Der Gottbettler

„Der Gottbettler“ lässt seine Armee das gesamte Land erobern, um nach diesem Krieg der Welt endlich Frieden zu bringen. Eine noble Mission, die jedoch von sehr vielen misstrauisch beäugt wird. Somit gibt es nicht wenige, die gegen diese durchaus noble Absicht aufbegehren und es als Mission ansehen dies zu verhindern. Denn nur ein Herrscher für die Welt hat auch noch nie etwas Gutes bedeutet. Eine komplizierte Aufgabe für den magiebegabten Pirmen und seine unverhofften Begleiter.

von Lars Jeske

Der schon seit Jahren primär für die „Perry Rhodan“-Romanserie schreibende Michael Marcus Thurner legt mit „Der Gottbettler“ nach „Turils Reise“ und „Plasmawelt“ – zwei Science-Fiction für Heyne – mal wieder einen eigenständigen Roman vor, diesmal im Fantasy-Genre. Die Geschichte spielt somit in einer hoffentlich fiktiven, auf alle Fälle jedoch fantastisch angehauchten Umgebung. Der Auftakt und Aufbau der Story sind hierbei gleich direkt kinotauglich. Zuerst beschreibt Thurner einen Rückblick aus Sicht des bösen Bossgegners. Dann einen aus Sicht tapferer Recken, die vermutlich Teil der Allianz der Guten sind beziehungsweise waren. Anschließend erfolgt der Sprung in die Neuzeit, wo in zwei Kapiteln die Charaktere Terca und Pirmen eingeführt werden, die die weitere Erzählung tragen sollen. Summa Summarum sind dann schon einmal über 150 Seiten des Romans gelesen, bevor die eigentliche Handlung beginnt. Erahnen kann man, dass es gegen das Böse gehen soll, der Klappentext hilft jedoch dabei, da eine übergeordnete Story nicht sonderlich deutlich wird. Der Anfang ist dabei keineswegs konfus, jedoch ist man nicht schon so stark in diese neue Welt eingetaucht, wie bei manch anderen, ähnlich gelagerten Geschichten.

Etwas anderes wird schnell augenscheinlich: Wer dachte, dass die Welt von „Das Lied von Eis und Feuer“ schon hart und realistisch ein anderes Mittelalter zeigt, als man es aus der weich gezeichneten „Robin Hood“-Legende oder der „Arthus“-Sage kennt, der wird bei „Der Gottbettler“ sogar noch einmal überrascht. Es geht noch schlimmer: Die hier beschriebene Welt ist wirklich übel. Überall ist es dreckig, stinkt und die oberen 0,05% interessieren sich nicht dafür, wie der Pöbel verreckt. Dies zeigt Thurner auch deutlich mit seinem Schreibstil und der Wortwahl. Man muss zwar nichts beschönigen, aber mitunter gleiten dadurch auch die Figuren sehr stark ins Derbe ab. Das ist durchaus realistisch und diesem Weltentwurf durchaus angemessen, verursacht jedoch beim Leser auf Dauer ein abstoßendes Gefühl. Da man das Leben selber so direkt nicht kennt, bleibt man bei dieser Welt außen vor – gern sogar. Durch die ganzen Vergewaltigungen und andere Obszönitäten ist dieses Buch Jugendlichen nicht zu empfehlen. Es geht heftig zur Sache und weder verbal noch bildlich ist es leichte Kost für das Kopfkino.

Zeit also für den Auftritt der Helden, um die Welt zu retten oder zumindest zu verbessern. Hierbei probiert der Autor jedoch einen nahezu avantgardistischen Gegenentwurf zum Genretypus. In dieser schmutzigen, kriegsgebeutelten Welt kann es natürlich keine strahlenden Helden in weißen Westen und auf schönen Pferden geben. Das wäre komplett unrealistisch. Allerdings gibt es auch keine grauen Charaktere mit ein paar Flecken auf der moralischen Weste, wie zum Beispiel beim zu langatmigen und über den grünen Klee gelobten „Lied von Eis und Feuer“. In „Der Gottbettler“ sind alle Hauptcharaktere gebrochene Persönlichkeiten. Das allein wäre nicht schlimm, allerdings sind sie auch allesamt aufgrund ihrer Handlungen und ihres Hintergrundes keine Sympathieträger. Die Charaktere wirken darum zwar sehr realistisch für diese verbrauchte Welt, haben aber für mich dadurch das Manko, sich nicht mit ihnen identifizieren zu können und zu wollen. Vor allem das macht es für den Leser gegebenenfalls schwer, mit der sich langsam aufbauenden Story mitzufiebern. Das ist zum einen erschreckend, zum anderen realistisch – so, wie es wirklich auf der Welt sein kann. Auch sind einige Wendungen der Geschichte gewöhnungsbedürftig, auf alle Fälle aber einzelne Handlungsstränge unerwartet. Ein Reiz, dem man erliegen kann.

Fazit: Der schöne Klappentext skizziert leider nicht ganz die zu erwartende Geschichte. Diese kommt dann auch noch unnötig brutal und derb beschrieben aufs Tapet. Das Thema an sich ist interessant und vor allem die Auflösung recht plausibel. Mir persönlich fehlte jedoch noch mehr Beschreibung über die Motive der Bösen, um überhaupt mit den „Guten“ mitfiebern zu können. Das Augenmerk des Autors liegt nämlich auf der kompletten Aussparung von sympathischen oder faszinierenden Figuren. Dadurch ist das Buch so anders als viele, die man vorher gelesen hat oder lesen wird. Ob dieser Stil einem gefällt ist dabei – mehr als sonst schon – Geschmackssache.


Der Gottbettler
Fantasy-Roman
Michael M. Thurner
Blanvalet 2013
ISBN: 978-3-442-26942-6
501 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 14,00

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