Cthuloide Welten #6

Das Cover der "Cthuloide Welten #6" (CW) ziert ein Bild des Großen Alten Y’golonac, recht mager und mit eingestülptem Kopf, passend zum Abenteuer. Das Coverbild stammt von Francois Launet, und wieder einmal beweist er sein Können.

von Markus Kolbeck

 

Zum Inhalt: Los geht es mit "Neues aus R'lyeh", cthuloiden Nachrichten rund um das Rollenspiel. Besonders erwähnenswert ist hier, dass im August 2004 die #1 von „Worlds of Cthulhu“ (www.worldsofcthulhu.com) erschienen ist, die internationale Version von CW, in der "Best of"-Artikel aus der CW, jedoch auch viele neue Artikel erscheinen werden. Chefredakteur wird Keith Herber sein.

Weiter geht es mit der neuen Rubrik "Aus den Tiefen vergessener Bibliotheken" mit dem Artikel "Fragmentarische Notizen" von Wolfgang Schiemichen. In den Notizen wird deutlich, wie Inspektor Posner von Scotland Yard bei Nachforschungen unter den Einfluss eines bisher unbekannten Bandes von "The Revelations of Glaaki" gelangt und damit unter den Einfluss von Y'golonac selbst gerät. Der Artikel ist stimmungsvoll mit handschriftlichen Notizen und Auszügen aus dem "Glaaki"-Band versehen. Die Notizen führen auf gewisse Weise auch in das Abenteuer, das danach folgt, ein.

Das 20-seitige Abenteuer „super8“ von Andreas Melhorn ist in erster Linie für die Gegenwart gedacht und handelt davon, dass mittels eines Snuff-Videos, also dem Film von einem realen Mord, der Samen von Y'golonac eingepflanzt und schließlich dieser selbst aus seinem Gefängnis befreit werden soll. Das in New York angesiedelte Szenario lässt sich wohl am besten spielen, indem man die schrecklichsten Sequenzen ausblendet. Snuff-Videos gelten zum Glück als urbane Legende.

"Europäische Autos der 20er Jahre" stellt Gero "Zodiak" Pappe in seinem höchst fundierten Artikel vor. Es werden sowohl wichtige europäische Autohersteller als auch ausgewählte Autotypen samt Foto aufgeführt.

In der Reihe "Cthulhu Regionalia" wird Nürnberg von Peter Schott präsentiert. Es geht los mit Geschichtlichem, gefolgt von Nürnberg in den 1920ern. Übernachtungs- und Recherchemöglichkeiten werden auch genannt; beides wichtig für Ermittler, die der Stadt einen Besuch abstatten. Ein besonderes Augenmerk verdienen der Nürnberger Dialekt und die Sagen der Stadt. Ein Stadtplan ist auch dabei. Der Artikel ist ein weiterer Mosaikstein in der Beschreibung deutscher Regionen, die es dem Spielleiter erlauben, Regionen und Städte detailliert darzustellen, was sicherlich für Atmosphäre sorgt.

Jan Christoph Steines unternimmt einen Ausflug in die "Prohibition und ihre Auswüchse". Das Schmuggler- und Bandenwesen, das Prohibitionsgesetz sowie typische Berufe finden Erwähnung. Eine Liste mit Strafen für Verbrechen kann auch nützlich sein. Schließlich werden noch berühmte Ganoven und Cops kurz vorgestellt und ein Szenariovorschlag rundet das Ganze ab. Falls Abenteuer in den 1920er Jahren in den USA spielen, werden sich die Spielercharaktere sicherlich auch mit der Prohibition konfrontiert sehen, und hier findet der Spielleiter wertvolle Informationen dazu.

In der Rubrik "Persönlichkeiten der 20er Jahre" spendiert uns Holger Göttmann Einsichten zu Sigmund Freud, Psychoanalyse und Traumdeutung. Es gibt einen tabellarischen Überblick über Freuds Leben, Beispiele für Traumdeutungen und Szenarioideen. Spielwerte für den Meister werden auch angegeben, wobei aber Fertigkeitswerte sowohl für Psychoanalyse als auch Psychologie fehlen. Der Artikel hätte ruhig länger sein können, so interessant ist das Thema. Vor allem zur Psychoanalyse und ihrer Anwendung im Spiel wünscht man sich mehr; so aber muss man sich mit den Anmerkungen im Regelwerk zu frieden geben.

"Tapas, Toros y Tentáculos" ist ein Artikel über "Cthulhu" in Spanien von Tim Scharnweber. Die spanische "Cthulhu"-Szene fällt durch eine geringe Zahl von Eigenveröffentlichungen, aber eine hohe Zahl von Übersetzungen auf.

Bill Walsh hat für CW ein Interview mit Keith Herber, dem ehemaligen "Cthulhu"-Chefredakteur bei Chaosium, geführt. Unter seiner Regie entstanden viele wichtige Werke, u. a. der Klassiker "Horror im Orient-Express". Das Interview ist sicherlich lesenswert, u. a. erfährt man mehr zu dem neuen Magazin "Worlds of Cthulhu".

Im ersten Teil der Reihe "Scriptorium Arcanum" stellt Kosta Kleye Alterungstechniken für Texte vor und bezieht sich dabei offensichtlich auf seine eigene Erfahrungen mit der Handout-Gestaltung. Man darf gespannt sein, was noch alles in der Reihe angerissen wird.

"In 78 Umdrehungen um die Welt" ist ein Artikel von Jens Kaufmann und Marcus Johanus über Musik im "Cthulhu"-Rollenspiel. Es werden alte Weltmusik samt Bezugsquellen, Klassik und Rollenspiel- bzw. PC-Spiele-Soundtracks vorgestellt. Dazu gibt es eine große Übersicht der Titel mit ihrer Eignung für eine oder mehrere Epochen und einem Vermerk für welche Szenen sie geeignet sind, z. B. Ritual oder Action. Einen besseren Artikel zu diesem Thema kann man sich eigentlich nicht wünschen. Bravo!

Zurück in die "Kerkerwelten" geht es mit Frank Heller. Das Abenteuer "Kerkerwelten" ist im Spielleiter-Handbuch erschienen und in diesem Artikel gibt es eine neue Szene, bearbeitete Szenen und einen roten Faden in Form des sich anbahnenden Nationalsozialismus in den 1920er Jahren.

Auf der "Namenlosen Seite" gibt es eine Kurzgeschichte namens "Propheten der Tiefe" von Christian von Aster. Außerdem gibt es noch zwei Cartoons, die den Humor nicht zu kurz kommen lassen.

Fazit: CW hat beim Deutschen Rollenspiel-Preis 2003 in der Kategorie "Rollenspielmagazine" den ersten Preis erzielt. Das spricht nicht nur für eine hohe Beliebtheit unter den Lesern, sondern auch von Qualität. CW #6 bietet eine abwechslungsreiche Reihe von fundierten Artikeln plus ein ausgearbeitetes Abenteuer, sodass die CW jeden einzelnen der sechs Euro, die sie jetzt kostet, wert ist.


Cthuloide Welten #6
Offizielles Magazin für H. P. Lovecrafts Cthulhu
Pegasus Spiele 2004
ISSN 1610-5362
100 S., geheftet, A4, deutsch
Preis: EUR 6,00