Conan - The Roleplaying Game

Ich war schon immer ein großer Fan von Conan dem Barbaren. Irgendwann in den 1980ern hatte ich durch sein Auftreten in verschiedenen Comics meine ersten Berührungspunkte mit der geliebten Fantasy. Zugegeben, das archaische „Sword & Sorcery“-Genre mag im Gegensatz zu „D&D“, „DSA“ oder „Midgard“ gewisse Eigenheiten besitzen. Aber wer klassische Szenarien wie z.B. „Hyperborea“, „Elric“ oder „Rune“ mag, wird nicht an dem Cimmerianer vorbeikommen. Erst recht nicht im Rollenspiel.

von Dominik Cenia

 

Dabei ist Conan kein unbeflecktes Blatt was Rollenspiele angeht. Schon für „GURPS“ gab es damals einen entsprechenden Band, der die Welt von Hyboria irgendwie in das „GURPS“-Regelwerk quetschen wollte. Ich war also gespannt, wie Mongoose Publishing in ihrer Version von Conan diesen Hürdenlauf bestanden hat. Außerdem war es mein erstes Rollenspiel, das nach dem hauseigenen OGL Regelwerk von Mongoose aufgebaut war.

Zur eigentlichen Welt von Conan dem Barbaren muss man wohl keine große Worte verlieren. Basierend auf den Kurzgeschichten von R. E. Howard und den späteren zahlreichen Comic-Adaptionen und den Filmen mit Schwarzenegger hat das „Conan“-Universum Jahrzehnte in der Fantasy-Entwicklung überdauert, ohne etwas von seinem urtümlichen Charme verloren zu haben. Noch immer wirkt die Welt barbarisch, antik und vormittelalterlich. Eine Art „Bronzezeit der Fantasy“, in der Magier noch richtig schön Böse und Frauen grundsätzlich wunderschön und meistens ebenso hilfsbedürftig sind.

Das Buch wird von einer schönen farbigen Karte von Hyboria eröffnet. Es folgt eine ausführliche Einführung in die Welt sowie ein paar Worte zum Spiel selbst. Dabei werden gleichermaßen Neulinge als auch erfahrene Rollenspieler angesprochen. Der Einleitung ist zu entnehmen, dass man sich bei dem Spiel verstärkt an die Bücher von Howard und weniger an die Comics halten will. Wobei man sagen muss, dass das Layout doch recht deutlich einen gewissen Comic-Stil aufweist.

Bei „Conan“ kommen so ziemlich alle Würfelarten zum Einsatz, sodass Würfelmuffel schon mal gewarnt sein sollten. Schon die Charaktererschaffung macht dies deutlich. Man hat gleichermaßen die Möglichkeit, normale oder heroische Charaktere zu entwerfen. Die heroische Variante entspricht schon eher dem Bild von Conan, wobei man sagen muss, dass die besagten Charaktere dann für den Anfang etwas zu stark ausfallen (außer man fängt gleich mit den entsprechend harten Abenteuern an).

Neben den Attributen Stärke, Geschicklichkeit, Konstitution, Intelligenz, Weisheit und Charisma gibt es noch eine ganze Reihe von abgeleiteten Eigenschaften, wie z.B. die Tragkraft, Gewicht, Größe, Beweglichkeit und Lebenspunkte. Drei Arten von Rettungswürfen und die Wahl zwischen verschiedenen Rassen und Charakterklassen, lassen ein wenig die Glocken in Richtung D20 erklingen (was ja nicht unbedingt schlecht sein muss).

Man hat die Wahl zwischen ungefähr 14 Rassen und 8 Klassen, wobei vom Barbar bis hin zum Adligen oder Dieb die übliche Auswahl besteht. Auch bei den Rassen bedient man sich historischer Vorbilder und hält sich so ziemlich genau an die Vorgaben aus dem Geschichten von Howard. So gibt es neben den Cimmerianern verschiedene Nomadenvölker oder Ureinwohner sowie Pikten, Mongolen, Wikinger und Asiaten. Alle Völker sind ausnahmslos Menschen und bevorzugen eine bestimmte Klasse. Außerdem besitzt jedes Volk und jede Klasse noch eine gewisse Reihe an besonderen Fähigkeiten (Feats), womit wir wieder bei D20 wären. Je nach Volk und Klasse (es sind auch mehrklassige Charaktere möglich) Klettern, Schwimmen und natürlich auch Kämpfen.

Jeder Charakter besitzt außerdem eine bestimmte Anzahl an Schicksalspunkten mit denen er z.B. noch einmal dem Tod von der Schippe springen kann. Auch ist es möglich, mithilfe von Schicksalspunkten und in Vereinbarung mit dem Spielleiter kleinere Änderungen in der Spielhandlung vorzunehmen. Dieser Punkt macht einen sehr interessanten Eindruck auf mich, bedarf aber wohl eines ausführlichen Testspiels. Als Beispiel ist angegeben, dass ein gefangener Charakter seine Schicksalspunkte dazu ausgeben kann, dass ihm ein hübsches Sklavenmädchen heimlich einen Dolch zusteckt oder eine Tür offen lässt.

Neben den Schicksalspunkten können Charaktere außerdem noch Reputation (Ruf) und Korruption ansammeln. Je nachdem, ob sie sich nach den „Codes of Honor“ richten, haben Ruf und Korruption gewisse Auswirkungen auf der Charakter. In den Romanen von Howard wird z.B. stets erzählt, dass Conan niemals gegen Frauen kämpft oder Frauen schlägt. Eine Tatsache, die ihn in Anbetracht der zahlreichen bösen Zauberinnen schon oft in unnötige Problemsituationen gebracht hat.

Natürlich sind auch Waffen in einer Welt wie Hyboria nicht wegzudenken. Das „Conan“-Rollenspiel befasst sich gleich in einem kompletten Kapitel mit allem, was das Herz eines begeisterten Kriegers begehrt. Vor allem die Listen der Waffen sind äußerst umfangreich und bieten neben exotischen Totmachwerkzeugen auch Waffen aus verschiedenen Kulturkreisen an. Weniger umfangreich ist da schon die Liste mit dem Rüstungen und wie üblich kann eine Ausrüstungsliste ohnehin niemals umfangreich genug sein. Alles in allem bietet das Kapitel aber wirklich eine gute Übersicht über das Waren- und Geldsystem in Conans Welt und bietet genügend Möglichkeiten, beliebig erweitert zu werden.

Doch kommen wir zu dem eigentlichen Herz des System. Denn gerade bei „Conan“ spielt wohl ohne Zweifel vor allem der Kampf eine wichtige Rolle. Das Kampfsystem lässt eigentlich keine Wünsche offen und umfasst zahlreiche Faktoren. Egal ob Nah- oder Fernkampf, Parieren oder Ausweichen, große oder kleine Kreaturen, Kampf bei Tag oder in der Nacht, Sturmangriffe oder Mehrfachangriffe… Das Kampfsystem ist sehr umfangreich ausgefallen und bietet aufgrund des gelungenen Bewegungssystems einen gewissen Tabletop-Faktor. Es empfiehlt sich daher, für das Spiel kariertes Papier und Zinnfiguren oder adäquate Proxis zu verwenden. Vor allem bei Angriffen aus dem Hinterhalt und bei gewissen Bewegungsabläufen ist es immer gut zu wissen, wer wo steht und wie viel Zeit eine Strecke in Anspruch nimmt.

Das Kampfsystem in „Conan“ ist hart, aber nicht unbedingt unüberwindbar. Gerade der Gedanke des „Heroic Fantasy“ erlaubt es den Spielern, sich auch ruhig mal durch ganze Horden schlecht bewaffneter Gegner zu schlachten. Und auch das Verheilen von Wunden geht relativ schnell, sodass dem nächsten Schlachtfest nicht allzu viel im Wege steht.

Magie ist in der klassischen „Sword & Sorcery“ natürlich auch nicht wegzudenken. Zumal die Zauberer in Hyboria meistens ohnehin allesamt böse und korrupt sind. Magie ist mit Gefahren verbunden, sowohl für den Anwender als auch für das eigentliche Ziel. Neben Naturzaubern, Hypnose, Flüchen, Wahrsagen, Beschwörungen und Nekromantie, gibt es noch eine ganze Reihe magischer Artefakte, Zaubermittel und die Alchemie. Die Magie in „Conan“ ist nicht sonderlich offensiv. Etwas in der Art von Feuerbällen oder Blitzen gibt es kaum, dafür aber Krankheiten, Rituale, Leiden, Telekinese, Verwandlungen und Seelenangriffe. Sämtliche Zauber passen sehr gut in die Welt von Conan und bringen ein wirklich spannendes „Sword & Sorcery“-Gefühl rüber.

Ungefähr das letzte Drittel des Buches beschäftigt sich mit Hintergrundinfos. Hier werden auf übliche Art und Weise die einzelnen Länder und Inseln von Hyboria beschrieben, Götter werden vorgestellt, Städte, Festungen und besondere Orte beschrieben und jede Menge Abenteuerideen gestreut. Zu guter Letzt bietet das Buch ein umfangreiches Bestarium aus all den Kreaturen, die Conan schon mal ins Grab geschickt hat. Dazu ein paar weitere menschliche Völker, die gerne als Gegner herhalten können sowie eine Reihe von Tieren.

Fazit: Das „Conan“-Rollenspiel ist ein gutes und solide gemachtes Buch. Den Machern ist es wirklich gelungen, das einzigartige, brachiale Flair von Conans Welt einzufangen. Die guten Beschreibungen, zahlreiche Bilder und ausführliche Tabellen machen aus dem vollfarbigen Buch wirklich eine angenehme Lektüre, von der man sich nicht so leicht losreißen kann. Obwohl weder das Regelwerk noch das Spiel selbst mit großen, revolutionären Erneuerungen aufwarten kann, gefällt mir der Mix aus D20-Ansätzen und eigenen Regelideen sogar so gut, dass ich die OGL-Regeln dem D20 System vorziehen würde. Aber das muss natürlich am Ende jeder für sich selbst entscheiden.


Conan - The Roleplaying Game
Grundregelwerk
Ian Sturrock
Mongoose Publishing 2003
ISBN: 1-904577-69-5
352 S., Hardcover, englisch
Preis: $ 49,95

bei pegasus.de bestellen