Classic BattleTech 13: In Ungnade

Wir befinden uns im Goldenen Zeitalter der Inneren Sphäre – Ende 2500, Anfang 2600. Die Vision der Familien Cameron und Marik ist Wirklichkeit geworden: Die Menschheit hat sich zum Sternenbund vereinigt und alle großen Häuser sitzen an einem Tisch. Doch der Schein von Frieden trügt: Einerseits gilt es nun, in teilweise blutigen Feldzügen die Peripheriestaaten zu ihrem Glück unter dem Schirm des Sternenbunds zu zwingen, andererseits intrigieren die Hausfürsten schon bald wieder, um Macht und Einfluss zu gewinnen. In diese Zeit wird Rhean Marik geboren – ihrem Schicksal folgt dieser Roman.

von Frank Stein

Der Klappentext klingt episch, indem er von Rhean Marik erzählt, die von Kindesbeinen an gelernt hat, sich auf dem Feld der Diplomatie und des Schlachtfelds zu behaupten, die durch ihr Erbe und das Schicksal an die Spitze der Liga Freier Welten katapultiert wird, die dort erfahren muss, wie treue Verbündete zu erbitterten Gegnern werden und Todfeinde zu guten Freunden, deren Welt durch eine Schicksalsbegegnung völlig aus den Fugen gerät und nicht nur Rheans Untergang, sondern auch den der Liga herbeizuführen vermag, und die am Ende scheinbar alleine über Wohl oder Wehe der Liga und des Sternenbundes zu entscheiden hat – und natürlich ist das alles völlig überzogen!

Tatsächlich erzählt die Geschichte aus der Feder Chris Hartfords, der bereits seit vielen Jahren für das Tabletop-Spiel schreibt, hiermit aber seinen ersten Roman vorlegt, vom Leben Rhean Mariks, der Ururenkelin von Sternenbundmitbegründer Generalhauptmann Albert Marik. In weiten Zeitsprüngen folgt Hartford ihrer Entwicklung von der aufgeweckten Kadettin der Kaderschmiede Princefield auf Oriente, über ihre Zeit als MechKriegerin der 1.-Freie-Welten-Garde, bis hin zum Oberhaupt des Hauses Marik und er würzt die zahlreichen Episoden mit Dutzenden namhafter Hauslords – ein Panoptikum der Reichen, Schönen und Mächtigen.

Die Grenzen sind dabei allerdings schon von Beginn an weitgehend abgesteckt. Lambert Allison aus einem der größeren Adelshäuser der Liga ist eigentlich schon vom ersten Tag auf der Akademie an der Draco Malfoy für Rheans Harry Potter – und das ändert sich auch nicht. Colin Eastwick und Madeline Bonnington spielen unterdessen die Rollen von Ron und Hermine (inklusive späterer Beziehung). Charmeur Zane Davion wird zu Rheans Verführer, und auch wenn sie sich zwischendurch streiten, bleibt er ihr stets verbunden. Und Carlton Allison schließlich, Lamberts Bruder, ist die treue, unerwidert verliebte Seele, die auch durch Abweisung nicht vom Glauben abfällt. Echter, überraschender Sinneswandel findet in keinen der Figuren statt.

Aber das ist nicht so schlimm – die Geschichte funktioniert trotzdem. Nicht so gut gefällt mir jedoch, dass Hartford auch in Rheans Erwachsenenleben die Zeitsprünge einfach nicht lassen kann. Rhean Marik ist ein interessanter und sympathischer Charakter; man würde gerne näher Anteil an ihrem Leben haben, mit ihr alle Höhen und Tiefen durchleben und auch mal länger an einem Ort, in einer Zeit, bei einem Konflikt verweilen. Stattdessen rasen wir durch die Jahrzehnte und mancherlei Krise wird in einem halben Kapitel gemeistert oder schlicht vom Strudel der Jahre verschluckt. Was bleibt, ist ein Farbenspiel politischer Geplänkel zwischen 2571 und 2617, dessen einziger roter Faden vielleicht Rheans Liebe zu Zane ist, die eigentlich zum Scheitern verurteilt sein sollte, aber allen Widrigkeiten zum Trotz überdauert.

Ein „technischer“ Kritikpunkt am Ende: Das Cover von Swen Papenbrock sieht diesmal wirklich eher schwach aus. Die Mischung aus verschwommen fotorealistischem Hintergrund, übersättigten Explosionen und gezeichneten Mechs ist an sich schon gewöhnungsbedürftig. Im vorliegenden Falle sehen die Maschinen sogar noch ziemlich lieblos und detailarm gemalt aus. Leider kein Vergleich zu den martialischen Kunstwerken von Franz Vohwinkel. Wobei auch Papenbrock es deutlich besser kann, wie er in „Früchte voller Bitterkeit“ und im „Perry Rhodan“-Rollenspiel gezeigt hat!

Kleiner Gag ganz am Ende: Die fatale Sternenbundsitzung, in welcher Leonard Kurita Tanya Kerensky umbringt, wurde bereits in Michael Diehls „Über dem Gesetz“ aus anderer Perspektive beschrieben. Ein netter Roman-Cross-Over-Moment für Eingeweihte, dass sich hier die Stories kreuzen.

Fazit: Chris Hartford gelingt es mit seinem Debütroman „In Ungnade“ sehr gut, uns die Protagonistin Rhean Marik ans Herz zu schreiben. Umso bedauerlicher, dass wir nur schlaglichtartig an ihrem Leben teilhaben dürfen, das sich inmitten der galaktischen Intrigen rund um Dutzende von Hauslords entfaltet. Wir sind dabei eher Zaungäste in diesem Great Game, übrigens auch der Titel des neuen Zyklus, dessen erster Roman „In Ungnade“ darstellt. Sollte es eine Fortsetzung geben, wäre zu wünschen, dass der Plot dann zeitlich etwas dichter beisammengehalten wird.


Classic BattleTech 13: Great-Game-Zyklus 1: In Ungnade
Rollenspiel-Roman
Chris Hartford
Fantasy Productions 2007
ISBN: 987-3-89064-475-2
296 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,00

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