Die Schrecken der Schwarzen Lords

„Die Schrecken der Schwarzen Lords“ heißt das erste Abenteuer für das „Einsamer Wolf Mehrspielerbuch“. Der Titel klingt viel versprechend! Er klingt nach Einsamem Wolf pur! Man darf gespannt sein, ob das Abenteuer das auch hält.

von Morgath

 

Das Buch erscheint im gewohnte „Einsamer Wolf“-Format. Es ist etwas über 180 Seiten dick. Vorne findet sich eine farbige Landkarte der freien Königreiche Sommerlund und Durenor, die der Leser schon aus der Fantasy-Spielbuch-Reihe kennt, hinten finden sich der Charakterbogen und die üblichen Tabellen. Im Buch selbst stößt man noch auf eine schwarz-weiße Karte der Stadt Toran.

Inhaltlich besteht das Buch aus einem ausführlichen Vorwort und einem Abenteuer in fünf Akten. Im Vorwort wird nicht nur ein Überblick über das Abenteuer gegeben, sondern es werden auch bisherige Erfahrungen zu einigen Punkten wie Proben, Kämpfen und Versterben eines Charakters angesprochen. Nützlich für die Ausgewogenheit innerhalb einer Gruppe ist zum Beispiel der Vorschlag, den Startwert für die Ausdauerpunkte nicht zu erwürfeln, sondern von der erwürfelten Kampfkraft abhängig zu machen, indem man die für Kampfkraft ermittelte Zufallszahl von 29 abzieht. Das bedeutet, je höher die Krampfkraft, um so niedriger die Ausdauer; beziehungsweise umgekehrt.

Im ersten Akt des Abenteuer („Das Böse naht...“) werden die jungen Kai-Lords (= Spieler) in das entlegene Dörfchen Yrsonor am Rande der Schroffensteingebirges geschickt, um das Verschwinden mehrerer Dorfbewohner aufzuklären. Begeleitet werden sie von ihrem Lehrmeister Sturmlied, der allerdings nicht das Kommando inne hat, sondern lediglich beobachten soll, wie gut sich seine Schüler anstellen. Bei ihren Nachforschungen stoßen sie auf ein groß angelegtes Komplott gegen das Königreich. Leider wird ihr Lehrmeister dabei von den Widersachern gefangen genommen, sodass die Spieler nun auf sich alleine gestellt sind.

Die Spur führt in dem zweiten Akt („Verrat in Toran“) nach Toran, wo es nicht nur gilt, den Verräter zu finden, sondern auch noch, einen gefährlichen Anschlag gegen die Stadt zu vereiteln. Anschließen begeben sich die Kai-Lord im dritten Akt („Das Grab des Gründers“) auf die Suche nach einem Grab. Hierzu müssen sie ein Schattentor durchschreiten. So kommen sie in die Ebene des Lichts. Dort warten zahlreiche moralische Prüfungen auf die Kai-Lord, die nun zeigen müssen, ob sie den Kodex ihres Ordens wirklich verstanden haben und leben. Als sie die Ebene des Lichts verlassen, finden sie sich im vierten Akt („Probleme in V’ka“) in den Maakensümpfen wieder. Das Einschleichen in eine feindliche Festung und die Bezwingen ihres Anführers steht als nächstes auf dem Programm. Zu guter letzt müssen sich die Kai-Lords im fünften Akt („Die untote Flut“) in die Maakenschlucht begeben, um die Wiedererweckung einer toten Legion zu verhindern und ihren immer noch gefangenen Lehrmeister zu befreien ...

Das vorliegende Abenteuer ist eine kleine Kampagne. Es geht um nicht weniger als die Rettung des ganzen Königreichs. Der Einstieg ist gut gewählt, da die unerfahrenen Kai-Lords zunächst – ihrem Rang entsprechend – einen verhältnismäßig einfachen Auftrag erhalten und erst im Laufe dieses Auftrages auf das große Komplott stoßen. Es ist dann auch gut nachvollziehbar, warum die Spieler das Komplott aufklären sollen und nicht ihre erfahrenen Ordensbrüder. Im Laufe des Abenteuers wachsen die Anforderungen an die Spieler. Zu Beginn werden sie noch von ihrem Lehrmeister begleitet, an den sie sich jederzeit wenden können, später müssen sie alleine zu recht kommen. Besonders gelungen sind die „moralischen Prüfungen“, die die Spieler immer wieder vor schweren Entscheidungen stellen. Dieses Merkmal scheint sich zu einer Besonderheit des bisher noch jungen „Einsamen Wolf Mehrspielbuchs“ zu entwickeln, denn bereits im Abenteuer im Regelwerk stößt man darauf. Persönlich gefällt es mir sehr gut, dass die Moral stärker in den Vordergrund gestellt wird – ein Punkt, den man in anderen Rollenspielsystemen eher selten findet. Insgesamt liegt somit ein sehr schönes Abenteuer vor, das abwechslungsreich und herausfordern ist und zudem gut die besondere Stimmung vom „Einsamer Wolf“ einfängt.

Das Abenteuer ist flüssig geschrieben und übersichtlich gegliedert. Ähnlich den Spielbüchern werden zahlreiche Szenen zunächst dargestellt, oft gibt es gar einen Text, der direkt vorgelesen werden kann, ehe dem Spielleiter die Möglichkeiten und die daraus folgenden Konsequenzen präsentiert werden. Verständlicherweise kann dieser Stil nicht ununterbrochen eingehalten werden, aber in vielen Szenen wird die Arbeit des Spielleiters damit erheblich vereinfacht. Neue Spielleiter dürften mit dieser Präsentierung gut zurechtkommen. Dafür ist das Buch hinsichtlich der Ausstattung enttäuschend. Handouts gibt es keine, obwohl sich einige aufgedrängt hätten. Mit Karten wird geknausert. Der Stadtplan von Toran ist ja ganz gefällig, aber für andere Orte (etwa das Dorf Yrsonor) oder Schauplätze (wie die Burg V’ka) gibt es keine Karten. Dazu kommt, dass die Gesamtkarte der Region unzureichend ist: So sind beispielsweise das Dorf Yrsonor (die Karte ist zu „grob“) und die Maakensümpfe (liegt außerhalb der Karte) darauf nicht zu finden, obwohl jeweils ein Akt dort spielt. Dies ist vor allem deswegen bedauerlich, weil sich das „Einsamer Wolf Mehrspielerbuch“ als Rollenspielsystem für Einsteiger sieht und gerade für Einsteiger Handouts und Karten eine große Hilfe darstellen. Bleibt zu hoffen, dass die nächsten Abenteuer üppiger ausgestattet sind.

Fazit: „Die Schrecken der Schwarzen Lords“ ist ein toller Einstieg in die Mehrspielerwelt von „Einsamer Wolf“. Das Abenteuer fängt die besondere Atmosphäre dieses Settings gut ein und stellt die Spieler vor spannende Aufgaben. Einzig die wenigen Karten trüben das ansonsten sehr positive Gesamtbild.


Die Schrecken der Schwarzen Lords
Abenteuerband
Pete Nash
Mantikore Verlag 2011
ISBN: 978-3-939212-11-9
184 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,95

bei amazon.de bestellen