von Dominik Cenia
Ein wenig seltsam wirkt dabei die Veröffentlichungspolitik des Heyne-Verlags. Denn schon 2003 brachte man in der Reihe „Meisterwerke der Fantasy“ einen „Conan“-Sammelband mit den Erzählungen aus den Jahren 1932 bis 1933 auf den Markt. Doch dann verschwand das Buch plötzlich, nur um ein paar Jahre später in nahezu identischer Form als Auftakt einer eigenen „Conan“-Werksausgabe an den Start zu gehen.
Mittlerweile liegt mir der zweite Band dieser Reihe vor. Das Buch enthält die originalen Erzählungen aus dem Jahr 1934 und eine Auswahl vermischter Schriften und Anhänge. Zum Glück wurde diesmal der Schreiber des Vorwortes abgelöst. Eine weitere träumerisch-selberverliebte Beweihräucherung in Schriftform von Wolfgang Hohlbein hätte nämlich in der Tat dem Ruf dieser Reihe mehr geschadet als genutzt.
Mit „Der Schwarze Kreis“, „Die Stunde des Drachen“ und „Salome die Hexe“ enthält der Band diesmal nur drei vollständige Erzählungen, die aber für sich alleine genommen schon durchaus eigenständige Romanqualitäten aufweisen. Beschränkte sich Howard in den ersten Jahren noch auf echte Kurzgeschichten, die für das Weird Tales Magazin zurechtgeschnitten waren, wirken die Geschichten von 1934 deutlich gefestigter. Howard hat seinen Stil und seinen Platz in der von ihm geschaffenen Welt gefunden, sodass sich der Autor deutlich intensiver mit der Ausarbeitung seiner Welt und der schillernden Persönlichkeit seiner Hauptfigur Conan beschäftigen konnte.
Erneut fehlt allerdings ein chronologischer Ablauf der Abenteuer von Conan. Dies hatte R. E. Howard aber auch beabsichtigt, denn seine Hauptfigur sollte stets universell einsetzbar mal als König, mal als Dieb, Krieger oder Pirat auftreten können.
Robert E. Howard ist einfach ein wunderbarer Erzähler, wenn es darum geht klassische „Heroic Fantasy“ mit dem Charme des Erzählstils der 30er Jahre zu kombinieren. Der Übersetzerin Lore Stassl ist es dabei auch noch gelungen, diesen klassischen erzählerischen Charme ins Deutsche zu übertragen. Vor allem in der umfangreichsten Geschichte „Die Stunde des Drachen“ wurden sowohl der Sprachgebrauch als auch die Beschreibungen der einzelnen Handlungen wohltuend in einen klassisch-antiken Sprachschatz übertragen. Kurz gesagt, die Atmosphäre des Buches ist der eines Barbaren aus dem hyborischen Zeitalters angemessen.
Dem aufmerksamen Leser wird außerdem noch ein weiteres Details nicht entgehen. Conan ist nicht nur einfach ein axtschwingender Rüpel in Fellhosen. Er ist listenreich, klug und hat auch den ein oder anderen tiefgründigen Spruch auf Lager.
Selbstverständlich darf man aber trotzdem nicht allzu hohe Literatur erwarten. Doch genau das will Conan ja auch gar nicht sein. Und so wird natürlich reichtlich gekämpft, geliebt und… bei Crom… auch ordentlich gezaubert. Böse Zauberer und Monster, urzeitliche Tiere, Menschenaffen oder schattenhafte Dämonen gehörten schon immer zu den typischen Gegner des Cimmerianers.
Ein überaus gelungenes Buch also, dass dem Leser außerdem die Möglichkeit bietet, etwas mehr Licht in die bisher schlecht biographierte Welt des Conan zu bringen. Denn das hyborische Zeitalter mit all seinen Völkern, Ländern und Kriegen stellt zusammen einen nicht zu verachtenden phantastischen Hintergrund dar, vor dem manche der heutigen Mythenschöpfungen verblassen würde.
Zu erwähnen sind noch die zahlreichen Illustrationen von Gary Gianni. Dem Zeichner ist es gelungen, der Figur des Conan abseits von Schwarzenegger ein eigenes Gesicht zu verleihen. Dies wird vor allem durch die eindrucksvollen Farbtafeln nochmal deutlich unterstrichen.
Wobei ich an dieser Stelle auch nochmal eine Lanze für Schwarzenegger brechen möchte. Man mag zu den Filmen stehen wie man will, aber der Bodybuilder und Schauspieler hat der Figur für viele Jahre ein Gesicht gegeben. Und ich bin mir sicher, dass ohne Conans „Fleischwerdung“ durch Schwarzenegger die Figur des Conan heute nicht da stehen würde wo sie jetzt ist. Und außerdem ist der Soundtrack ja sooo cool… :-)
R. E. Howard ist ähnlich wie Tolkien einer der Gründungsvater der modernen Fantasy. Seine Geschichten haben nichts mit der epischen Kosmologie von Mittelerde gemeinsam. Und das sollen sie auch gar nicht. Conan ist eben eine andere Art der Fantasy. Sie ist direkter, abenteuerlicher und schneller als andere literarischen Schöpfungen zu jener Zeit.
Fazit: 15 Euro für über 660 Seiten feinster „Conan“-Abenteuer. Dazu Illustrationen und sogar Farbtafeln von einem phantastischen Zeichner und eine gelungene Übersetzung ins Deutsche. Eine Schande, dass dieses Buch nicht im Hardcover erschienen ist. Aber Taschenbücher und Fantasy gehören wohl irgendwie zusammen. Ich spreche auf jeden Fall meine uneingeschränkte Empfehlung für dieses Meisterwerk aus.
Conan (Band 2): Die Original-Erzählungen aus dem Jahr 1934
Fantasy-Roman
Robert E. Howard
Heyne 2006
ISBN: 3-453-52071-8
665 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 15,00
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