Vor über dreißig Jahren, 1981, veröffentlichte der Games Designer Workshop ein Supplement für das „Traveller“-Rollenspiel namens „Trillion Credit Squadron“. Der Band enthielt Regeln zur Erschaffung großer Flotten und deren Einsatz, im Besonderen dienten die Regeln als Grundlage für Tabletop-Spiele bei Turnieren. Der Umfang dieses Büchleins waren damals „satte“ 48 Seiten. Ein Teil des Heftes war dem Reft-Sektor gewidmet, der als Beispielhintergrund dienen sollte. Der Sektor gehört zum offiziellen „Traveller“-Universum des Dritten Imperiums.

Die Neuauflage des „Traveller“-Rollenspiels durch Mongoose Publishing sorgte dafür, dass die generischen Regeln von „Trillion Credit Squadron“ und der Reft-Sektor voneinander getrennt wurden. Das alte Heft und die hier vorliegende übersetzte Hardcoverausgabe des 13Mann Verlages haben nur sehr wenige Gemeinsamkeiten. Ich habe zwar keine Möglichkeit, in das ursprüngliche Werk einen Blick zu werfen, gehe aber davon aus, dass weit über achtzig Prozent des vorliegenden Quellenbandes neue Informationen beinhalten. Der gut ausgearbeitete Hintergrund ist also mehr das Verdienst des Autors Martin J. Dougherty als das von Marc Miller. Optisch wird das Buch mit den üblichen Schwarz-Weiß-Zeichnungen aufgelockert. Für die einzelnen Subsektoren gibt es entsprechende Karten, welche die Orientierung erleichtern.

Die Informationen zu dieser Ecke des Weltraums füllen über 120 Seiten. Anders als bei vielen anderen Veröffentlichungen zu „Traveller“ finden sich hier keine neuen Regeln. Es handelt sich um einen reinen Hintergrundband. Bevor der Leser etwas zum Reft-Sektor erfährt, werden erst einmal die Rahmenbedingungen des originären „Traveller“-Universums abgesteckt. Informationen für all diejenigen, welche bisher keinen Kontakt mit dem „Traveller“-Universum hatten und nicht auf einen der anderen Quellenbände zurückgreifen können. Raumfahrt, Sprachen, Zeitrechnung und Währungen sind nur ein paar Punkte, die hier zur Sprache kommen. Daneben werden die wichtigsten der verschiedenen Ableger der Menschheit vorgestellt, und auch die bedeutendsten Alienrassen erhalten ein Schlaglicht. Ein Abschnitt über die ominösen Alten, die dafür verantwortlich gemacht werden, dass die Menschen in grauer Vorzeit im All verstreut wurden, darf natürlich nicht fehlen. Für jemanden, der mit dem Hintergrund vertraut ist, erfährt man nichts Neues, die Informationen wurden schon in dem Quellenband über die „Spinwärts-Marken“ aufbereitet. Dort wurden die Themen zum Teil noch detaillierter als hier abgehandelt.

Im Anschluss wird dann der Reft-Sektor, näher beschrieben. Die einzigartige Lage im Großen Graben, einem Raumbereich mit sehr wenigen Sternen, der für Raumschiffe nur schwer zu passieren ist, sorgt für ein isoliertes Setting, das sich erst vor gut einhundert Jahren dem Imperium erschlossen hat. Ursprünglich besiedelt wurde der Sektor durch Generationenschiffe von der Erde, deren Mission startete, bevor der Sprungantrieb entwickelt wurde. Die Bewohner haben sich über Jahrtausende hinweg unabhängig vom Rest der Menschheit entwickelt. Der Kontakt mit dem Imperium brachte den Sprungantrieb zu den Welten der Inseln. Mit Reisezeiten, die von Jahrzehnten auf Wochen reduziert wurden, wurde nicht nur erstmals Handel möglich, es eröffnete sich auch erstmals die Möglichkeit, Krieg zwischen den Welten führen.

Dass der Reft-Sektor ursprünglich als Basis für ein Tabletop-Spiel diente, macht sich auch in der neuen Inkarnation bemerkbar. Die potenziellen Kontrahenten haben einen gemeinsamen Hintergrund und in etwa die gleiche technologische Stufe. Die meisten Welten sind wirtschaftlich autark, Unterschiede bestehen kulturell, politisch und vor allem in der praktizierten Militärdoktrin. Die verschiedenen Mächte setzen unterschiedliche Prioritäten, und so gibt es die unterschiedlichsten Ansätze und Flottenzusammensetzungen. Sehr detailliert werden die einzelnen Mächte in Szene gesetzt, welche im Sektor um Macht und Einfluss wetteifern. In einem eigenen Kapitel werden zehn verschiedene Mächte beschrieben.   

Die Welten im Reft-Sektor bieten eine Menge kuriose und interessante Schauplätze. Dieser Bereich ist auch quasi das Herzstück des Buches, der fast die Hälfte des gesamten Umfangs einnimmt. Erheblich weniger Umfang nehmen mögliche Konflikte und Abenteuermöglichkeiten ein. Die Hauptquelle sind natürlich kriegerische Aktionen, die in wechselnden Konstellationen der Mächte geführt werden. Aber auch die typische Freihändlerkampagne und andere Varianten sind natürlich möglich.

Fazit: „Reft Sektor“ ist ein gelungener Kampagnenhintergrund für „Traveller“, der gerade noch in Reichweite zu den „Spinwärts-Marken“ liegt. Der Reft-Sektor besitzt eine eigene Kultur, die sich vom Dritten Imperium unterscheidet. Der Band hat mir sehr gut gefallen, wer Abwechslung zu den Spinwärts-Marken sucht, wird hier fündig.