von Dominik Cenia
Jeder Spieler übernimmt die Rolle einer von insgesamt 20 verschiedenen außerirdischen Rassen. Jede Rasse verfügt über eine besondere Fähigkeit. So können die Zeitmeister z. B. den Ablauf von Ereignissen ändern, die Unsterblichen ihre zerstörten Raumschiffe wiederverwerten oder die Wahrsager durch einen Blick in die Zukunft herausfinden, welche Karten ein Gegner spielen möchte.
Jeder Spieler startet in seinem Heimatsystem, in dem es jeweils fünf Planeten gibt, die allesamt unter der eigenen Herrschaft stehen. Ziel des Spiels ist es nun, insgesamt fünf weitere Kolonien auf gegnerischen Planeten in anderen Systemen zu platzieren. Wer zuerst fünf Kolonien errichtet hat, gewinnt das Spiel.
Dies erreicht man auf zwei mögliche Wege. Einmal durch Krieg oder zum Zweiten durch geschicktes Verhandeln und den Einsatz der Spezialfähigkeit einer Rasse. Ist ein Spieler am Zug, hat er außerdem die Möglichkeit, andere Spieler als Verbündete einzuladen. Diese können den aktiven Spieler mit weiteren Raumschiffen unterstützen, etwa wenn ein größerer Angriff auf einen anderen Spieler geplant ist ober man diesen einfach nur bedrohen will (wodurch dieser sich vielleicht auf einen Handel einlässt). Auch der Verteidiger eines Planeten kann Verbündete einladen. Beide Seiten (also Angreifer und Verteider) dürfen jedoch nicht vergessen, dass ihre eventuellen Verbündeten nach einer Begegnung einen entsprechendne Lohn für ihre Hilfe verlangen werden.
Sind die Verbündeten gewählt, kommt es zur eigentlichen Begegnung. Verdeckt spielen Angreifer und Verteidiger Angriffs- (mit unterschiedlicher Stärke) oder Verhandlungskarten aus. Zusätzlich können Artefakte eingesetzt werden. Diese können das Ergebnis einer Begegnung komplett verändern. So kann z. B. die "Gefühlskontrolle" aus der Angriffskarte eines Gegners automatisch eine Verhandlungskarte machen. Kommt es zum Kampf, entscheidet die gesamte Anzahl aller Schiffe sowie die Stärke der ausgespielten Angriffskarte über den Sieg. Falls verhandelt wird, haben beide Seiten eine Minute Zeit, sich zu einigen (z. B. Karten austauschen oder jemandem erlauben, eine Kolonie zu errichten). Sollte ein Spieler angreifen, der andere aber verhandeln wollen, so muss der Angreifer für sein Vergehen eine Entschädigung zahlen. Dafür muss er eigene Karten an seinen Gegner abgeben.
Am Ende einer Begegnung entscheidet sich immer, ob eine Kolonie errichtet werden kann oder nicht. Dann ist der nächste Spieler an der Reihe. Per Zufall wird entschieden, welches System beziehungsweise welchen Planeten er kolonisieren darf – oder ob er sein Heimatsystem von gegnerischen Kolonien befreien will.
Das Heimatsystem sollte stets gut im Auge behalten werden. Verliert man drei der fünf eigenen Planeten an seine Gegner, so verliert die eigene Rasse ihre Spezialfähigkeit! Dies führt meistens zu einem schnellen Ende für den jeweiligen Spieler.
Verhandlungsgeschick, ein wenig Feingefühl und gezielten Bluffen machen den Reiz von "Cosmic Encounter" aus. Greift man seinen Gegner mit Hilfe von Verbündeten an? Hat man vielleicht ein gutes Artefakt auf der Hand? Spekuliert man darauf, dass der Gegner einen angreift, um so durch das Ausspielen einer Verhandlungskarte eine Entschädigung zu kassieren?
Das Spiel bietet eine ganze Menge an Möglichkeiten. Ständig werden neue Allianzen geschlossen und neue Verbündete gesucht. Die Möglichkeit, einen "gemeinschaftlichen" Sieg zu erreichen, fördert dabei das "Verhandlungsspiel" noch mehr.
Zwei Faktoren sind bei "Cosmic Encounter" wichtig: die richtigen Karten auf der Hand und die dazu passende außerirdische Rasse. Friedliche Rassen können mit Angriffskarten wenig anfangen. Umgekehrt verhält es sich natürlich genauso. In diesem Fall ist man stärker darauf angewiesen, als Verbündete zu agieren, um somit einige Belohnungen zu erhalten. Auch die Spezialfähigkeit einer Rasse kann sich als nutzlos erweisen, wenn der Gegner unerwartete Bündnisse eingeht oder Karten ausspielt.
"Cosmic Encounter" ist ein phantastisches Spiel für vier Spieler mit nahezu grenzenlosen Möglichkeiten. Die Schnelligkeit des Spiels erlaubt es, an einem Abend immer wieder neue Runden mit anderen Rassen zu starten. Leider verliert das Spiel sehr stark seinen einmaligen Mechanismus, wenn mit weniger als vier Spielern an den Start gegangen wird. Bei drei Spielern entwickeln sich automatisch immer "Zwei gegen Einen"-Bündnisse, und bei nur zwei Spielern kommt die so wichtige Möglichkeit des Verhandelns gar nicht erst zum Zug (manche Artefakte sind bei zwei Spielern sogar völlig übeflüssig). So entfaltet das Spiel also nur bei vier Spielern seine wirklichen Möglichkeiten.
Nicht alle außeriridschen Rassen sind gleichwertig. Da man zu Spielbeginn seine Rasse mehr oder weniger per Zufall bestimmt, kann es zu Kombinationen kommen, bei denen die eine Rasse einer anderen unterlegen ist. Zugegeben, bei insgesamt 20 Rassen ist es auch verdammt schwer, jede Spezialfähigkeit gleichwertig erscheinen zu lassen. Obwohl eher selten, macht sich dieses manchmal auftretende "Ungleichgewicht" in manchen Runden bemerkbar.
Einen dicken Bonus erhält jedoch das wirklich phantastisch aufgemachte Spielmaterial. Das Spielbrett und die Karten der einzelnen Rassen sind grafisch wunderschön aufgemacht. Auch die Raumschiffe aus Plastik, das Mutterschiff und die Trägerschiffe, gliedern sich sehr gut in das Design ein. Bei den Spielkarten sieht es etwas anders aus. Zumindest bei meinem Exemplar zeigten die Karten auf der Rückseite einige farbliche Unregelmäßigkeiten. Außerdem waren manche Texte etwas verschwommen gedruckt worden. Die Spielanleitung ist dank zahlreicher Beispiele und Erklärungen ebenfalls sehr schlüssig und lückenlos.
Fazit: "Cosmic Encounter" ist neben "Die Siedler von Catan" das wohl beste, mir bekannte Verhandlungsspiel. Zwar wird hier nicht um Rohstoffe, dafür aber um Kolonien und Karten gehandelt. Außerdem kann man durch Angriffe ebenfalls seine Ziele erreichen, was vielleicht sogar ein wenig an "Kings & Things" erinnern mag. Science-Fiction-Brettspiele sind leider rar. "Cosmic Encounter" zeigt, dass diese Thematik jedoch einiges zu bieten hat. Einziges Manko ist die Tatsache, dass es wirklich nur mit vier Spielern richtig Spaß macht. Doch hat man dann umso mehr Spaß mit seinen Freunden ... und Feinden. ;-)
Cosmic Encounter
Brettspiel für 2 bis 4 Personen
Avalon Hill / Hasbro / Heidelberger Spieleverlag 2004
ASIN: B00005LL3J
Spielplan, Plastikminiaturen, Ereigniskarten, Alienkarten, englisch
Preis: $ 29,95
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