von Simon Ofenloch
Harlan Draka ist auf der Suche nach seinen Wurzeln. In Unterlagen seines Vaters hat er eine alte Aufnahme eines Hauses im englischen Cornwall entdeckt. Dort trifft Draka auf Amber, eine attraktive Vampirin und frühere Freundin seines Vaters. Die beiden tun sich trotz anfänglicher Differenzen zusammen, um dem unheimlichen Schwarzen Mann von Screech Wood entgegenzutreten, der in der Gegend umgeht und unschuldige Menschen tötet. In dem abgesperrten, baufälligen Vergnügungspark Sandcastle Arcade kommt es zu einer schicksalsträchtigen Konfrontation und zu einem Kampf auf Leben und (Un-)Tod.
Die Handlung der Bildergeschichte „Sandgeister“ aus der Feder von Mauro Boselli bemüht einige Klischees der Schauerliteratur, denen man auch in diversen Grusel- und Horrorfilmen begegnet: misstrauische, fremdenfeindliche Dörfler, ein vermeintlich verwunschener, zugewucherter Landsitz, ein nebliges Moor und ein Jahrmarktgelände mit Furcht einflößenden Attraktionen wie man sie aus Erzählungen von Ray Bradbury oder dem Horrorfilmklassiker „Freaks“ von Regisseur Tod Browning kennt.
Was den Comic besonders und gleichsam besonders „lesenswert“ macht, sind die stimmungsvollen Zeichnungen, in denen Luca Rossi neben wirkungsvollen Horrormotiven auch glänzende, mitunter ironisch durchsetzte Porträtierungen der auftretenden Charaktere gelingen.
In „Unter der Steinernen Brücke“ führt die Suche nach weiteren Informationen über seinen Vater und sich selbst Draka in die osteuropäische Hauptstadt Prag. Im geheimnisvollen „Theater der verlorenen Schritte“ warten wertvolle Informationen auf ihn und den Leser. Und das „Dampyr“-Universum wird wesentlich erweitert um zwei unterschiedliche Fraktionen, die gegen- und manchmal auch miteinander arbeiten und über die Untoten auf Erden Bescheid wissen. Verkörpert werden diese beiden Parteien durch zwei geheimnisvolle Personen namens Nikolaus und Caleb Lost, der an den frühen David Bowie erinnert.
Historische Stadtteile tauchen plötzlich im Nebel auf und verschwinden wieder. Und Legenden erwachen unerwartet zum Leben. Am Ende ist alles Teil eines großen Spiels, und nichts ist wie es schien.
„Unter der Steinernen Brücke“ ist eine hervorragend erzählte, komplexe Geschichte, welche den mythologischen Hintergrund der Comic-Reihe um zusätzliche Aspekte bereichert. Das ist im Mittelteil etwas langatmig geraten. Allerdings nimmt die Handlung schnell wieder an Fahrt auf und entwickelt sich in der zweiten Hälfte zu einer aufreibend spannenden Geschichte, die geschickt bekannte Legenden über die Stadt an der Moldau mit der Biographie von Harlan Draka vermischt.
Die schwarz-weißen Zeichnungen erschaffen ein dem Schauplatz und den Motiven der Handlung entsprechendes expressionistisches Szenario mit einer wunderbar dichten Atmosphäre.
Fazit: Beide in diesem Band versammelten Geschichten offenbaren interessante neue Informationen über den Dampyr Harlan Draka und sein Schicksal. Die Hintergrundgeschichte wird durch altorientalische Religionsvorstellungen mythologisch unterfüttert. Weiterhin gewöhnungsbedürftig bleiben die mitunter drastischen Gewaltdarstellungen.
Dampyr 2: Sandgeister & Unter der Steinernen Brücke
Comic
Mauro Boselli, Luca Rossi
Bonelli Comics 2007
ISBN: 978-90-78285-65-6
192 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 12,00
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