Die Abenteuer von Huckleberry Finn und Zombie Jim

Mark Twains literarische Abenteuer von Huckleberry Finn und dem schwarzen Sklaven Jim haben Generationen von Lesern unterhalten. Nun gibt es eine Neuinterpretation des klassischen Stoffes, im Stil von „Zombie-Mash-Up-Romanen“ wie Seth Grahame-Smiths Pionierwerk „Stolz und Vorurteil und Zombies“. Den Trip den „Ol' Man River“ hinunter macht dieses Mal neben einem lebenden Herumtreiber auch ein untoter.

von Simon Ofenloch

 

 

Wer nicht nur Mark Twains „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ sondern auch den vorab erschienen Roman „Die Abenteuer des Tom Sawyer“ kennt, weiß um die aufregenden Erlebnisse von Huckleberry mit dem bauernschlauen Tom Sawyer, die den beiden Lausebuben letztlich ein Schatzvermögen eingebracht haben. Mit diesem finanziellen Polster sollte sich Huck eigentlich keine großen Sorgen mehr im Leben machen müssen. Bei der Witwe Douglas hat er eine neue Heimat gefunden, geht zur Schule, trägt saubere Kleidung und versucht sich sogar am Essen mit Besteck. Doch das Leben wäre zu einfach, gäbe es da nicht die Bedrohung durch die verheerende Krankheit Tuberkulose, die Huck nur als „Tubelose“ kennt und die landesweit Menschen in mehr oder minder bösartige und hungrige Zombies verwandelt – man merkt, hier beginnt das vorliegende Buch vom Original abzuweichen. Und dann ist da auch noch Hucks nichtsnutziger Vater, ein chronischer Trunkenbold, der zwar nur selten auftaucht, dann aber vehement sein Erziehungsrecht einfordert und schnell die Rute zur Hand hat.  

Neben Tom Sawyer und anderen Kindern aus der Umgebung hat Huck noch einen besonderen Freund: Zombie Jim, der zahm und weniger zurückgeblieben ist als viele seiner Artgenossen, die mittlerweile jene Arbeiten übernehmen, die zuvor Sklaven verrichten mussten. Eines Tages wird Huck von seinem Vater gekidnappt. Als ihm dann bald die Flucht gelingt, indem er seinen eigenen Tod vortäuscht, trifft der Junge kurz darauf wieder den vertrauten Zombie Jim. Dieser ist seinerseits der Herrin Miss Watson entflohen, weil er fürchtete, verkauft zu werden. Mittlerweile wird er fälschlicherweise für den Mörder von Huck gehalten. So gibt es weder für Huck noch für Jim einen Weg zurück. Auf einem Floß machen sie sich gemeinsam auf eine abenteuerliche Reise, der Strömung des Mississippis folgend ...

Der als Mark Twain bekannt gewordene US-amerikanische Schriftsteller Samuel Langhorne Clemens hat mit den Geschichten von Tom Sawyer und Huckleberry Finn weltweit Erfolg und Ruhm erlangt. W. Bill Czologosz hat den Jugendbuchklassiker „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ ganz im Stil beliebter Zombie-Parodien umgeschrieben. Dabei hat er sich im Wesentlichen an den Handlungsverlauf der Vorlage gehalten, ganze Passagen regelrecht werkgetreu übertragen, so dass auch der Twain-typische hintersinnige Humor an einigen Stellen nicht verloren ist. Aus dem schwarzen Sklaven Jim ist der Zombie Jim geworden, ein Untoter mit teilweise schwer verständlichem Sprachfehler. Klugerweise hat Czologosz einen passenden Grund für die in die Ursprungshandlung integrierte Zombie-Epidemie gefunden: Als Ursache benennt er die Tuberkulose, die damalige Geißel der Menschheit. Raffiniert ist auch, dass die Untoten in seiner Version der Geschichte die afrikanischen Sklaven ersetzen.

Der Text lässt sich gut lesen, wenngleich auch gerade am Anfang einige Fehler enthalten sind, die wohl vor der Drucklegung übersehen wurden. Längere Aussagen von Zombie Jim in dessen unvollständiger, abgehackter Sprache machen etwas Mühe. Dafür entschädigen aber glanzvolle unterhaltsame Passagen wie beispielsweise das erste große Treffen von „Tom Sawyers Bande“. Für das stimmungsvolle Covermotiv und einige kunstvolle Illustrationen im Innenteil zeichnet der Bildkünstler Nic Klein verantwortlich. Ein schöner Bonus.

Fazit: Mark Twain würde sich im Grabe umdrehen – wäre er ein Zombie. Oder es womöglich doch mit dem ihm eigenen Humor nehmen. Denn eigentlich ist W. Bill Czologoszs Zombie-Parodie des Literaturklassikers reichlich charmant geraten. Mit allen gelungenen Eigenheiten der Vorlage und teilweise raffinierten Variationen.


Die Abenteuer von Huckleberry Finn und Zombie Jim
Fantasy-Buch
Mark Twain, W. Bill Czologosz
Panini Books 2011
ISBN: 978-3-8332-2331-0
288 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95

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