus den PC-Spielen bekannt ist: Kettensäge, Pistole, Handgranate, Raketenwerfer, Shotgun, Chain Gun, Plasma Gun und auch die beliebte BFG (Big Fucking Gun). Voraussetzung ist, dass sowohl Waffe als auch passende Munition zur Verfügung stehen, also entweder zur Grundausrüstung gehören oder im Verlauf des Spiels aufgesammelt wurde. Jede Waffe besitzt charakteristische Merkmale, die über die Anzahl der relevanten Würfel und Boni bestimmen. Clever an den farblich unterschiedlichen Würfeln ist, dass sie sowohl Trefferwurf als auch Schadenswurf in einem regeln. Sobald die Wunden eines Marines auf Null fallen, gilt dieser als getötet („fragged“) und der Invader-Spieler erhält einen Siegespunkt. In der darauf folgenden Runde kann diese Figur aber wieder mit der Ausgangsausrüstung von neuem aufs Spielfeld gesetzt werden und am Geschehen teilnehmen.
Die Siegesbedingungen sind von Mission zu Mission ähnlich und überzeugen kaum durch Einfallsreichtum. Zumeist müssen die Marine-Spieler einen spezifischen Punkt auf der Karte erreichen, was aber nur möglich ist, wenn zuvor ein bestimmter Schlüssel gefunden wurde. Das Ziel der Invaders ist, dies zu unterbinden und eine vorgeschriebene Anzahl von „frags“ – also getöteter Marines – zuwege zu bringen.
Leider liegt dem Spiel nur ein dünnes Szenariobuch über fünf unterschiedlich lange Missionen bei. Für weitere Herausforderungen wird man auf die Homepage des Herstellers verwiesen, allerdings ist auch dort ( www.fantasyflightgames.com) aktuell nur ein einziges Modul verfügbar. Weitere Fan-basierte Konzepte findet man unter www.boardgamegeek.com.
Das Spiel ist sehr strategisch und macht großen Spaß. Allerdings haben unsere Testspiele gezeigt, dass bei der maximalen Spieleranzahl von drei Marines und einem Invader grundlegende Schwächen in der Ausgewogenheit des Spiels zugunsten des Invaders auftreten. Durch die hohe Anzahl an Event-Karten, die dem Invader zur Verfügung stehen, ist es fast immer möglich, den Strategien der Marines etwas entgegen zu setzen. Eine Alternative kann sein, die Anzahl der neuen Event-Karten je Runde einzuschränken oder die Rolle des Invaders als Spielleiter umzuinterpretieren. Zusätzlich ist auf der Seite des Herstellers mittlerweile ein Update zum Download verschiedener Schwierigkeitsmodifikationen erschienen (www.fantasyflightgames.com).
Darüber hinaus ist die auf der Box abgedruckte Spielzeit von 60-90 Minuten deutlich untertrieben. Nach unseren Erfahrungen ist bei einer halbwegs überlegten Vorgehensweise mindestens von einer dreimal so langen Spielzeit auszugehen.
Fazit: „DOOM – The Board Game“ überzeugt durch seine großzügige und imposante Ausstattung mit zahlreichen Brettelementen, Karten und Figuren. Alleine die Menge und die Qualität des vorhandenen Materials rechtfertigt den Kaufpreis von $ 54,95. Die Regeln sind unkompliziert und gut durchdacht, so dass das Spiel eine strategische Tiefe und einen hohen Spaßfaktor besitzt. Leichte Schwächen besitzt das Spiel in der Ausgewogenheit der beiden Parteien, die allerdings mit ein paar kleinen Eingriffen geglättet werden kann. Darüber hinaus sind die beigelegten fünf Szenarien zu wenig. Hier hätte ich mir mehr Material gewünscht. Mit diesen (wenigen) Einschränkungen kann „DOOM – The Board Game“ allen, die an strategischen Brettspielen interessiert sind, empfohlen werden.
DOOM – The Board Game
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler
Kevin Wilson, Greg Benage, Christian T. Petersen
Fantasy Flight Games 2004
ISBN: 1-58994-181-0
Modularer Spielplan, Plastik-Spielfiguren, Tokens, englisch
Preis: $ 54,95
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