Dämonenjäger

Passend zum neuen Abenteuerpfad „Der Zorn der Gerechten“ ist das Handbuch für Dämonenjäger erschienen. Dieses beinhaltet nicht nur den Spielerleitfaden zum Abenteuerpfad, sondern auch andere Tipps und Tricks für alle Charaktere, die sich den Kreaturen der Abyss stellen – und dabei überleben wollen.

von Tobias Dworschak

 

Das 36-seitige PDF stammt aus den Federn von Philip Minchin, F. Wesley Schneider und Jerome Virnich. Es wundert mich ein wenig, dass James Jacobs bei den Autoren fehlt, hat dieser sich doch mit seinem „Buch der Verdammten II“ als Experte für Dämonen hervorgetan. Das Heft ist vollfarbig und in gewohnt gutem Layout. Besonders hervorheben möchte ich die Illustrationen, die ich durch die Bank gelungen finde. Das Titelbild zeigt den ikonischen Waldläufer Harsk im Kampf gegen einen Glabrezu und ist aus meiner Sicht ein echter Hingucker. Die Übersetzung ist gelungen und liest sich flüssig.

Da auch dieses Handbuch dem Beispiel der anderen Titel aus dieser Reihe folgt, zeichnen sich die ersten Seiten durch Platzverschwendung aus. Neben dem Inhaltsverzeichnis gibt es einen Regelindex (mit den neuen Regeln in dem Heft) und unter dem Titel „Für Deinen Charakter“ noch einmal eine Zusammenfassung der Optionen in diesem Band, geordnet nach Charakterklassen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass man diesen Platz besser hätte nutzen sollen. Gerade angesichts des Umfangs der Handbücher stoßen mir diese beiden Seiten unangenehm auf.

Das Inhaltsverzeichnis selbst entsetzt mich etwas, indem es 15 Kapitel ankündigt. Diese sind jeweils nur eine Doppelseite lang. Hätte man das nicht sinnvoller zusammenfassen können?

Das erste Kapitel „Zum Dämonenjäger berufen“ überrascht mich doch mit einer stimmungsvollen Hinleitung zum Thema. Hier werden allgemeine Grundkenntnisse über Dämonen vermittelt. Das habe ich so zwar schon gelesen, allerdings ist diese Einleitung gut gelungen. Der Aufbau orientiert sich am „Buch der Verdammten II“, ist aber auf das reduziert, was Charaktere über Dämonen wissen sollten.

Dass ich Nachforschungen über den Dämonen und möglicherweise den ihn unterstützenden Kult anstellen sowie Verbündete im Kampf gegen ihn sammeln sollte, erfahre ich im folgenden Kapitel „Vorbereitungen für die Dämonenjagd“. Das klingt auf den ersten Blick selbstverständlich, berücksichtigt jedoch Aspekte, die mir gefallen. Insbesondere die Hinweise auf Kulte, die üblicherweise mit Dämonen in Verbindung stehen, und darauf, dass ich durch gezielte Nachforschungen mehr über die Kulte erfahren kann (Gab es in der Vergangenheit ungewöhnliche Vorkommnisse?), bringen das Spiel an sich in eine gute Richtung – weg von der bloßen Konfrontation mit den Schergen der Abyss hin zu detektivischen Ansätzen.

Sind die Vorbereitungen abgeschlossen, stelle ich mich dem Dämon im Kampfe – mit den Tipps des Kapitels „Dämonen bekämpfen“. Dies gibt in charakter- und spielergerechter Form Hinweise zu den üblichen Schwierigkeiten, denen ich im Gefecht mit Dämonen begegne: Resistenzen, Widerstände und Schadensreduzierungen. Ansonsten gibt es viele Allgemeinplätze (Nutze Kampfmanöver. Reittiere sind gut. Schlage gezielt zu.) Ergänzt wird das Kapitel um neue Kampfrauschkräfte für Barbaren, die es wirklich in sich haben – jedenfalls was den erzählerischen Aspekt betrifft: dem Gegner Organe herausreißen und diese verspeisen. Das ist – unabhängig von der Mächtigkeit dieser Kräfte im Kampf – wirklich großartig (jedenfalls für eine bestimmte Art von Barbaren). Die drei Talente, die sich hier ebenfalls finden, fallen dagegen deutlich ab und lassen sich kaum über eine bestimmte Kampagne hinaus nutzen.

Wer den Dämon nicht direkt vernichten möchte, erfährt in „Der Umgang mit Dämonen“ etwas über Verhandlungen mit und der Gefangennahme von Dämonen; immerhin sind diese Hüter uralten Wissens und Geheimnisse. Der Kern des Kapitels sind neue Fallen für Waldläufer, mit denen es einfach sein soll, Dämonen gefangen zu nehmen. Eine halbe Seite ist dem Umgang mit Dämonenkulten beziehungsweise deren Anhängern gewidmet.

Im Kapitel „Von Dämonen gezeichnet“ werden ein paar Orte auf Golarion vorgestellt, in denen dämonische Kräfte spürbar sind – einschließlich neuer Wesenszüge für Charaktere, die aus diesen Gegenden stammen. Die Weltenwunde fehlt hier. Unter dem Aspekt der dämonischen Einflüsse gibt es hier Neues zu entdecken, was sich durchaus stimmungsvoll im Spiel einsetzen lässt. Ein neues Quest-Talent rundet das Kapitel ab.

„In Gesellschaft von Dämonen“ befinden sich deren Anhänger und Kultisten, zu denen das nächste Kapitel ein paar Worte verliert. Insgesamt fehlt mir hier der Fokus. Neben einer Seite zu den Anhängern gibt es einen neuen Archetypen für den Inquisitor (Wie passt das hier hinein?) sowie eine halbe Seite zu der Frage, warum böse Charaktere Dämonen jagen. Besonders schade ist, dass in einem Kult auf die Prestigeklassen Golarions verwiesen wird; hier hätte man die Chance nutzen können, mehr Hintergrund zu den anderen Kulten zu liefern.

Die Heftmitte ziert nicht nur eine wunderbare Illustration, sondern ich finde auch Taktiken gegen acht häufige Dämonenarten. Das lässt sich als Spieler gut nutzen.

„Erfindungen der Kreuzzüge“ sind neue Gegenstände. So etwas finde ich persönlich immer langweilig. Immerhin bleiben sie dem Thema treu und unterstützen Charaktere im Kampf gegen Dämonen. Als kleine Perle versteckt sich hier ein Kasten mit dem Titel Insignien der Kreuzfahrer, in dem ich etwas über die Traditionen der Kreuzritter in Mendev lerne – Fluff pur! Wunderbar!

„Dämonenjagende Organisationen“ stellt genau das vor: Organisationen, die überall in Golarion Dämonen jagen. Die Übersicht ist kurz, der Verweis auf den „Almanach der Prestigeklassen“ (und andere Werke) nervig. Die geneigten Spieler erhalten aus meiner Sicht belanglose Tipps zum Gründen neuer Organisationen. Das Kapitel schließt mit neuen Gemeinschaftstalenten, die – ohne über den Sinn von Gemeinschaftstalenten diskutieren zu wollen – diesmal sogar brauchbar klingen. Und wieder ist es ein Infokasten über die Mendevischen Kreuzzüge, die das Kapitel deutlich aufwertet.

Mit „Die Weltenwunde“ wendet sich das Heft dann dem weiteren Schwerpunkt des Heftes zu, nämlich Spielleiterleitfaden für den Abenteuerpfad „Zorn der Gerechten“ zu sein. Auf einer Doppelseite erhalte ich eine spielerfreundliche Einführung in die Geschichte und die Geographie der Weltenwunde. Es folgen neue Rollen in der Weltenwunde. Rollen sind ein Konzept, das ich zuerst in „Varisia – Wiege der Legenden“ gesehen habe und das mich überzeugt. Es gibt einem Spieler Tipps, wie er bestehende Klassen, Talente und Optionen kombinieren kann, um eine typische Rolle aus einem Landstrich nachzubauen. Das trägt sehr dazu bei, einen Beziehung zu der Gegend herzustellen und originelle Charaktere zu erschaffen.

„Der Abyss“ ist eine weitere „Ortsbeschreibung“. Da es sich um eine ganze Ebene mit unterschiedlichen Orten handelt, ist der Text hier nur eine grobe Einführung, die aber stimmungsvoll gelungen ist. Gerade wenn ich die Zielgruppe des Bandes im Blick habe – nämlich die Spieler – ist das eigentlich genug, was ein Charakter wissen muss. Auch hier gibt es neue Rollen, hier unter der Überschrift planarer Wanderer. Die Konzepte klingen spannend; ob und inwiefern ich derlei Rollen in einer Kampagne spielen möchte, kann ich aber allein nach der Lektüre nur schwer beantworten.

„Zauber des untergegangenen Sarkoris“ und „Magische Gegenstände“ präsentieren genau das – und meiner Meinung nach gibt es davon schon mehr als genug. Wobei ich nicht verhehlen möchte, dass gerade die Gegenstände sicher eine gute Ergänzung der Ausrüstung ambitionierter Dämonenjäger sind.

Die letzte Doppelseite des Buches gibt es Charaktertipps und Kampagnenwesenszüge für „Der Zorn der Gerechten“, dem neuen Abenteuerpfad, der in der Weltenwunde spielt. Muss ich da schreiben, dass Dämonen einen Großteil der Gegner ausmachen werden? Wahrscheinlich nicht. Kampagnenwesenszüge sollen dabei helfen, Charaktere in die Kampagne zu integrieren und ihnen einen passenden Hintergrund zu geben. Hier wird auch gleich eine Verbindung zu den neuen Regeln aus den Ausbauregeln: Legenden gezogen.

Die Innenumschlagszeiten sind wieder sinnvoll genutzt: Vorne eine Übersicht bekannter Dämonenkulte, hinten Bannsubstanzen, die das Einfangen von Dämonen in Schutzkreisen erleichtern. Eine nette Idee.

Fazit: Anders als bei manch anderen Handbüchern fühle ich mich hier von der Fülle der Inhalte erschlagen. Sicher, wiederholte Inhaltsangaben verschwenden unnötig Platz. Aber das, was mir präsentiert wird, ist eine ganze Menge – und das von einer überdurchschnittlichen Qualität. Das mache ich in erster Linie an dem hohen Anteil erzählerischer Aspekte fest. Eingestreute Informationen, stimmungsvolle Textkästen und neue Blicke auf bekannte Themen und Regionen tragen zu einer überzeugenden Atmosphäre des Heftes bei. Die Illustrationen haben mir diesmal durchweg zugesagt.

Insgesamt ein gelungenes Heft aus einer Reihe, die mich bisher sehr enttäuscht hat. Ich kann es jedem Spieler, der sich in den neuen Abenteuerpfad stürzen möchte, guten Gewissens ans Herz legen – natürlich nur, nachdem er mit seinem Spielleiter gesprochen hat, wobei mir bei der Lektüre keine Dinge aufgefallen sind, die zu drastisch wären.


Dämonenjäger
Pathfinder-Handbuch
Philip Minchin, F.Wesley Schneider und Jerome Virnich
Ulisses Spiele 2014
ISBN: 978-3-95752-144-6
36 S., Softcover, deutsch
Preis: EUR 12,95

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