Conan 1 – Die Tochter des Frostriesen und andere Geschichten

Seit dem Tod des Altmeisters John Buscema ist es ruhig um die Comic-Figur Conan geworden. Nicht wenige Künstler haben sich zwar an dem Barbaren versucht, aber der wirkliche Durchbruch blieb aus. Und während die Fans noch immer in den alten Schwarz-Weiß-Zeichnungen aus „Savage Sword“-Zeiten schwelgen, taucht plötzlich eine völlig neue „Conan“-Serie auf.

von Dominik Cenia

Man vermag seinen Augen kaum trauen, wenn man die Namen der Größen liest, die an den neuen Abenteuern von Conan mitgewirkt haben. Marvels Autorenlegende Kurt Busiek, „Daredevil“-Zeichner Cary Nord und „Swamp Thing“-Künstler Thomas Yeates. Drei Namen, die nicht nur eine lange Erfahrung, sondern auch ein einzigartiger Stil verbindet. Und in der Tat ist die Fusion dieser drei Größen ein Comic-Meisterwerk geworden, das fast schon wie die Fleischwerdung von Robert E. Howards Visionen des Cimmerianers wirkt.

Zumindest wirken Strich und Farbe auf jeder Seite atemberaubend. Die Bilder und die Geschichte fließen förmlich von Seite zu Seite und gehen in stimmungsvoll in Szene gesetzte und scharf angeschnittene Panels über. Dabei sorgen sowohl der Autor als auch die Zeichner und nicht zuletzt die Farben von Dave Stewart dafür, dass das hyborische Zeitalter so glanzvoll wie noch nie auf Papier gebannt wurde.

Zu „Savage Sword“-Zeiten waren die Schwarz-Weiß-Zeichnungen von „Conan“ natürlich einzigartige Kunstwerke. Mittlerweile fehlt es jedoch diesen Klassikern an Sprache und an der modernen Erzählweise heutiger Comics. Beide Elemente lassen sich in den neuen „Conan“-Geschichten finden. Denn neben einer völlig neuen und eigenen Story, lässt der Autor auch Elemente aus Robert E. Howards Geschichten mit einfließen und erschafft damit zum ersten Mal eine Art durchgehender Chronologie von „Conan“-Abenteuern. Denn als Conan unfreiwillig in den Krieg zwischen den Stämmen der Aesir und Vanir gerät, begegnet ihm auf einem eisigen Schlachtfeld im kalten Norden die Tochter Ymirs. Wer die Original-Erzählung von Howard kennt, weiß, wie die Geschichte weitergeht.

Doch auch danach gehen Conans Abenteuer weiter. Denn die Reise des (in diesem Band noch sehr jungen) Cimmerianers führt ihn auf einem Rachefeldzug noch viel weiter in den Norden, bis in das ferne Reich Hyperborea. Und dort zeigt sich, dass manche Sagen und Mythen von Glückseeligkeit auch ihre unentdeckten Schattenseiten haben können.

Insgesamt ist die Story durchgehend fesselnd. Denn neben dem Kampf kommen auch Dialoge und Erzähltexte nicht zu kurz. Ja sogar das sonst immer so gleichförmige Lettering von RAM hebt sich von seinem sonstigen Durchschnitt ab. Zwar gibt es immer wieder ein paar äußerst einfalls- und lieblos geletterte Überschriften, aber insgesamt ist der Text durchgehend gut platziert worden.

Etwas Kritik bleibt trotz all meiner Liebe zu diesem neuen Werk natürlich auch nicht aus. Diese bezieht sich dann doch auf die Zeichnungen von Nord und Yates. Denn obwohl Strich, Schatten, Details und Akzente wunderbar geworden sind, gelingt es den beiden nicht, durchgehend gute Gesichter zu zeichnen. Conans markantes Kinn und das meistens zur Hälfte im Schatten liegende Gesicht wurden zwar meistens gut getroffen, aber es gibt immer wieder Ausrutscher. Dann starren einen plötzlich glubschäugig-schiefe Comic-Gesichter an, die so ganz und gar nicht zu den realistischen Farben passen wollen.

Fazit: Es mag übertrieben klingen. Und vielleicht trübt auch einfach meine Begeisterung über das Werk meine Sicht der Dinge. Aber der Band ist in meinen Augen einer der stärksten und besten Comics, die wir in diesem Jahr geboten bekommen. Hier stimmt einfach fast alles und mit 176 Seiten Umfang geht auch der Preis voll in Ordnung. Ein Werk, bei dem das Herz eines jeden „Conan“-Fans Luftsprünge machen wird. Und ein Hauch von Vergangenheit, der die alten Zeiten von John Buscema hoffentlich auf Dauer wieder auferstehen lassen wird.


Conan 1 – Die Tochter des Frostriesen und anderen Geschichten
Comic
Kurt Busiek, Cary Nord, Thomas Yeates u. a.
Panini Comics 2006
ISBN: 3-8332-1436-8
176 S., Softcover, deutsch
Preis EUR 16,95

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