Die Buffy-Chroniken 1: Der erste Stich

Um die Jahrtausendwende wurde dem Vampirgenre regelrecht eine Frischzellenkur verpasst. Hatten zuvor die schwermütigen Romane aus der Feder von Anne Rice unser Bild vom modernen Blutsauger geprägt, hielten mit Joss Whedons TV-Serie „Buffy – Im Bann der Dämonen“ plötzlich Highschoolgören, Sprüche klopfende Untote und die Monsterhatz zwischen Hausaufgaben und Herzschmerz Einzug im Genre. Der Erfolg der Serie brachte alsbald Dark Horse auf die Idee, eine die TV-Serie begleitende Comic-Reihe herauszubringen. Nun erscheinen – im Kielwasser der 8. Serienstaffel in Comic-Form – auch jene alten Bildergeschichten bei uns in Deutschland.

von Frank Stein

Unter dem Titel „Die Buffy-Chroniken 1: Der erste Stich“ ist im Sommer der erste Sammelband bei Panini Comics veröffentlicht worden. Ein Blick ins Impressum des 172 Seiten schweren Klappbroschurbandes zeigt, dass hier keine 1-zu-1-Umsetzung der US-Comics angestrebt wurde, sondern man sich vielmehr die Rosinen herausgepickt hat. Denn während die US-Bände 1 bis ca. 50 oft schlichte kleine Nebengeschichten erzählten, die mehr oder minder mit der TV-Serie verknüpft waren, begann man nach dem Jubiläum mit Heft 50 den „Buffy“-Kinofilm mit der TV-Serie zu verbinden, also praktisch die inhaltliche Leerstelle zu füllen, die zwischen Buffys Erweckung zur Jägerin in L.A. (dem Kinofilm-Abenteuer) und ihrem neuen Leben in Sunnydale (der TV-Serie) bis dato bestand.

Entsprechend enthält „Der erste Stich“ zwei größere Geschichten, wobei der Band bei den Ursprüngen beginnt.

Die erste Geschichte „Wie alles begann …“ ist eine werkgetreue Adaption von Joss Whedons Original-Drehbuch zu dem Film „Buffy – Der Vampirkiller“, einer eher seichten Horrorkomödie von 1992 mit Kristy Swanson, Donald Sutherland, Rutger Hauer und Luke Perry. Erzählt wird von der jungen Buffy Anne Summers, die in L.A. lebt und dort zur Schule geht. Sie ist die typische „Society“-Göre: hübsch, beliebt und ziemlich oberflächlich. Das ändert sich, als sie plötzlich durch einen seltsamen Mann namens Merrick von ihrer Berufung zur Jägerin erfährt. Als Jägerin bekommt sie übermenschliche Kräfte, extrem scharfe Sinne, die Fähigkeit zur Selbstheilung und prophetische Träume. Ihr erster Gegner ist ein uralter Vampir namens Lothos, der dafür sorgt, dass sich in Buffys Leben einiges grundlegend ändert.

„Buffy – Der Vampirkiller“ stellte Whedons ersten Versuch mit seinem Buffyversum dar, wurde aber von Regisseurin Fran Rubel Kuzui dermaßen „fehlinterpretiert“, dass der Streifen eher unfreiwillig komisch wirkte und nicht viel von dem whedonesken Touch hatte, den die Serie später ausmachen sollte. Der vorliegende Comic zeigt, wie der Film stattdessen hätte aussehen können, und wenngleich die Unterschiede nicht so gravierend ausfallen, wie es sich mancher vielleicht gewünscht hätte, ist er schon deshalb ein guter Einstiegspunkt, weil alles Kommende darauf aufbaut.

Dieses „Kommende“ wird dann mit der zweiten Geschichte „Viva Las Buffy“ eingeläutet. Die Story, welche die US-Einzelbände #51 bis #54 umfasst, schließt direkt an „Wie alles begann …“ an und erzählt, wie Buffy mit ihrem Freund Pike (namentliche Ähnlichkeiten mit einem später in ihr Leben tretenden Vampir sind rein zufällig) nach Las Vegas ausreißt, um dort in einem Spielkasino voller Blutsauger aufzuräumen. Interessant für Fans ist, dass hier erstmal der beseelte Vampir Angel und der Wächter Giles eingeführt werden, die später zur Stammbesetzung der TV-Serie gehören sollten. Allerdings kreuzen sich deren Wege noch nicht wirklich mit denen von Buffy, sondern laufen eher nebeneinander her (und vor allem Angels Auftritt ist stellenweise etwas eigenwillig).

Puristen mag stören, dass in den Geschichten Dawn, Buffys in der fünften TV-Serienstaffel magisch erschaffene jüngere Schwester, bereits auftaucht, obwohl sie zu dieser Zeit noch nicht existiert hat. Der kuriose Grund soll der sein, dass die Serienbuffy ihren Freunden Willow und Xander von ihren frühen Abenteuern erzählt (das wird kurz in einem Cameo der Scoobies gezeigt) und sich dabei natürlich an eine jüngere Dawn erinnert, deren Vergangenheit ja auf magische Art und Weise in die Köpfe der Jägerin und ihrer Familie eingepflanzt wurde. Dieser Ansatz ist ein wenig eigenwillig, schadet aber den Geschichten an sich nicht wirklich.

Fazit: Zwei Lesergruppen dürften sich über das Erscheinen der „Buffy-Chroniken“ besonders freuen: zum einen die Neulinge, die durch die 8. Staffel neugierig auf die frühen Abenteuer der Jägerin geworden sind (wenngleich ihnen natürlich dringend zum Konsum der Ursprungsserie geraten sei), und zum anderen die langjährigen Fans, die hier endlich eine interessante Leerstelle in Buffys Vergangenheit gefüllt sehen. Denen allerdings könnte sauer aufstoßen, dass Panini die ersten 50 Ausgaben der US-Comic-Reihe unterschlagen hat und dass die Autoren mitunter ziemlich viel Fantasie haben walten lassen, um wenigstens ein paar TV-Charaktere, wie Angel oder Dawn, in die ansonsten Buffy-zentrierte Handlung einzuflechten. Dessen ungeachtet ist die Reihe natürlich eine tolle Ergänzung zu den „neuen“ Comics, und es ist schön zu sehen, dass Panini immer mal wieder auch älteres Franchise-Material herauspickt, um es auf den deutschen Markt zu bringen.


Die Buffy-Chroniken: Der erste Stich
Comic
Dan Bereton, Christopher Golden, Scott Lobdell, Fabian Nicieza u.a.
Panini Comics 2009
ISBN: 978-3-86607-082-0
172 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 16,95

bei amazon.de bestellen